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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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meinen«, verteidigte Sabine sich. »In meine Wohnung hätte ich Sie schließlich auch gelassen, und für Schultes Abendappell kann ich nichts. Fakt ist, dass ich es bis Bad Vilbel nicht mehr schaffe. Wenn Ihnen das zu viel ist, dann raus damit, ich begnüge mich auch mit einem Sandwich oder Burger.«
    »Pfui Teufel«, brummte Angersbach und winkte ab. »Ist ja schon gut, ich war nur nicht darauf vorbereitet, Gäste auf Burg Bran zu empfangen?«
    »Burg Bran?«
    »Draculas Schloss«, winkte Angersbach mit einem müden Grinsen ab. »Sie werden’s schon sehen. Aber ich sag’s Ihnen gleich: Um den Abwasch kommen Sie nicht herum, meine Spülmaschine hat das Zeitliche gesegnet.«
    »Ein Grund mehr, sich die Arbeit zu teilen.«
    »Okay, überredet. Können wir uns vor dem Essen aber bitte noch mal darüber unterhalten, was da gerade eben passiert ist? Sonst hat sich mein Appetit bis Okarben nämlich erledigt.«
    »Fühlt sich beinahe schon wie Torschlusspanik an?«, mutmaßte Sabine. »Schulte hat das K 10 in Bad Vilbel durchgedrückt, wer weiß, gegen wie viele Windmühlen er da zu kämpfen hatte. Jetzt haben wir einen Fall, der recht hohe Wellen schlägt, da braucht er wohl verzweifelt eine Verhaftung, um unsere Effizienz zu beweisen.«
    »Nicht, dass ich es ihm nicht gönnen würde«, gab der Kommissar zurück, »schließlich geht es dabei um unsere Jobs. Aber schießen wir da nicht mit Kanonen auf Spatzen?«
    »Die Chancen stehen fifty-fifty. Ich traue es der Finke schon zu, dass unter der Oberfläche einiges am Schwelen ist. Allein diese Beziehung zu ihrem Chef, inklusive einer abgebrochenen Schwangerschaft … Von allen Personen, die uns in diesem Fall begegnet sind, laufen bei ihr die meisten Fäden zusammen.«
    »Aber nur wegen der Lebensmittel«, widersprach Angersbach. »Wissen wir denn tatsächlich, dass sie da die Finger im Spiel hatte?«
    »Vielleicht lockert ihr eine spektakuläre Verhaftung ja die Zunge«, überlegte Sabine.
    »Mich hat es ohnehin gewundert, dass Sie nicht den Namen Ihrer speziellen Freundin haben einfließen lassen«, stichelte Ralph aus dem Fahrzeugfond.
    »Claudia?«
    »Klar, wer sonst. Wer sagt denn, dass sie nicht hinter allem steckt?«
    »So gerne ich Ihnen zustimmen würde, aber dieser Lakai, Gunnar Volz, könnte genauso gut in Verbindung mit allem stehen. Was alle drei gemeinsam haben, ist Folgendes: Sie agieren vom Weidenhof aus, während die Molkerei sich ja extern befindet. Zufall?«
    Der Twizy passierte soeben eine im Dunkel liegende, von hohem Maschendraht umgebene Baumschule. Ein hell beleuchteter Regionalexpress raste auf den dahinterliegenden Schienen vorbei.
    »Vertagen wir uns auf morgen«, schlug Angersbach vor. »An der Ampel da vorne müssen wir links abbiegen.«
     
    Dunkle Wolkenfetzen krochen über den Himmel, und mit stillem Amüsement stellte Sabine Kaufmann fest, dass das schlanke Wohnhaus mit seinem spitzen Dach und den hervorstehenden Mauersteinen tatsächlich etwas Bedrohliches ausstrahlte. Zwei Straßenlaternen standen in etwa gleichem Abstand zu beiden Seiten, und weder der Eingangsbereich noch die straßenseitigen Fenster waren beleuchtet. In der Ferne schien Musik zu spielen, doch das Rattern der S-Bahn erlaubte Sabine nicht, es mit Sicherheit zu sagen.
    »Das gehört Ihnen?«, fragte sie unbedarft und nicht ohne eine Portion Anerkennung. Ihre Wohnung war schätzungsweise kleiner als das Dachgeschoss dieses Gebäudes. Und die Immobilienpreise in Okarben dürften alles andere als niedrig sein.
    »Mit all seinen Malessen«, erwiderte Angersbach mit einem verschwörerischen Blick.
    Knirschend öffnete sich die Haustür, und Sabine begriff, dass die Musik tatsächlich aus dem Inneren des Hauses kam, wobei der Begriff
Musik
nicht ganz passend zu sein schien. Peitschende Schläge und tiefe, kehlige Schreie, begleitet von malträtierten Gitarren … Sie zwang sich, nichts weiter zu sagen.
    »Janine ist meine Halbschwester«, begann Angersbach unvermittelt, als sie die Treppe hinaufstiegen, »und ich habe von ihrer Existenz bis vor einem halben Jahr nichts gewusst.«
    Wow.
    »Sie ist sechzehn Jahre alt, der jüngste Spross unserer gemeinsamen Mutter, die mir praktisch das Haus mitsamt dem Erziehungsauftrag hinterlassen hat.«
    »Wow!«, sprach Sabine ihren Gedanken nun laut aus. »Das war eine große Portion Offenheit.«
    Angersbach blieb stehen, sie hatten den oberen Flur erreicht, und die Musik hämmerte nun weitaus lauter. Er drehte sich um und suchte Sabines

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