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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Eigentlich hatten sie sich bisher nur täglich zum Abendessen getroffen. Und zum Schachspielen. Dass er ausgerechnet Richards Worte gebrauchte, traf Kalkbrenner ebenso unvermittelt wie tief.
    Der Mond war eine sichelförmige Scheibe auf schwarzem Grund. In einer endlosen Weite, in der er sich jetzt gerne verloren hätte. »Ach, nichts«, sagte er und setzte sich in Bewegung.
    Sie erreichten den Bungalow. Während Kalkbrenner den Koffer aus dem Schrank zerrte, sah sich Hubertus, der zum ersten Mal hier war, um. Er zeigte auf das Ölbild: »Bist du das?«
    »Ja. Und das kleine Bündel auf meinem Arm, das ist meine Tochter Jessica, kurz nach der Geburt.«
    »Ein bezauberndes Bild. Wer hat es gemalt?«
    »Jessy.«
    »Sie ist talentiert.«
    Schon zum zweiten Mal an diesem Tag berührte Kalkbrenner das Bild. »Vielleicht sollte ich es einfach hängen lassen.«
    »Aber es ist von deiner Tochter.«
    »Eben! Ich kehre ja nächste Woche wieder zurück.«
    »Bist du dir da sicher?«
    Nein,
dachte Kalkbrenner, sagte aber: »Ich habe den Bungalow immerhin für drei weitere Wochen bezahlt.«
    Hubertus hielt Kalkbrenner die Hand hin. »Sehr schön, schließlich habe ich noch eine Revanche gut.«
    Kalkbrenner schlug ein. Vielleicht würde es tatsächlich so kommen. Vermutlich würden sie sich aber nie wiedersehen. Vielleicht noch einige Male telefonieren und sich dann aber aus den Augen verlieren. Wie das so war mit Urlaubsbekanntschaften.
    Hubertus fuhr dem Bernhardiner durchs Fell. Kurz darauf war er in der Dunkelheit der Feriensiedlung verschwunden.
    Kalkbrenner räumte die Bücher vom Regal. Er faltete seine Wäsche, stapelte sie im Koffer. Nachdem das erledigt war, begann er, das Badezimmer leer zu räumen. Als er den kleinen Raum vor fünf Wochen zum ersten Mal betreten hatte, war ihm unweigerlich der Gedanke an die Kombüse gekommen, an die stickige Vernehmungszelle auf dem Präsidium. Zuletzt war diese Parallele gänzlich aus seiner Wahrnehmung verschwunden. Jetzt war sie plötzlich wieder da.
    Als sein Handy klingelte, kämpfte er mit sich, ob er das Gespräch annehmen sollte. Aber vielleicht war es Dr. Salm, der ihm mitteilen wollte, dass alles nur ein Irrtum gewesen sei. Sie hätten die beiden Jungs gefunden, die Beweise seien eindeutig, und er könnte seinen Aufenthalt am Meer fortsetzen. »Ja?«
    »Paps, hab ich mir doch fast gedacht, dass du noch nicht schläfst!«
    Im Hintergrund war ein lautes Durcheinander aus Musik und Stimmen zu hören. »Ich sitze mit einigen Freunden in der Kneipe. Leif ist auch dabei.«
    »Bestell ihm liebe Grüße.«
    »Ja, mach ich.« Kalkbrenner ahnte bereits, was seine Tochter als Nächstes sagen wollte. »Wir haben uns überlegt, dass wir dich gerne spontan an diesem Wochenende besuchen kommen würden.«
    »Und was ist mit deinen Klausuren?«
    »Ach, Paps, manchmal muss man einfach mal was Verrücktes tun …«
    »Na klar«, erwiderte er, weil er Jessys Motto inzwischen zur Genüge kannte. »Denn später zeigt sich, so verrückt ist es gar nicht.«
    Sie kicherte. »Genau, scheiß auf die Klausuren! Ein bisschen Urlaub täte uns ganz gut, deshalb werden wir …«
    Es widerstrebte ihm, sie zu unterbrechen. »Jessy, ich bin auf dem Weg zurück nach Berlin.«
    »Oh«, machte seine Tochter.
    »Aber nicht für lange«, beeilte er sich hinzuzufügen. »Es ist nur so: Man hat mich darum gebeten, in einem Fall …«
    »Paps?«
    »Ja?« Nervös spielte er mit den Büchern, die er vor wenigen Minuten in den Koffer gepackt hatte. Gerade hielt er das neue Kochbuch von Tim Mälzer in den Händen.
    »Mach dir darum keinen Kopf. Das ist in Ordnung. Es wird schon richtig sein, was du tust.«
    Ihre Worte waren ohne jeden Vorwurf. Das überraschte ihn und machte ihm Mut. Vielleicht war er doch schon bereit für Berlin.

Berliner Kurier, Samstag, 29. September 2004
    Jugendkriminalität und Amoklauf
»Von Nullen regiert!«
    Von Hardy Sackowitz
    Berlin. Zwei Tage vor den Berliner Senatswahlen wird der Amoklauf an der Berthold-Schule zum Politikum.
    Während die rot-rote Regierungskoalition ihre Bildungs- und Sozialpolitik verteidigt, erklärt die CDU-Fraktion sie für gescheitert: »Die Lehrer haben die Schüler nicht mehr unter Kontrolle!«
    Dr. Frieder von Hirschfeldt, christdemokratischer Fraktionschef und im Falle eines Wahlsiegs aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Innensenators, glaubt, auch die Polizei habe versagt: »Sie wird der ausufernden Jugendkriminalität in den Problembezirken Berlins

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