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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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James Huntington die Befürchtung hatte, dass Kyle möglicherweise etwas verraten würde. Und Kyle wusste ja in der Tat nahezu alles, was Rianna wusste. Wenn er herausgefunden hätte, dass sie ermordet wurde, hätte er sich bestimmt mit der gesamten Wut eines frustrierten Indiemusikers an die Presse gewandt.«
    Â»Oder Rianna war daran völlig unschuldig«, wandte Miriam Hershey ein. »Asterion kann von der Beziehung zwischen Rianna und Kyle auch ohne ihre Aussage erfahren haben. Er war ihre letzte Liebesaffäre und somit der Mensch, bei dem das größte Risiko bestand, dass sie es ihm erzählt hatte. Ich glaube nämlich nicht, dass Rianna Tinsley geredet hat. Ich glaube nicht, dass sie Kyle verraten hat. Ich glaube, sie hat standhaft ausgehalten. Wie jeder Mensch, der ernsthaft Feuer und Flamme für seine Sache ist.«
    Â»Aber die Stille Post haben sie nicht in den Griff bekommen«, merkte Marek Kowalewski an.
    Â»Oder«, wandte Paul Hjelm ein, »sie spielen sie immer noch.«
    Es wurde für eine Weile still im Versammlungsraum. Dann fuhr sich Paul Hjelm bedächtig mit den Händen übers Gesicht und sagte:
    Â»Ihr habt das gesamte Material auf euren Computern und auf der digitalen Wand. Ich schlage ein paar Wochen intensive Arbeit vor, um diesen Fall abzuschließen. Dann müssen wir uns auf andere Dinge im Leben konzentrieren. Danke für den gemeinsamen Morgen. Ich hoffe, ihr spürt tief in eurem Herzen, was ihr erreicht habt. Danke, meine Freunde.«
    Dann zogen sie von dannen. Einer nach dem anderen. In einem langsamen Gänsemarsch. Felipe Navarro und Angelos Sifakis verließen den Raum. Dann schlossen sich Miriam Hershey und Laima Balodis an. Ihnen folgten Corine Bouhaddi und Jorge Chavez. Schließlich verließ auch Arto Söderstedt den Saal.
    Doch Jutta Beyer blieb sitzen. Sie konnte nicht aufstehen. Ihr Blick haftete wie festgeklebt auf dem Flachbildschirm.
    Paul Hjelm betrachtete sie mit einer gewissen Zärtlichkeit. Er hatte das Gefühl, als würde er weit in seine eigene Vergangenheit zurückblicken. »Ist alles okay, Jutta?«, fragte er.
    Â»Ich weiß nicht«, antwortete Jutta Beyer. »Kann es das denn jemals wieder sein?«
    Â»Die meisten Dinge kann man irgendwann hinter sich lassen«, versicherte Hjelm ihr. »Brauchst du Hilfe?«
    Â»Ich habe ja Arto.« Jutta Beyer lächelte.
    Â»Ja, aus ihm ist ein richtiger Psychologe geworden.« Hjelm lächelte auch.
    Dann wandte er den Blick nach oben auf die Abbildung der digitalen Wand. Er zeigte darauf und sagte zu Jutta Beyer:
    Â»Du kannst dir das Muster ja einprägen und die Europakarte in deinem Atlas dadurch ersetzen.«
    Hjelm und Beyer betrachteten das unüberschaubare Wirrwarr aus Pfeilen, Fenstern und Buchstaben. Dort war alles vorhanden. Eine vollkommen wahnwitzige und dennoch logische Abbildung des mentalen Scherbenhaufens eines Kontinents. Eine außerordentliche Konstellation von Verbindungen zwischen todgeweihten, aber noch zuckenden Körperteilen. Ein vom Geld bekifftes Nervensystem. Ein monströses Diagramm über geistigen Verfall und kulturelle Oberflächlichkeit.
    Ja, ja, dachte Paul Hjelm. Auch das kann man überleben.
    Er sehnte sich nach Kerstin Holm.
    Mehr denn je zuvor.

Eheclique
Den Haag, 24. April
    Sie betraten das Café-Restaurant Rootz an der Kreuzung Raamstraat und Grote Marktstraat, als die Uhr gerade auf 20: 00 Uhr umsprang. Ihnen wurde ein etwas abseits stehender Tisch für vier Personen zugewiesen, an den sie sich setzten. Sie sahen einander an.
    Â»Tja«, sagte Paul Hjelm. »So sieht also unser Leben nach der A-Gruppe aus.«
    Â»Es hätte schlimmer kommen können«, bemerkte Jorge Chavez.
    Â»Aber wir könnten uns auch gerne ein wenig öfter sehen«, befand Kerstin Holm.
    Â»Jedenfalls haben wir ja bald Urlaub«, warf Sara Svenhagen ein. »Lasst uns das Ganze positiv sehen.«
    Â»Darf ich vorschlagen, dass wir Westvleteren bestellen?«, fragte Chavez. »Westvleteren Twaalf? Obwohl ›twaalf‹ zwölf bedeutet, ist es nur zehnprozentig. Dunkel und verdammt lecker.«
    Â»Ausgezeichnete Idee«, meinte Kerstin Holm und blickte sich in dem Lokal um. »Man stelle sich vor, dass ich zum ersten Mal in Den Haag bin.«
    Â»Du musst etwas öfter hier herunterkommen«, fand Paul Hjelm.
    Â»Oder du musst öfter nach Hause kommen.«
    Vier Flaschen

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