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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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zu, bückte sich und hob die Straßenkarte aus dem Fußraum. »Haben Sie sich verfahren?«
    »Ja, ich bin nicht von hier. Aber ...«, sie tippte mit dem Zeigefinger auf den Straßenplan, »jetzt weiß ich endlich, wie ich fahren muss.«
    »Schön«, stieß er beruhigt hervor. »Dann fahren Sie.«
    Sie legte den Gang ein und tippte das Gaspedal an. Der Wagen machte einen Satz und gewann an Geschwindigkeit. Brandners Angst wollte allerdings nicht nachlassen. Er drehte sich um, warf einen Blick zurück durch das Rückfenster. Immer schneller zogen die Wälder an ihnen vorbei, endlose, schwarze Schleier. Da war nichts und niemand, der ihnen folgte. Als er sich wieder umdrehte, bemerkte er auf der Rückbank die beiden Einkaufstaschen, die voller hübsch verpackter Weihnachtsgeschenke waren.
    Für dich wird Weihnachten dieses Jahr wohl ausfallen!
    Grimmig stierte Brandner wieder zur Frontscheibe hinaus. Der Regen hatte wieder eingesetzt. Erst jetzt hörte er die Musik, die aus dem CD -Player kam. Bono sang »Where The Streets Have No Name«.
    Ja
, dachte Brandner,
das ist der Soundtrack für deine verfluchte Situation!
    Am liebsten hätte er nach dem Schalter gegriffen und die CD gestoppt. Aber er wollte nicht unhöflich erscheinen. Als der Song endete, folgte »With Or Without You«. Zum Glück, denn der gleichmäßige Rhythmus der Synthesizer besänftigte sein aufgewühltes Gemüt. Er rieb sich die Schulter, die nun auch nicht mehr so sehr schmerzte.
    »Das war kein Unfall, oder?«, fragte die Frau und strich sich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn.
    Brandner schüttelte den Kopf.
    »Was ist passiert?« Die Frau sah ihn erwartungsvoll von der Seite an.
    Er seufzte. Genau die gleiche Frage stellte er sich auch, seit er aus der Hütte im Wald hatte entkommen können. Was war geschehen? Dabei lag die Antwort auf der Hand. Wahrscheinlich wollte er sie nur nicht wahrhaben. Er lauschte dem Plätschern des Regens auf dem Autodach – und der Musik.
    »Hören Sie gerne U 2 ?«, fragte er.
    Die Frau warf ihm einen überraschten Blick zu. Dann zuckte sie mit den Schultern. »Ist meine Lieblingsband. Das entspannt mich nach der Arbeit.«
    Er betrachtete sie genauer. Im schwachen, blauen Schein der Armaturen wirkte sie noch erschöpfter als vorhin im Licht der Innenbeleuchtung. »Sie kommen von der Arbeit? Um diese Zeit?«
    Die junge Frau verzog ihr hübsches Gesicht.
    »Und was machen Sie?« Er zwang sich zu einem Lächeln. »Ausgerechnet in dieser Gegend?«
    Sie sah aus, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. »Reden wir nicht drüber. Habe endlich Feierabend.« Ihre Miene hellte sich auf. »Oder sollte ich eher sagen: Feiermorgen?« Sie lächelte. »Wie auch immer: Es wurde höchste Zeit. Diese Einöde hat mich heute genug Nerven gekostet.«
    Aus den Lautsprechern erklang jetzt »City of Blinding Lights«. Es stimmte. Die Musik wirkte auch auf ihn entspannend. »Waren Sie mal auf einem Konzert von U 2 ?«, fragte er.
    Erneut bedachte sie ihn mit einem erstaunten Blick. »Ja, schon oft. Gerade am vergangenen Samstag erst wieder in Berlin«, sagte sie. »Es war unglaublich. Haben Sie die Band auch mal live gesehen?«
    »Ich wollte immer. Hab ’ s leider nie geschafft.«
    »Ich habe alle Alben von U 2 «, erklärte sie. »Von Anfang an. Kennen Sie das erste Album? ›Boy‹?«
    Brandner schüttelte den Kopf. »Ist es gut?«
    Sie nickte. »Zwar kein Vergleich zu ›Rattle and Hum‹. Aber definitiv gut. Sie sollten es sich mal anhören.«
    »Werde ich machen«, versprach er und meinte es tatsächlich so. Das Gespräch über die Musik lenkte ihn ab von seinen Schmerzen und der ganzen verfahrenen Situation. Außerdem war er froh, dass die Frau nicht mehr wissen wollte, was passiert war. Das machte es ihm leichter, die Angst zu verdrängen.
    Bis du zurück in Berlin bist!
    »Haben Sie was dagegen, wenn wir lauter machen?«, fragte er, als wollte er den Gedanken übertönen.
    »Nein, ganz und gar nicht«, antwortete sie erfreut und drehte sofort den Regler hoch.
    Die Musik erfüllte das Wageninnere. Er lehnte sich zurück. Die Anspannung fiel allmählich von ihm ab.
    Wenn du wieder zurück in Berlin bist, wirst du dich in Sicherheit fühlen.
    Er schloss die Augen und genoss das Vibrieren des Motors und die Musik.
    »Ich heiße Claudia«, hörte er die Frau irgendwann sagen.
    Er hob die Lider, für einen Moment war er orientierungslos. Er musste eingeschlafen sein. »Alex. Alex Brandner. Angenehm.«
    Der Wagen preschte durch

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