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Gier nach Blut

Gier nach Blut

Titel: Gier nach Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zusammenreißen, um daran zu denken, wer sie tatsächlich war. Das war keine Frau im eigentlichen Sinne, es war eine Blutsaugerin, von der ein exotischer Reiz ausging. Volles Haar. Das Gesicht zeigte einen europäischen Schnitt und hatte nichts Indiohaftes an sich. Ein voller Mund, dunkle Augen, eine gerade Nase, deren Flügel leicht vibrierten, und als sie den Mantel auszog, war auch mehr von ihrer Figur zu erkennen, die frauliche Maße aufwies. Ruiz schluckte. Er schaute zu, wie sich Sarah Helen mit beiden Händen durch das Haar fuhr und es aufwühlte wie eine Mähne. Das Haar war eigentlich dunkel, es zeigte trotzdem mehrere Farbnuancen. Braune und blonde Strähnen, die sich zwischen der üppigen Flut verteilten. Und sie konnte auch normal reden.
    »Wo willst du mich verstecken?«
    Ruiz schloß die Tür. »Ich habe hier einen herrlichen Garten anlegen lassen. Du wirst dir vorkommen wie in den Tropen. Du findest Vögel und andere Tiere.«
    »Welche?«
    »Ich besitze einige Schlangen.«
    »Aha. Was sonst noch?«
    Jorge Ruiz grinste verschlagen. »In einem Teich schwimmen Fische. Sehr klein, aber gefährlich.« Er rieb seine Hände. »Piranhas. Ich habe sie mir geholt. Ich liebe sie, deshalb wollte ich sie auch in meiner Nähe haben. Über sie brauche ich dir ja nicht viel zu sagen.«
    »Stimmt, ich kenne sie.«
    »Das ist gut. Willst du mit mir gehen?«
    Die Untote blieb stehen und verkantete sich. »Ich hoffe, du hast meine Pläne nicht vergessen.«
    Er hob eine Hand. »Wenn du damit auf die Familie Marquez anspielst, kannst du unbesorgt sein. Ich habe nichts vergessen. Nicht deinen Schwur und auch nicht deine Rache.«
    »Das ist gut.«
    »Aber wir müssen etwas warten. Es soll alles heimlich geschehen. Die Zeiten haben sich geändert. Die Welt ist anders geworden in den letzten Jahrzehnten. Es ist nicht mehr das England, aus dem du einmal geflohen bist, um in Peru eine neue Heimat zu bekommen. Es wird etwas dauern, bis du das akzeptiert hast.«
    Die Vampirin hatte zugehört, ohne sich zu rühren. Sie sagte dann: »Ich werde sie mir in der morgigen Nacht holen, hast du verstanden?«
    »Habe ich, alles klar.«
    »Vergiß es nicht!«
    Nach dieser Antwort stand für Ruiz fest, daß Sarah Helen über dieses Thema nicht mehr reden wollte. Er nickte, bevor er ihr sagte, daß er sie jetzt zum Ziel begleiten wollte.
    »Tu es.«
    Jorge Ruiz ging vor. Um den Wintergarten zu erreichen, mußte er nicht quer durch das Haus gehen. Es reichte, wenn sie den neuen Flur nahm, der durch einen schmalen Anbau an der linken Hausseite führte. Es war ein kahler Gang, an dessen Ende sich eine breite Tür aus Panzerglas befand. Dahinter lag die tropische Welt, und sie sah völlig anders aus als ein normaler Garten.
    Düster, grünlich, nebelig und an bestimmten Punkten auch erhellt, bildete sie die perfekte Kulisse. Das Licht mußte vorhanden sein, denn Ruiz selbst bewegte sich oft genug durch seinen exotischen Garten, um nach den Fischen zu sehen und sie zu füttern. Zudem mußten einmal im Monat die kleinen Wege wieder freigeschlagen werden, denn die Pflanzen breiteten sich rasch aus. Der Wintergarten war von einer tropischen Üppigkeit, die es tasächlich nur in den südamerikanischen Regen wäldern gab.
    Nachdem Ruiz die Glastür geöffnet hatte, stand er für eine Weile starr.
    Er mußte sich erst an das feuchte Klima und die Hitze gewöhnen und auch an die seltsame Stille, denn die Vögel, die tagsüber durch das Paradies flatterten, hatten sich in der Nacht zur Ruhe gelegt und hockten in ihren Verstecken.
    An diesem Abend war alles anders.
    Beide hatten die künstliche Tropenwelt kaum betreten, als plötzlich verschiedene schrille Schreie ertönten.
    Als wären die zahlreichen Sittiche und Papageien durch grelles Licht aufgeweckt worden, so flatterten sie plötzlich in die Höhe, schrien ihre Wut hinaus, wischten über die niedrigen Bäume hinweg, verkrochen sich in Gebüsche, flatterten dort ebenfalls wieder hoch und suchten nach neuen Verstecken.
    Das hatte Jorge Ruiz noch nicht erlebt. So etwas war ihm einfach fremd.
    Er stand da und hatte sich geduckt, die Arme halb erhoben, als wollte er seinen Kopf schützen.
    Die Blutfrau neben ihm rührte sich nicht. Nur ein Lächeln hatte sich in ihre Mundwinkel gegraben, denn sie wußte Bescheid. Die Tiere hatten sofort gespürt, daß etwas Unheimliches und Fremdes in ihr Reich eingedrungen war, und deshalb verhielten sie sich auch so ungewöhnlich.
    Aber sie beruhigten sich auch wieder.

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