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Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Love Pray Eat
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gekochte Kartoffel. Tag für Tag fügte sie eine neue
Überraschung hinzu. Ich fühlte mich an dieses Spiel zum Memorieren des
Alphabets erinnert, das wir während der Autofahrten meiner Kindheit gespielt
hatten: »Ich fahre zu Oma und bringe ihr einen Apfel mit ... Ich fahre zu Oma
und bringe ihr einen Apfel und einen Ballon ... Ich fahre zu Oma und bringe ihr
einen Apfel, einen Ballon und einen Kaffee in einem Marmeladenglas, eine
Zuckerschale und eine kalte Kartoffel mit... «
    Gestern dann stand ich im Hof und verabschiedete mich von
Ketut, als Nyomo mit ihrem Besen vorbeigeschlurft kam; sie fegte und tat, als
achtete sie nicht auf jede Kleinigkeit, die in ihrem Reich passierte. Ich
hielt die Hände auf dem Rücken verschränkt, während ich dastand, und sie näherte
sich mir von hinten und nahm eine meiner Hände zwischen die ihren. Sie fummelte
an meiner Hand herum, als versuchte sie, die Zahlenkombination an irgendeinem
Schloss herauszubekommen, und fand meinen Zeigefinger. Dann wickelte sie ihre
große, harte Faust um diesen Finger und quetschte ihn lange und nachdrücklich.
Die Liebe, die in ihrer starken Hand pulste, spürte ich bis hinauf in die Achselhöhlen
und bis hinunter in meine Eingeweide. Dann ließ sie meine Hand wieder los und
hinkte von dannen; bei alledem sprach sie kein Wort, fuhr schließlich mit dem
Fegen fort und tat, als wäre nichts passiert - während ich reglos dastand und
in zwei Flüssen des Glücks gleichzeitig ertrank.
     
    83
     
    Ich habe einen neuen Freund gefunden. Er heißt Yudhi, ausgesprochen
»You-Day«. Er ist Indonesier und kommt ursprünglich aus Java. Kennen gelernt
habe ich ihn, weil er mir das Haus vermietet hat; er arbeitet für die
Engländerin, der es gehört, kümmert sich im Sommer, während sie in London
weilt, um ihr Anwesen. Yudhi ist siebenundzwanzig, stämmig gebaut und redet
wie ein südkalifornischer Surfer. Ständig nennt er mich »Mann« oder »Typ« -
und ich ziere mich nicht und erwidere die zärtlichen Anreden. Er hat ein Lächeln,
das auch einen Stein erweichen würde, und er hat in seinem Leben schon einiges
durchgemacht.
    Geboren ist er in Jakarta als Sohn einer Hausfrau und eines
Elvis-Fans, der damals ein kleines Geschäft für Klimaanlagen und Kühlschränke
betrieb. Seine Eltern waren Christen, was in diesem Teil der Welt ein wenig aus
der Reihe fällt, und Yudhi schildert amüsiert, wie die muslimischen Kinder aus
seiner Nachbarschaft ihn wegen seiner »Unzulänglichkeiten« - wie etwa »Ihr
esst Schweinefleisch!« oder »Ihr liebt Jesus!« - verspotteten. Yudhi störte
sich nicht an den Neckereien; er ist nur schwer aus der Ruhe zu bringen. Seine
Mutter allerdings mochte nicht, dass er mit den muslimischen Kindern spielte,
hauptsächlich, weil sie immer barfuß herumliefen, was Yudhi ebenfalls gern
getan hätte, was sie aber unhygienisch fand, so dass sie ihren Sohn vor die
Wahl stellte, entweder in Schuhen draußen zu spielen oder barfuß zu Hause zu
bleiben. Da Yudhi Schuhe verabscheut, verbrachte er den Großteil seiner
Kindheit und Jugend auf seinem Zimmer, wo er lernte, Gitarre zu spielen.
Barfuß.
    Der Bursche hat ein musikalisches Gehör wie wohl niemand,
den ich kenne. Er ist fantastisch auf seiner Gitarre, hatte zwar nie eine
Stunde Unterricht, versteht aber unendlich viel von Melodie und Harmonie. In
seiner Musik verschmilzt er Östliches mit Westlichem, verbindet klassische
indonesische Wiegenlieder mit Reggae-Groove und dem frühen Funk-Blues von
Stevie Wonder - man kann diesen Sound nur schwer definieren, aber er ist
einfach himmlisch. Und dazu diese samtweiche Singstimme. Eigentlich müsste er
berühmt sein. Nie habe ich jemanden getroffen, der Yudhis Musik hörte und nicht
dasselbe dachte.
    Und am meisten hat er sich immer gewünscht, in Amerika zu
leben und als Musiker auf der Bühne zu stehen. Der Traum der ganzen Welt. Daher
beschloss Yudhi noch als Teenager (der kaum ein Wort Englisch sprach), einen
Job auf einem Schiff der Carnival Cruise Lines anzunehmen, verließ das enge
Jakarta und stürzte sich in die große, blaue Welt. Seine Arbeit auf dem
Kreuzfahrtschiff war einer dieser Wahnsinnsjobs für fleißige Immigranten, bei
denen man unter Deck haust, zwölf Stunden am Tag schuftet und einen Tag im
Monat freibekommt. Seine Kollegen waren Filipinos und indonesische Landsleute.
Indonesier und Filipinos schliefen und aßen jedoch auf dem Schiff getrennt (die
einen sind Muslime, die anderen Christen, weißt du das nicht?),

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