Giftspur
Beweise, und ich habe nichts verbrochen.«
»Das sehen wir etwas anders«, sprang Angersbach in die Bresche und zählte einige Vergehen auf, darunter Widerstand gegen die Staatsgewalt und Fahren ohne Motorradhelm. Schlagfertig war er, das musste Sabine ihm lassen, vor allem, da er Elsass nicht die geringste Chance gab, zu Wort zu kommen. Das Beste hob Angersbach sich zum Schluss auf: »Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr, schon alleine dafür können Sie zwei Jahre aufgebrummt bekommen.«
»Lachhaft!«, stieß Elsass hervor. »Damit kommen Sie niemals durch, das lässt Brüning nicht zu. Und alles andere sind nur Ordnungswidrigkeiten. Suchen Sie sich für Ihre Bluffs also jemand anderen.«
»Und was ist mit Ihrer kleinen Plantage?«, konterte Angersbach, und Sabine fuhr überrascht herum.
»Unser Team ist auf der Lohmühle zugange, wie gestern angekündigt«, erklärte Angersbach weiter, »und was Sie dort hinter den Maispflanzen verbergen, ist höchst interessant.«
»Die Holzrose ist nicht illegal!«, rief Elsass.
»Nein, aber sie enthält LSA «, sprach Ralph unbeeindruckt weiter und fügte rasch, mit einem Augenzwinkern an Sabine gewandt, hinzu, »also die kleine Schwester von LSD .«
»Die
legal
ist«, betonte Elsass elanvoll.
»Im Betäubungsmittelgesetz vielleicht, aber beim Arzneimittelgesetz liegen die Dinge anders. Dieses Kräftemessen werden Sie nicht gewinnen, Herr Elsass, Sie kooperieren also besser.«
Zerknirscht presste Elsass die Lippen aufeinander und setzte sich wieder. Er verschränkte die Arme und fixierte die gegenüberliegende Wand, ohne in Augenkontakt mit einem der Kommissare zu gehen.
»Ihr Labor scheint sauber zu sein«, sagte Angersbach nach einer halben Minute Stille, »aber unsere Forensiker sind äußerst gründlich. Möchten Sie Ihrer Aussage etwas hinzufügen, bevor wie es ohnehin herausfinden?«
»Ich habe niemanden getötet.«
»Sie hatten Motiv und Gelegenheit«, übernahm nun Sabine, »und beides nicht zu knapp.«
»Nur weil ich ein Labor habe? Lachhaft!«
»Ein Labor und die Kenntnis exotischer Heilpflanzen. Sehen Sie hier jemanden lachen?«
»Und mein Motiv? Ulfs Tod hat mir keinen Nutzen gebracht. Und warum sollte ich töten,
bevor
ich Geld erpresse?«
»Erklären
Sie
es uns.«
»Nein, ich werde weiterhin schweigen«, gab Elsass trotzig zurück.
»Dann richten Sie sich auf eine umfangreiche Anklage ein«, erwiderte Sabine. »Oder Sie entscheiden sich, uns zu unterstützen, sollten Sie tatsächlich unschuldig sein. Erklären Sie uns, warum Sie geflohen sind und weshalb wir Sie als Verdächtigen ausschließen sollten. Sie haben kein Alibi, und das Flugticket entlastet Sie auch nicht unbedingt.« Sabine hob das Papier an. »Ein stolzer Preis. Wie ich sehe, ist es ein One-Way-Ticket.«
»Ich habe genügend Urlaub und Überstunden angesammelt«, knurrte Elsass, »Claudia gegenüber verpflichtet mich gar nichts. Meine Erfahrung wird in Südostasien bereits erwartet.«
Sabine überlegte kurz, dann machte es Klick.
Frederik.
»Sie haben das Ganze gemeinsam geplant«, schlussfolgerte sie und tippte auf die Tischplatte. »Steckt Reitmeyers Sohn mit Ihnen unter einer Decke?«
Elsass lachte schallend auf. »Sie phantasieren ja!«
»Das Gesamtbild wird Minute für Minute schlüssiger«, widersprach die Kommissarin kühl, doch im selben Moment überkamen sie auch schon die ersten Zweifel. Bevor sie sich in Ruhe darüber klarwerden konnte, worauf die durcheinanderschallenden Stimmen in ihrem Kopf hinauswollten, verfinsterte sich das Gesicht ihres Gegenübers, und er knetete sich das Kinn. Dabei murmelte er vor sich hin: »Verdammt noch eins.«
»Wie bitte?«
»Sagen Sie bloß, Ihnen ist der Gedanke nicht auch schon gekommen«, erwiderte Elsass aufgebracht. »Jemand schiebt mir die ganze Sache vorsätzlich in die Schuhe!«
Angersbach und Kaufmann wechselten einen raschen Blick.
War das die Lösung? Oder warf diese Antwort nicht nur wieder tausend weitere Fragen auf, wie beinahe alles, was ihnen bislang in dieser kaugummiartigen Ermittlung begegnet war?
Doch Victor Elsass hatte gute Gründe für seine Theorie. Sein Alibi war brauchbar, aber wenn sich jemand tatsächlich ein Alibi konstruieren wollte, hätte dies auch ohne ein defektes Auto funktioniert. Viel zu kompliziert. Dann wiederum schien er auf viele andere Aspekte überhaupt nicht vorbereitet zu sein, und auch seine halsbrecherische Flucht passte nicht ins Gesamtbild. Wer ein solch aufwendiges Alibi
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