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Giftkuss

Giftkuss

Titel: Giftkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zara Kavka
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spinne!«
    Michi war nie besonders feinfühlig, dennoch freute sich Cleo über sein Interesse. Oder war auch das am Ende nur Sensationslust?
    »Nee, die Polizei tappt noch im Dunkeln«, antwortete sie.
    »Scheiß Journalisten, die haben dreimal bei mir angerufen!«, sagte Miri.
    Robert: »Bei mir auch.«
    Ben: »Bei mir auch.«
    »Und? Habt ihr denen was gesagt?«, fragte Cleo.
    »Natürlich nicht.«
    »Nein.«
    Cleo wusste nicht so recht, ob sie ihnen glauben konnte, aber es war ihr auch egal, solange die Journalisten sie in Ruhe ließen.
    »Hat man sie wirklich in einem Grab gefunden?«, fragte Lara. »Ela hat vorhin so was erzählt.«
    »Krass, war sie da schon tot?«
    Alle Köpfe drehten sich zu Cleo. Und in dem Moment wusste sie, warum ihr der Weg in die Schule heute so schwergefallen war. Nicht nur wegen der Lücke an ihrer Seite, nein, sie hatte auch Angst vor der Sensationslust der anderen gehabt. Die wollten natürlich wissen, was passiert war, jedes Detail. Logisch, sie war ja früher nicht anders gewesen. Aber noch nie war sie selbst die Betroffene. Als das Mädchen aus der Elften nach einem Skiunfall plötzlich querschnittsgelähmt war, hatte sie auch jedes Detail wissen wollen – sie erinnerte sich noch genau. Tagelang hatte es kein anderes Thema an der Schule gegeben. Doch trotz der Tragik hatte Cleo nicht viel mehr für das Mädchen empfunden als Neugier. Wie sehr sie das jetzt anwiderte. Für sie war Anjas Tod eine Katastrophe, für viele ihrer Mitschüler lediglich eine Sensation.
    Es gongte zum Unterricht, bevor Cleo geantwortet hatte. Sie machte sich mit den anderen auf den Weg in den Klassenraum. Wie ein Trauerzug überquerten sie den Schulhof.
    Herr Gebhard, ihr Deutschlehrer, stand bereits an seinem Pult und neben ihm ein fremder Mann. Erst auf den zweiten Blick erkannte Cleo Kommissar Wolff.
    »Das ist der Kommissar«, flüsterte sie.
    »Echt?« Miri schob ihre Sonnenbrille nach oben und schaute sich den Fremden an. Ihre Augen waren tatsächlich verquollen. Sie sah erbärmlich aus.
    Cleo traute sich nicht, Wolff direkt anzusehen. Aber aus dem Augenwinkel registrierte sie, dass er die eintretenden Schüler aufmerksam beobachtete. Ihr wurde heiß. Sie hatte das Gefühl, als würde auf ihrer Stirn in Leuchtbuchstaben Schlechtes Gewissen blinken. Was wollte der hier? Der Fall war doch geklärt! War er etwa noch nicht auf Facebook gewesen?
    »Hi, Kleine. Alles klar?« Das war Tobi. Er strich ihr über die Schultern.
    Normalerweise wäre sie jetzt vor Wonne einem Herzinfarkt nahe gewesen. Tobi hatte sie berührt und Kleine genannt. Seit wie vielen Wochen hätte sie für eine Geste wie diese alles gegeben? Doch heute ließ es sie kalt.
    Sie wollte sich setzen, konnte aber nicht. Links von ihr saß Miri bereits auf ihrem Stuhl. Der Platz rechts neben Cleo war frei und würde es auch bleiben. Da sie in Gegenwart des Kommissars nicht weiter auffallen wollte, setzte sie sich schnell allein in die hinterste Reihe. Die war noch völlig leer, da der Deutschkurs klein war.
    Sie beobachtete, wie der Rest der Gruppe eintrat. Es war auffällig still und alle, ohne Ausnahme, blickten zuerst auf den leeren Stuhl zwei Plätze rechts neben Miri, bevor sie sich setzten.
    »Guten Morgen«, sagte Herr Gebhard in einem ernsten Tonfall.
    Cleos Herz raste und sie rückte dicht an den Tisch heran, bis die Kante sich tief in ihren Bauch bohrte. Das gab ihr ein Gefühl von Halt.
    »Wie ihr wahrscheinlich schon wisst, haben wir euch eine sehr traurige Mitteilung zu machen. Anja Diekamp ist am Freitagabend aus bisher noch ungeklärten Gründen getötet worden. Die Polizei kann Mord nicht ausschließen.« Er rang nach Worten.
    Alle mochten den Gebhard, er war ein beliebter und guter Lehrer. Vor allem Anja und er hatten sich verstanden – logisch, Anja war eine Meisterin der Interpretation und an jedem Buch interessiert gewesen. Er holte ein Stofftaschentuch aus seiner Jacketttasche und wischte sich damit über die Augen. Es war ihm sichtlich peinlich. Alle starrten ihn gebannt an, keiner atmete mehr, man hätte eine Feder fallen hören können und Cleos Herzschlag.
    »Ja, nun, also…«, nahm Herr Gebhard unsicher den Faden wieder auf. »Herr Kommissar Wolff ist gekommen, um ein paar Fragen an euch zu richten. Bitte.«
    Mit einer kleinen Geste übergab er das Wort an den Kommissar. Der trat an das Pult heran, auf das Gebhard sich jetzt seitlich stützte, die Augen geschlossen.
    »Guten Morgen. Es tut mir sehr leid, dass ich

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