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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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auf.
    Schlangengift lächelte spöttisch. »Die große, abgebrühte Jägerin fürchtet sich vor ein bisschen Blut.« Er stellte das Wasser ab. »Das erschüttert mein Weltbild.«
    »Armes Schätzchen«, sagte sie und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
    Er zeigte ihr seine Zähne, strahlend weiß gegen seine dunkle Haut. »Geht es Ihnen besser?« Jedes Mitleid war geheuchelt.
    »Beiß mich.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und zwang sich zurück ins Schlachthaus.
    »Oh, das werde ich«, sagte er vieldeutig. »Überall.«
    Ohne hinzusehen, warf sie ein Messer in seine Richtung und hörte voller Genugtuung, wie er fluchte, als er das Messer am falschen Ende auffing und sich die Handfläche aufschlitzte. Gestärkt trat sie wieder über die Schwelle.
    Raphael machte sich im Wohnzimmer zu schaffen, bahrte gerade die letzte Tote auf dem Teppich auf. Sanft und zärtlich hielt er die Frau in den Armen, als er sie ans Ende der Reihe legte. Elena musste schwer schlucken. Sie trat zögernd zu ihm. »Tut mir leid.« Sie erklärte ihm nichts, konnte ihm die Wahrheit nicht sagen. Nicht dieses Mal.
    Er blickte sie an. »Braucht dir nicht leidzutun. Es ist ein Privileg, wenn einen das Grauen noch packen kann.«
    Sie wunderte sich. »Tut es das?«
    »Ja, aber viel zu selten.« Eine uralte Dunkelheit umwölkte sein Gesicht. »Ich habe schon so viel Böses gesehen, dass mich selbst der grauenhafte Tod von so viel Unschuld kaum noch innerlich berühren kann.«
    Seine Unmenschlichkeit gab ihr einen Stich. »Erzähl mir davon«, sagte sie, während sie sich hinkniete, »erzähl mir von den schrecklichen Dingen, die du erlebt hast, damit ich das hier vergessen kann.«
    »Nein. Du hast schon genug Albträume in deinem Kopf.« Er sah ihr in die Augen. »Geh und spür Uram auf. Das hier kann warten.«
    Sie wusste, dass er recht hatte, also ging sie hinaus und versuchte, Urams Fluchtweg zu finden. Enttäuscht und zornig kehrte sie ins Haus zurück. »Von hier aus ist er geflogen.«
    Raphael deutete mit dem Kopf auf die Leichen. »Dann müssen wir die Opfer untersuchen, vielleicht können sie uns Hinweise auf ihn geben.«
    Sie nickte kurz und begab sich zu der ersten Leiche. »Sie wurde mit einer stumpfen Klinge vom Hals bis zum Bauchnabel aufgeschlitzt.« Die inneren Organe des Mädchens fehlten. »Hast du den Rest irgendwo finden können?«
    »Ja. Hinter dir in der Ecke ist eine… Sammlung.«
    Die Galle kam ihr hoch, doch sie riss sich zusammen und arbeitete weiter. »Keine Bissspuren, keine Anzeichen dafür, dasseraußer mit dem Messer irgendwie sonst in sie eingedrungen ist.« Als sie sich die nächste Tote vornahm, fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, das Gesicht des Mädchens zu untersuchen. Das musste sie auf jeden Fall noch tun. Uram hätte das Blut auch ihrem Mund entnehmen können. Einmal hatte sie schon einen Körper gesehen, der durch einen Kuss leer gesaugt worden war.
    Mit schmerzhaft verkrampftem Magen berührte sie das Gesicht des Mädchens, hielt dann aber inne. »Ich brauche Handschuhe.«
    »Sag mir, wonach du suchst.« Raphaels Flügel schoben sich in ihr Gesichtsfeld, als er ihr gegenüber neben der Leiche auftauchte.
    »Lass das lieber,« murmelte sie und schob seine Hand beiseite, als er die Leiche berühren wollte. Dabei hatte sie völlig vergessen, dass er sie schließlich auch abgehängt hatte. »Sie könnte mit einem menschlichen Virus infiziert sein, oder Uram hat sie angesteckt, wie du ja schon bei der Überlebenden befürchtet hattest.«
    Aus seinen unwahrscheinlich blauen Augen blickte er sie eindringlich an. »Ich bin unsterblich, Elena.« Wie ein Hammerschlag traf sie diese sanfte Erinnerung. Natürlich war er unsterblich. Wie hatte sie das nur vergessen können?
    »Der Mund«, sagte sie und wandte ihren Blick von seinem Gesicht ab, ein Gesicht, das auch keinem noch so sehr von der Natur Begünstigten gehören konnte. »Öffne ihr den Mund.«
    Geschickt folgte er ihrer Anweisung. Zum Glück war die Leichenstarre schon vorüber, sodass er mühelos die Kiefer bewegen konnte und nicht auch noch dem toten Mädchen Gewalt antun musste. Aus ihren Cargohosen zog Elena eine dünne Taschenlampe hervor und leuchtete der Toten damit in den Mund. »Keine Bissspuren.«
    Methodisch nahmen sie sich eine Leiche nach der anderen vor. Jede war von einem Messer zerfetzt worden, manche hatten mehr Glück gehabt als andere. Das erste Opfer hatte noch gelebt, als man ihm die Eingeweide entnommen hatte, das letzte war

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