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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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werden«, kommentierte sie mürrisch. »Und meine Landung war um einiges sanfter als das eben.« Sabines Daumen deutete über ihre Schulter nach hinten, und sie bedachte Ralph mit einem rügenden Blick.
    »Da vorn kommt ein asphaltiertes Stück.« Er wies mit dem Kopf gen Süden. »Das bringt uns Elsass wieder etwas näher.«
    Außerdem zeigte sich soeben ein weiteres Paar Blaulichter, beinahe exakt in der Richtung, die Elsass eingeschlagen hatte. Die Staubwolken, die das Motorrad aufwirbelte, hatten sich gelegt. Elsass saß in der Falle, er manövrierte parallel zwischen einem Feld und dem steil ansteigenden Bahndamm entlang. Das deutlich verlangsamte Tempo ließ darauf schließen, dass dort kein Weg verlief. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er auf den Streifenwagen stoßen würde, der sich rasch näherte.
    Sabine gab den Kollegen im anderen Fahrzeug, welches noch immer die B 3 entlang in Richtung Karben brauste, durch, dass es nun wieder zurück nach Norden ging. Kaum dass sie dies erledigt hatte, geschah das Unvorstellbare. Das Motorrad blieb stehen, sie waren nur noch zweihundert Meter entfernt, der Fahrer hielt kurz inne, und dann arbeitete sich die Maschine durch eine Lücke im Gestrüpp die Böschung des Bahndamms hinauf.
    »Was zum T…«, gab Angersbach perplex von sich, und Sabine konnte ihm nur beipflichten.
    »Der ist ja vollkommen irre.«
    Angersbach blickte aus dem Fenster hinab auf das dunkelbraune Erdreich des Feldes, welches den Lada von Elsass’ Position trennte. Dann fuhr er wieder an, erst sanft, dann immer schneller. Sabine hoffte inständig, dass der Boden noch ausreichend gefroren war. Zu tiefergehenden Gedanken war sie in den folgenden Atemzügen nicht fähig, denn der Lada schlingerte heftiger als ein Fischkutter im Wellengang, und sie versuchte, so gut wie möglich, mit ihren Bewegungen gegenzusteuern. Dann verschwand Elsass’ Silhouette im Gebüsch, und Sekunden später erstarb der Motor des Wagens.
    »Verflixt!«, schimpfte Angersbach und sprang hinaus. Sabine folgte ihm und erkannte, dass die Radkästen voll mit lehmiger Erde waren. Der Lada hatte sich sprichwörtlich festgefressen, stand nun inmitten des Ackers, und an ein Vor- oder Zurückkommen war nicht mehr zu denken. Doch immerhin hatten sie über die Hälfte des Weges zurückgelegt. In der Ferne verriet ein hochtouriges Schnarren, dass Elsass die Kuppe erreicht hatte. Was dahinter lag, konnten die beiden nur erahnen. Sabine rannte los, kurz darauf schloss Angersbach zu ihr auf, und bald hatte er sie dank seiner langen Beine um einige Meter überholt. Er erreichte die Böschung zuerst. Knackend barsten die trockenen Zweige, als er sich nach oben kämpfte. Dann erst hörte Sabine das verräterische Summen in den Gleisen, das einen heranrollenden Zug ankündigte.
Angersbach!
    Sie hastete weiter. Der Abhang war glitschig, Sabine folgte den Spuren ihres Kollegen, der schon fast oben war. Er wandte sich um: »Kommen Sie klar?«
    »Klar«, japste sie, »passen Sie bloß auf, da kommt eine Bahn.«
    »Hab’s gehört.«
    Angersbach verschwand aus Sabines Blickfeld, und sie kraxelte verbissen den Abhang hinauf. Kaum dass ihr Kopf sich durch das lichter werdende Dickicht bohrte, ratterte auch schon mit metallischem Kreischen die feuerrote S 6 vorbei, ein aus der Nähe unendlich lang wirkender Tausendfüßler, in dessen Innerem tagtäglich Hunderte, wenn nicht Tausende Pendler vom Land in die Stadt befördert wurden. Und wieder zurück.
    Niemand der im sauberen, warmen Innenraum Sitzenden erblickte Sabine. Doch das wütende Signalhorn verriet ihr, dass der Lokführer Sekunden zuvor den Kommissar erblickt haben musste, der es, so hoffte sie inständig, über die Gleise geschafft hatte. Und vielleicht würde einer der Fahrgäste ja zu Gesicht bekommen, wie er sich auf Elsass stürzte, ihn dingfest machte und damit diese surreale Verfolgungsjagd endlich beendete. Hinter dem hämmernd vorbeijagenden Metallkoloss war nichts zu erkennen und nichts zu hören. Sabine wurde flau in der Magengegend, als in ihr das Bild von Heiko Schultz aufstieg.
Ausgerechnet jetzt.
    Kaum dass der letzte Waggon an Sabine vorbeigedonnert war, vergewisserte sie sich, dass nicht ein weiterer Zug auf der anderen Spur kam, und hechtete über den von Brombeerranken bewucherten Schotter. Blaue Lichtreflexe blitzten auf, irgendwo hupte es, und am unteren Ende der Böschung erklang ein gequältes Stöhnen.
    Angersbach.
    Einzig den Motor der Geländemaschine hörte sie nicht

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