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Giftiges Grün

Giftiges Grün

Titel: Giftiges Grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsemarie Maletzke
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fest.
    »Warte mal. Ich schneide nur schnell noch ein paar Rosen für sie ab.«
    »Du wirst ganz nass«, rief sie ihm hinterher, als er mit einer Gartenschere in der Schuppentür wieder auftauchte und den Pfad zu seinem Gewächshaus und dem gelben Rosenstrauch einschlug. Er bedeutete ihr mit einer Handbewegung, dass er darauf keine Rücksicht nehmen könne. Kaum war er verschwunden, begann ihr Mobiltelefon zu klingeln.
    »Hallo, Cousine«, sagte Eilemann, »hast du einen Moment Zeit? Ich glaube, ich habe da was extrem Interessantes für dich.«
    »Wie bitte? … Horst? Wie kommst denn du …? Wo steckst du?«
    »Ich bin hier«, sagte er und trat um die Hausecke auf den Hof. Mit einer Hand hielt er das Telefon ans Ohr, mit der anderen hob und senkte er grüßend einen schwarzen Regenschirm mit dem Aufdruck »Schietwetter«. Das sieht ihm ähnlich, dachte Lina, Schirm mit Dauerwitz. Er steckte das Telefon ein und trat neben den Schlag. Sie ließ das Fenster herunter.
    »Steig aus, Cousine Lina«, sagte er, »ich muss dir was zeigen.«
    »Was soll das werden?«, fragte sie. »Was machst du überhaupt hier? Ich dachte, du bist mit diesen ekelhaften Leuten weggefahren.«
    »Überraschung«, erwiderte er grinsend. Sie musterte ihn geringschätzig. Lina wusste nicht viel über das Pressewesen, aber als Chefredakteur eines führenden Lifestylemagazins konnte sie sich den Vetter Eilemann kaum vorstellen. Blödmann, dachte sie. Wozu spielt er sich hier so auf? Sie sollte es bald erfahren.

    Im Antiquariat Weil & Co. hielt Plüschko die Stellung. Der Eisdielenbesitzer hatte versprochen, ihn abends um die Ecken zu führen und seine Näpfe mit frischem Wasser und Trockenfutter nachzufüllen. Karl wollte bei Tante Rose in tadelloser Verfassung erscheinen. Von seiner Mutter hatte er gehört, dass sie ein wenig furchteinflößend sei, großen Wert auf Formen lege, Tiere und Türkenmohn ablehne. Daher verzichtete er auf einen billigen Blumenstrauß und fuhr glatt rasiert, in einem dezent gestreiften Hemd und ohne seinen Hund nach Straßburg.
    Tante Rose wohnte am Quai St. Thomas an der Ill in einem ebenfalls sehr respektgebietenden Haus mit einem barocken Sandsteinportal, aber als Karl sich dort meldete, wurde ihm durch die Gegensprechanlage von einer Frauenstimme beschieden, Madame bedauere, sie sei unpässlich und er möge am nächsten Tag zur Teestunde wieder anklopfen. Teestunde? Halb drei, exakt.
    Er war nur im ersten Augenblick verärgert, dann deutete sein beweglicher Geist den gescheiterten Termin in einen Ferientag um. Was er Tante Rose zu sagen hatte, konnte warten. Mit Fräulein Marie hatte er eine Zeugin in petto, die Heinrich Weils Unschuld an Marions Tod beteuern würde. Das musste der alten Dame gefallen. Zwar hatte sie nicht ihn, sondern seine Schwester einbestellt, und er verstand ihre plötzliche Unpässlichkeit richtig als Strafe für seinen Vorwitz, aber er war derjenige, der den Gärtnerburschen Johann Gerswiller als den Schuldigen am Tod ihrer Tochter nennen konnte. Von Tante Tilly wusste er, dass der Bursche der Letzte war, mit dem Marion im Badehäuschen zusammen war und mit dem sie – ein bisschen Spaß hatte. Doch dann musste etwas schrecklich schiefgelaufen sein. Hatte sie ihn wütend gemacht? So wütend und außer sich, dass er sie ins Wasser warf? Und ihr in seinem Kellnerfrack nachsprang, als es zu spät war? Onkel Catulle hatte Marion eine kleine Nutte genannt. Die Tochter einer strengen Mutter musste ein ziemlich aufreizender Feger gewesen sein, aber mit dieser Ansicht würde er Tante Rose lieber nicht behelligen. Er wusste auch so genug, hatte Fräulein Maries Stimme in seinem Recorder dabei. Eine sichere Bank. Weder Lina noch Eilemann konnten seinen Informationsvorsprung einholen. Der Gewinner hieß Karl. Schon fühlte er die dreißigtausend Euro in seiner Tasche knistern.
    Er rief seinen Nachbarn in der Eisdiele an und bat, den Gesellschafter Plüschko am nächsten Morgen noch einmal auszuführen, verwies auf die schwarzen Plastiksäckchen rechts hinter dem Schirmständer und bummelte dann in die Stadt. Im Gasthaus zum Geist am Quai St. Thomas hatte der junge Goethe den alten Herder getroffen, aber Karl fand das Haus nicht mehr. So schlenderte er weiter zum Münster, gönnte sich einen langen Rundgang und eine Minute im Stehen, vom bunten Licht der Rosette übergossen. Gebenedeit, dachte er, auserwählt, das Rätsel zu lösen und das Erbe einzustreichen. Er schloss die Augen und ließ sich von

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