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Giftkuss

Giftkuss

Titel: Giftkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zara Kavka
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wiederzusehen. Das Bett – unzählige Nächte hatten sie hier wach gelegen und geredet. Der Schreibtisch, an dem sie für die Schule gelernt hatten. Die Kissen auf der Fensterbank. Nur noch das kleine rote war aus der Grundschulzeit. Alle anderen hatten häufig erneuert werden müssen wegen ihrer exzessiven Kissenschlachten. Sie hörte Anjas Lachen und musste sich zusammenreißen, um sich nicht einfach fallen zu lassen und nie mehr aufzustehen. All die Erlebnisse und Geschichten, die ihr gemeinsames Leben so fröhlich und bunt gemacht hatten, lagen jetzt wie Blei in ihrem Magen.
    Schluss. Aus. Ich muss das Tagebuch finden.
    Cleo ging zum Regal und nahm die Bücher der unteren Reihe heraus. Dahinter fand sie nichts als Staub und irgendwelchen in Vergessenheit geratenen Kleinkram.
    »Wie gut kanntest du Anjas Stiefvater?«, fragte Cleo.
    Katharina durchsuchte den Kleiderschrank. Ihre Stimme klang gedämpft, weil sie sich mit ihrem ganzen Oberkörper hineingebeugt hatte. »Eigentlich gar nicht. Er war immer bei der Arbeit.«
    »Und warum magst du ihn nicht?« Cleo schob den Schreibtischstuhl vor das Regal und stellte sich drauf. So konnte sie besser die obere Reihe absuchen.
    Katharina antwortete nicht, wahrscheinlich war sie so tief im Kleiderschrank abgetaucht, dass sie sie nicht gehört hatte. Also wiederholte Cleo laut: »Und warum magst du ihn nicht?«
    Jetzt kam sie aus dem Schrank gekrochen und sah mit ihrem hochroten Kopf und den durcheinandergeratenen Haaren aus, als hätte sie einem Sturm getrotzt.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie und zuckte mit den Schultern. »Er hat so was… Mächtiges, Dunkles.«
    »Stimmt!«, sagte Cleo. Genau so empfand sie das auch.
    »Kannst du dir vorstellen, dass er so was macht?«
    »Jemanden umbringen?«, fragte Katharina.
    Cleo nickte.
    »Auf jeden Fall«, sagte Katharina, ohne zu zögern.
    Sie war also derselben Meinung. Es war alles so entsetzlich. Da lebte Anja jahrelang mit diesem Mann unter einem Dach und dann hatte er sie womöglich umgebracht. Aber warum? Was steckte für eine Geschichte dahinter?
    »Weißt du was?«, sagte Cleo. »Hier finden wir nichts mehr. Lass uns auf den Dachboden gehen.«
    »Auf den Dachboden?« Katharina sah alles andere als begeistert aus.
    »Irgendwo muss es ja sein, das Tagebuch. Sie hat mir erzählt, dass sie die Fotos und Informationen auf dem Dachboden gefunden hätte. Wer weiß, was da noch so alles rumliegt.«
    »Das ist nicht dein Ernst, oder? Ehrlich gesagt reicht’s mir jetzt schon.«
    »Na komm. Wir haben’s bis hierhin geschafft, da sollten wir doch die Chance nutzen.«
    »Von mir aus«, sagte Katharina.
    Cleo war froh, dass Katharina sich so leicht überreden ließ. »Mit ihr kann man Pferde stehlen«, beschrieb Mama immer ihre beste Freundin Ulli. Genau dieses Gefühl gab Katharina jetzt Cleo. Wenn auch die Umstände alles andere als erfreulich waren und sie keine Pferde stahlen, sondern ein Tagebuch, und eigentlich einen Mörder suchten.

13. Kapitel
    »Hier ist die Stange«, sagte Cleo und nahm den Holzstock mit dem Haken aus der Badezimmerecke. »Damit können wir die Treppe runterholen, wir haben auch so ein Ding zu Hause.«
    Während sie sprach, versuchte sie, die Treppenklappe herunterzuziehen.
    »Komm, lass uns verschwinden«, sagte Katharina, die sich furchtbar darüber ärgerte, dass sie in all den Jahren noch nie diesen Dachboden entdeckt hatte. »Wenn die kommen und uns hier erwischen, ist es aus.«
    »Nee, jetzt sind wir schon so weit, ich muss da rauf. Wenn wir oben sind, klappen wir das Ding einfach wieder zu, dann sehen sie uns nicht, falls sie kommen.«
    »Und dann verbringen wir den Rest unseres Lebens auf dem Dachboden?«
    »Geschafft!«
    Cleo hatte die Klapptür heruntergezogen und zum Vorschein kam eine ineinandergeschobene Treppe, die man einfach nur ausklappen und auf den Boden stellen musste. Cleo ging vor. Die Metalltreppe machte einen höllischen Lärm. Katharina kletterte hinterher, und noch bevor sie ganz oben war, hörte sie Cleo schon rufen: »Das ist ja riesig hier!«
    Zwei Stufen weiter sah Katharina es auch. Der Dachboden war groß wie ein Saal und voll mit alten Möbeln, Kisten, Sesseln und Stühlen. Stickige Luft schlug ihr entgegen und sie sah, wie Cleo zielstrebig alle Seiten und Ecken abschritt. Durch ein kleines Dachfenster schien die Sonne und in dem Lichtstrahl tanzte der aufgewirbelte Staub. Katharina folgte den Sonnenstrahlen mit dem Blick und sah, dass sie eine Truhe beleuchteten. Obwohl

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