Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
wieder. Sie kniete vor ihm in der Kabine und nestelte an seinem Gürtel. Die Jeans glitt zu Boden. Sie leckte seinen Penis mit der gepiercten Zunge. »Gefällt es dir?«
Als wenn es dabei um ihn ginge! Ihr Interesse galt einzig und allein dem Speed. Deshalb schleckte sie verzückt seinen Schwanz wie eine miese Schauspielerin, die Lust heuchelte, während sie in Wahrheit nur nach dem nächsten Schuss gierte. Nichts als ein weiteres Trugbild.
Abrupt stieß er sein steifes Glied vor, tief in ihre Kehle. Sie würgte, presste ihre Hände verzweifelt gegen seine Beine. Er hielt ihren Kopf mit den Fingern fest umschlossen, trieb seinen Schwanz noch tiefer in ihren Mund.
Endlich gelang es ihr, sich zu befreien. Röchelnd sackte sie zu Boden. »Bist du bescheuert?«
Er verpasste ihr eine Ohrfeige. »Gefällt es dir nicht?«
»Du hast sie wohl nicht mehr alle!«
Er schlug erneut zu. Die Wut in ihrem Gesicht verwandelte sich in Entsetzen. Das zu sehen gefiel ihm. Er musste lachen und holte noch einmal aus.
Je öfter man es tut, umso leichter fällt es einem.
Sie schrie und trat mit ihren hochhackigen Schuhen nach ihm. Er versuchte, sich aus ihrer Reichweite zu entfernen. Doch die um seine Knöchel schlackernde Jeans brachte ihn zum Straucheln, und ihr Fuß erwischte ihn an der Hüfte. Mit einem Krachen taumelte er gegen die Wand. Der Kleiderhaken spießte seine Hand auf, Blut sickerte aus der Wunde.
Im selben Augenblick flog die Tür auf. Zwei Männer, groß und breit wie Schränke, zerrten ihn aus der Kabine. Obwohl er sich nicht wehrte, verpasste einer der beiden ihm einen Schwinger in die Magengrube. Er spürte keinen Schmerz, stattdessen musste er lachen. Die beiden schleiften ihn mitten durch den Club zum Ausgang. Etwas blendete ihn. Helles Licht. Ein Blitz.
Die Türsteher packten ihn an den Schultern. Wie zufällig traf eine Faust seine Wange. Es knirschte in seinem Ohr. Dann schmissen sie ihn wie einen Haufen Unrat auf den Bürgersteig. Dort blieb er liegen. Und lachte immer noch.
8
Kalkbrenner spazierte durch den Wald, der nur spärlich vom Mondlicht erhellt wurde. Ihm war das Lachen vergangen. Neben ihm knisterte es im Unterholz: Bernie war auf der Pirsch. Irgendwann sagte Hubertus, der ihn zum Bungalow begleitete: »Etwas belastet dich, oder?«
Kalkbrenner spielte den Ahnungslosen. »Wie kommst du denn darauf?«
»Weil seit dem Telefonat jegliche Farbe aus deinem Gesicht gewichen ist.«
»So schlimm?«
»Noch viel schlimmer.«
Natürlich hätte Kalkbrenner klar sein müssen, dass das Leben am Meer nicht von Dauer sein würde. Es hätte ein Neuanfang werden sollen, aber letzten Endes war es eben doch nicht mehr als ein ausgedehnter Urlaub. Acht Wochen, von denen erst fünf verstrichen waren. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich schon für eine Rückkehr nach Berlin bereit bin.«
»Du darfst nicht alles so an dich heranlassen.«
»Das ist leicht gesagt. Wenn man erst einmal drinsteckt, dann …«
»… dann muss man sich ändern wollen.«
Kalkbrenner blieb stehen. Der Wind trieb das Meeresrauschen an sein Ohr. Ein Flüstern ferner Stimmen. Er wandte sich Hubertus zu, der als schwarzer, gesichtsloser Schemen neben ihm herschritt.
»Es ist …«, begann Kalkbrenner und verstummte dann.
Man muss sich ändern wollen.
Richard, Kalkbrenners Freund und Kollege, hatte diesen Satz im Juni benutzt. Er hatte aus dem Job aussteigen wollen. Keine zwölf Stunden später war er ermordet worden.
Einen Tag danach hatte Dr. Salm, damals noch stellvertretender Dezernatsleiter, Kalkbrenner vom Dienst suspendiert. Das Disziplinarverfahren war später jedoch eingestellt worden. Ironischerweise ebenfalls auf Bestreben von Dr. Salm und nur, weil Kalkbrenner allen Anweisungen zum Trotz weiterermittelt und die brutale Mordserie beendet hatte.
Mit Bravour?
Pah!
In Wahrheit waren es einzig und allein die schmeichelhaften Presseberichte über Kalkbrenner und das Kriminalkommissariat Mitte gewesen, die Dr. Salm besänftigt hatten. Sie hatten ihn einen großen Schritt näher an den erstrebten Posten des Dezernatsleiters gebracht.
Zu diesem Zeitpunkt war Kalkbrenner bereits ans Meer geflohen gewesen. Ja, er war geflüchtet! Vor Mord und Gewalt, vor dem Geschacher um Posten und Karriere, vor der Verzweiflung und den Problemen, die ihn die letzten 15 Jahre zerfressen hatten, ihn und seine Familie.
Er hatte einen klaren Kopf bekommen wollen, und bis gerade eben war ihm das ganz gut gelungen.
Hubertus wusste von alldem nichts.
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