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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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E-Book-Weihnachtsanthologie veröffentlicht wurde.
    Die verfluchte Winternacht, die ihm im dichten Wald jede Sicht raubte. Der eisige Regen, der seine dünne Kleidung durchnässte. Am schlimmsten von allem aber waren die Schmerzen. Alex Brandner hielt sich die Schulter knapp unter dem Schlüsselbein, wo die Kugel ihn erwischt hatte. Er fühlte, wie das warme Blut zwischen seinen Fingern durch den Verband sickerte, den er sich notdürftig aus Hemdfetzen und Papiertaschentüchern gemacht hatte. Das Pochen der Wunde strahlte in alle Teile seines Körpers und drohte ihn zu lähmen.
    Weiter! Bleib bloß nicht stehen!
    Nicht nur die Finsternis, auch der Morast, in den der Dauerregen den Waldboden verwandelte, erschwerte das Vorankommen. Bei jedem Schritt gaben seine Schuhe ein sattes Schmatzen von sich. Zusammen mit seinem eigenen Keuchen und dem lauten Prasseln des Regens verschluckte es alle anderen Geräusche dieser elendigen Nacht.
    Dennoch glaubte er plötzlich, das Knacken eines Astes zu hören, irgendwo hinter sich, gar nicht weit entfernt. War man ihm bereits wieder auf der Spur?
    Sieh zu, dass du weiterkommst!
    Er beschleunigte seine Schritte, auch wenn sein erschöpfter Körper mit einem Zittern dagegen rebellierte. Wenn er jetzt nicht entkam, würden sie ihn ein zweites Mal erwischen – und dann würden sie nicht mehr nur seine Schulter treffen.
    So viel Glück hat kein Mensch!
    Die nächste Kugel würde den Tod bedeuten. Endgültig. Ganz sicher.
    Erneut warf er einen verzweifelten Blick zurück. Im selben Moment spürte er einen Widerstand, als ob sich in dem Matsch auch noch eine Schlange um seine Füße wand. Zu spät! Er hatte sich in einer Wurzel verfangen. Noch ehe er die Hände schützend ausstrecken konnte, stürzte er der Länge nach zu Boden. Schlamm spritzte ihm in die Augen. Gestrüpp zerkratzte ihm Stirn und Wangen.
    Entkräftet blieb er liegen. Sein Körper sträubte sich gegen jede weitere Bewegung. Er rang nach Luft. Der Wind heulte, peitschte ihm den Regen ins Gesicht. Wieder knackte es, diesmal direkt hinter ihm.
    So schnell es sein geschundener Körper zuließ, wirbelte er herum. Er stierte in die Finsternis, konnte aber nichts erkennen außer den Schemen der Bäume, die er vor wenigen Sekunden passiert hatte.
    Vielleicht nur ein Tier! Ein Reh. Oder ein Wildschwein.
    Er stemmte sich auf die Knie, wandte sich wieder nach vorne – und erschrak über die Gestalt, die mit einem Mal über ihm aufragte. Sie hob die Hand und richtete den Pistolenlauf auf seine Stirn.
    Seine Blicke hetzten zur Seite, aber er selbst blieb in der Hocke, weil er ohnehin nicht schnell genug hätte reagieren können, um der Kugel noch zu entkommen. Resigniert ließ er die Arme hängen. Schloss die Augen. Eine Träne mischte sich unter das Regenwasser, das seine Wangen hinabströmte. Ein Schluchzen löste sich aus seiner Kehle.
    Jetzt haben sie dich also doch erwischt!
    Es knallte. Er zuckte zusammen. Statt einer Kugel brachte ihn nur ein Windstoß ins Wanken. Irritiert öffnete er die Augen. Im gleichen Moment zuckte ein Blitz über den Himmel und erhellte den kahlen Baum, der sich mit knochigen Ästen dem Sturm beugte.
    Nur ein Baum! Nur ein gottverdammter Baum. Kein Killer.
    Er heulte vor Erleichterung, raffte sich auf und setzte sich wieder in Bewegung. Taumelte vorwärts, blindlings durch die Schwärze, Hauptsache weg. Er schenkte dem stärker werdenden Schmerz in seiner Schulter keine Beachtung; um die Verletzung würde er sich später kümmern. Er humpelte weiter. Nach wenigen Metern blickte er verwirrt um sich. Hätte er nicht längst die Straße erreichen müssen?
    Mach dich nicht wieder verrückt!
    Aber lag die Hütte tatsächlich noch hinter ihm? Was, wenn er ohne es zu merken, benebelt von den Schmerzen, in der Dunkelheit einen Bogen geschlagen hatte?
    Dann rennst du wieder auf das Haus zu – dem Killer in die Arme!
    In dieser Sekunde wurde ihm klar, dass er sich verirrt hatte und nicht mehr wusste, wo vorne oder hinten war. Er heulte auf, ein wütender Schrei im Sturm – da bemerkte er das Licht, das ein Stück voraus durch die Bäume schimmerte. Es bewegte sich von links nach rechts. Es waren die Scheinwerfer eines Autos. Ein Pkw, der auf der Straße fuhr.
Die Straße, Gott sei Dank!
    Mit letzter Kraft stolperte er durch den Morast. Nach ein paar Dutzend Metern lichtete sich der Wald und der Boden wurde fester. Selbst der Regen schien nachzulassen. Dann endlich stand er auf dem Asphalt. Am liebsten hätte

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