Giftspur
Freund.«
»Sicherheit, indem Sie ihm eine Durchsuchung seiner Arbeitsräume für den nächsten Tag ankündigten?«
»Genau. Ich versiegelte das Labor und gab ihm zu verstehen, dass wir erst heute Vormittag damit beginnen. Technisch gesehen haben wir damit Paracelsus’ Forderung erfüllt. Keine Polizei.« Angersbach zwinkerte verschmitzt. »Natürlich konnte ich ihn nicht ganz ohne Kontrolle zurücklassen. Daher die Kamera.«
»Wie hat er sich verhalten?«
»Unauffällig. Zumindest bis ein Uhr früh.«
»Und danach?«
»Dann kam Elsass schnurstracks in Richtung Gewächshaus gelaufen, den Blick nur knapp an der Kameralinse vorbeigerichtet. Keine Ahnung, ob er sie bemerkt hat, jedenfalls schien er ins Gewächshaus hineinzugehen. Danach wurde nichts mehr von ihm gesehen. Um halb drei Uhr musste der Wagen ja dann abziehen und seinen Posten in Karben einnehmen.«
»Verdammt!« Die Verärgerung in Sabines Gesicht sprach Bände. »Dann war das Ganze doch ein einziger Schuss in den Ofen.« Ihre Gedanken rasten. »Trug er auffällige Kleidung? Gibt es von dort aus einen Ausgang?«
»Das ist ja das Problem«, seufzte Angersbach, »mit einem geländegängigen Quad hat keiner von uns gerechnet. Keine Ahnung, ob das Gewächshaus einen Hinterausgang hat. In ein paar Minuten wissen wir mehr.«
Doch es kam anders.
Kaum dass der Lada, unmittelbar gefolgt von dem Streifenwagen, die breite Maueröffnung der Zufahrt passiert hatte, kreischte ein Motor auf. Erdklumpen und Fetzen vertrockneten Grases stoben auf, als sich die Stollenreifen des Motorrads in den gefrorenen Untergrund zu fressen versuchten. Das Heck der Crossmaschine, an der es kaum Verkleidungselemente gab, schlingerte bedrohlich hin und her. Alles spielte sich in Sekundenschnelle ab, so dass den beiden Kommissaren kaum etwas blieb, als verdutzt zu schauen, bevor sie realisierten, was sich vor ihren Augen abspielte. Angersbach gewann als Erster die Kontrolle über sich zurück und legte geistesgegenwärtig mit einem wütenden Krachen den Rückwärtsgang ein.
»Ist das Elsass?«, keuchte Sabine.
»Sieht ganz danach aus.«
Das Motorrad schoss an ihnen vorbei, und tatsächlich meinte nun auch die Kommissarin die Gesichtszüge zu erkennen, auch wenn außer den Augen, die hinter einer Schutzbrille lagen, kaum etwas zu sehen war. Schal und Mütze umwickelten den Kopf des Wissenschaftlers. Einen Motorradhelm besaß er offenbar nicht.
Nicht mehr?
Mit einem wütenden Fluch schlug Angersbach das Lenkrad bis zum Anschlag ein, und Sabine musste den plötzlich auftretenden Kräften massiv entgegenwirken. Kaum, dass sie sich wieder gefangen hatte, drückte die Vorwärtsbeschleunigung sie schon tief in den Sitz. So alt und klapprig der Geländewagen von außen auch wirkte, der Diesel entfaltete eine beachtliche Kraft. Elsass’ Geländemaschine war längst einige hundert Meter entfernt, schien sich aber noch immer auf dem Feldweg zu befinden, der ohne nennenswerte Biegung in Richtung Bundesstraße führte. Eine hellbraune Staubwolke stieg hinter ihm auf. Sabine nutzte die Gelegenheit, um sich mit den beiden Kollegen im Streifenwagen zu verständigen.
»Elsass flüchtet nordöstlich in Richtung Bundesstraße«, keuchte sie ins Telefon, doch noch bevor sie die Angaben präzisieren konnte, sah sie, dass der aufwirbelnde Staub sich nun nach links bewegte. »Korrektur, er fährt jetzt nach Westen. Er prescht direkt auf den Wald zu.«
»Da wird er nicht bleiben«, stieß Angersbach hervor, als sie den Abzweig erreichten, und trat kräftig auf die Bremse. Der Weg zweigte im rechten Winkel ab, zudem handelte es sich nicht mehr um einen betonierten Feldweg, sondern um eine tiefe, grasbewachsene Fahrspur mit tiefen Reifenfurchen schwerer Traktoren. »Verdammt!«
Angersbach hielt kurz inne und beschloss dann, den Weg dennoch zu nehmen. In deutlich geringerem Tempo, aber immer noch rasant, wurde der Lada auf den folgenden dreihundert Metern durchgerüttelt. Sabine biss sich auf die Zunge, als ihr Kopf beim Überqueren eines Schlaglochs gegen den Fahrzeughimmel stieß, und verzog gequält das Gesicht. Dann endlich, das Motorrad hatte längst eine weitere Abbiegung genommen und fuhr nun in südwestlicher Richtung, mündete der Weg auf eine asphaltierte Straße.
»Hier runter«, sagte sie.
»Nein, er ist doch viel weiter vorn«, widersprach Angersbach.
»Dieser Weg führt direkt in bewohntes Gebiet«, beharrte Sabine, dessen war sie sich zu neunzig Prozent sicher. Die Alternative
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