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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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entstanden war und sie sich ineinander verliebt hatten. Laura freute sich für die beiden und stand ihnen vorbehaltlos bei. Denn sollte dieses intime Verhältnis irgendwann offenbar werden, würde der Dorftratsch bei Weitem das kleinere Problem sein – ein Liebesverhältnis zwischen einer Vorgesetzten und einem ihr unterstellten Ortspolizisten würde in Polizeikreisen erfahrungsgemäß auf breite Ablehnung stoßen, von Judiths beruflicher Zukunft mal ganz abgesehen. Also balancierten die beiden Polizisten zwischen einem öffentlichen, rein nachbarschaftlichen Leben mit dienstlichem Hintergrund und einem heimlichen Zusammensein als Liebespaar.

Laura war entspannt; die Fahrt verlief ganz nach ihrem Geschmack. Walter fuhr extra etwas langsamer, damit sie ihr Fenster herabkurbeln und den angenehmen Fahrtwind genießen konnte. Trotzdem wollte sie kaum ein Auto überholen. Hinter Wiepke nahmen sie dann die direkte Landstraße nach Waldau.
Walter wusste natürlich von Judiths Ansinnen um Lauras Hilfe, ließ sich davon aber nicht beirren: »Wenn du damit fertig bist, könnten wir dann vielleicht zusammen meine Bibliothek aufräumen?« Walter nahm sich das jedes Mal vor, wenn er ein Buch suchte oder zurückstellte, schaffte es aus irgendwelchen Gründen, über die er nicht weiter nachdenken wollte, jedoch nie, seinen Entschluss in die Tat umzusetzen. Er hoffte, mit Lauras Unterstützung hätte sein Vorhaben bessere Erfolgsaussichten.
Laura jedoch lehnte kategorisch ab: »Auf keinen Fall! Das ist ja nun wirklich eine Winterarbeit! Das machen wir irgendwann, wenn es draußen kalt und dunkel ist. Jetzt will ich im Garten werkeln und ... Halt!!!«, schrie sie aus voller Kehle.
Es schien, als sei der riesige Traktor hinter dem Gebüsch auf der linken Straßenseite hervorgesprungen, so plötzlich schoss das gewaltige Fahrzeug mitten auf die Fahrbahn und legte sich dermaßen auf die Seite, dass es umzukippen drohte.
Nur mit viel Glück gelang es Walter Dreyer gerade noch, seinen Wagen auf dem schmalen, abschüssigen Seitenstreifen zum Stehen zu bringen und bei dem riskanten Bremsmanöver keinen Schaden zu nehmen. Verdutzt sah er durch seine Windschutzscheibe, wie ein Mann, ohne die Maschine abzustellen, aus dem Fahrerhaus des Treckers heraussprang und, die Arme schwenkend, brüllend auf ihn zustürzte: »Anhalten!!!«
Das hatte Walter längst getan; sogar den Motor hatte er dabei abgewürgt. Als er eilends aus dem Wagen steigen wollte, stellte er fest, wie ihm der Schreck die Glieder lähmte. Er machte ein paar Schritte auf den Mann zu und erkannte Ludwig Wenzel, einen Bauern aus Wiepke.
»Was? Du?«, Wenzel starrte erst Walter und dann Walters Wagen an, als er schnaufend zum Stehen kam. Und rief mit viel zu lauter Stimme: »Was machst du denn im Graben?«
Walter war perplex: »Das fragst du mich? Warum fährst du wie ein Irrer mit deinem Trecker umher?«
»Ich muss zur Polizei!«, brüllte Wenzel ihn weiter an.
»Ludwig, ich bin die Polizei, auch wenn ich nicht immer in Uniform herumlaufe«, erinnerte ihn Walter Dreyer sachlich und hoffte, dass der Treckerfahrer sich etwas beruhigte.
Es klappte. Der Mann holte tief Luft, um dann bedeutungsvoll zu sagen: »Hinten, an der Fercheler Eiche, da liegen Handschuhe.«
Laura hatte sich ebenfalls von ihrem Schreck erholt. Neugierig geworden, gelang es ihr, trotz der Schräglage des Autos auszusteigen. Auch sie vernahm diesen Satz. Doch ihr erging es wie Walter, dem sich der Sinn dieser banalen Mitteilung absolut nicht erschloss, schon gar nicht im Zusammenhang mit der Hysterie des Mannes. Handschuhe? Was für Handschuhe?
»Nun reiß dich mal zusammen! Was ist los, Ludwig?«, beharrte der Waldauer Ortspolizist und sah Wenzel auffordernd an. War der Mann krank? Nach Alkohol roch er jedenfalls nicht. »Na?«
»Du musst mitkommen, Walter! In den Dingern stecken noch die Hände.«
»Wie bitte? Stell doch mal den Trecker ab!« Dreyer war sich wirklich nicht sicher, ob er eben richtig gehört hatte. »Was hast du gesagt?«
Wenzel bekräftigte die Worte, als hätte er die Absurdität seiner Mitteilung nicht selbst erkennen können: »Ja! Hände! Der alte Ahlsens hat sie gefunden. Er wartet dort und ich soll die Polizei holen.«
»Das hat er zu dir gesagt?«, vergewisserte sich Dreyer.
Wenzel nickte bekräftigend.
Botho Ahlsens würde das nicht veranlassen, wenn es nicht nötig wäre, davon war Walter Dreyer überzeugt. Er kannte den Mann seit Jahrzehnten als besonnenen und integren Menschen. An

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