Gilde der Jäger 01 - Engelskuss
Dreckskerl, Ellie.«
»Das werde ich.« Fünfzehn? Wo zum Teufel waren dann die restlichen sieben Leichen? »In welchen Zeitabständen?«
»Weißt du das noch nicht?«
»Nein.« Entweder die Engel wussten davon noch nichts, oder sie ließen sie mit Absicht im Dunkeln tappen. Ihre Hand umklammerte den Hörer. »Sag es mir.«
»Sehr viel gibt es darüber nicht zu sagen. Eine Anzahl von ihnen verschwand vor zwei Tagen– alle in derselben Nacht. Und die zweite Gruppe ist seit gestern Nacht, vielleicht frühen Morgen, verschwunden.«
»Danke, Sara. Gib Zoe einen Kuss von mir.«
»Alles klar?« In ihrer Stimme schwang Besorgnis. »Ich schwöre es dir, Ellie. Du musst nur einen Ton sagen, dann holen wir dich da raus.«
Sie wusste, dass sie sich darauf verlassen konnte. Nicht umsonst hatte die Gilde schon Jahrhunderte überstanden, sie stützte sich auf absolute Loyalität. »Mir geht es gut. Ich muss diesen Typ erwischen.«
»Na schön. Aber wenn die Sache zu haarig wird, denk daran, wir stehen hinter dir.«
»Das weiß ich doch.« Sie hatte einen Kloß im Hals, und Sara merkte das, denn mit ihrer nächsten Bemerkung brachte sie Elena gleich wieder zum Lachen.
»Du erinnerst dich doch, wie verrückt Ashwini immer ist. Vor einer Stunde hat sie mich angerufen, um mir zu sagen, dass sie ein geheimes Depot tragbarer Granatenwerfer hat, an dem ich vielleicht interessiert wäre. Ich habe nur gesagt: Was, zum Teufel, willst du damit?«
»Typisch Ash«, sagte Elena lachend.
»Aber dir ist klar«, sagte Sara weiter, »dass die Dinger gegen ›Duweißt schon wen‹ praktisch wären. Ein Wort von dir genügt, Elli.«
»Danke, Sara.« Bevor sie noch zu viel preisgab, hängte sie ein. Dann holte sie tief Luft und machte sich auf den Weg zum Erzengelturm. Es hatte sie nicht weiter überrascht, dass Michaela die meiste Zeit entweder auf ihrem Landsitz oder in der Nähe des Erzengelturms verbracht hatte, abgesehen von gelegentlichen Stippvisiten in stilvollen Warenhäusern. Elena wollte gerade von der Hauptstraße zum Turm abbiegen, als etwas an ihr vorbeizog.
Beißend, mit einem Schuss Blut.
Mit kreischenden Bremsen brachte sie den Wagen zum Stehen. Ohne von dem fluchenden Taxifahrer hinter sich Notiz zu nehmen, stieg sie aus und drehte sich einmal langsam um die eigene Achse. Da. Sie sprang zurück in die Limousine, parkte sie in der zweiten Reihe und ging zu Fuß weiter. Jetzt, da sie den Geruch einmal hatte, war die Verfolgung zu Fuß einfacher.
Schwer, dunkel, schokoladig. Sündig. Verführerisch.
Elena blieb stehen und schnüffelte. »Dmitri.« Entweder war der Vampir hier vorbeigekommen, oder er hielt sich in der Nähe auf. Bei den meisten Vampiren hätte es ihr nichts ausgemacht– mühelos hätte sie die Gerüche auseinanderhalten können. Aber Dmitri war zu dominant, und erschwerend kam noch hinzu, dass Urams Spur älter war… »Mist, blöder.« Rasch zog sie ihr Handy heraus und rief Raphael an.
»Elena.«
Der Klang seiner Stimme brachte ihr Blut in Wallung– Sex und Eis, Schmerz und Lust. »Dmitris Geruch versaut mir die Witterung.«
»Hast du Urams Spur gefunden?«
»Ja. Kannst du dafür sorgen, dass Dmitri hier verschwindet?«
Zögern. »Er ist schon auf dem Rückweg.«
»Danke.« Sie beendete das Gespräch. Noch etwas länger, und diese Stimme hätte sich in ihre Seele hineingeschlichen und dort eingenistet. Stattdessen machte sie ihren Kopf frei von allem Überflüssigen, um sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren.
Dmitris Geruch verzog sich überraschend rasch. Sofern er nicht besonders schnell sprinten konnte, musste ihm ein Fortbewegungsmittel zur Verfügung gestanden haben. Aber das beunruhigte sie eigentlich nicht. Entscheidend war nur, dass sie die Spur jetzt verloren hatte… Nein, da war sie wieder. Sie bog nach links ab, fiel in einen leichten Dauerlauf.
Fünf Straßen weiter sah sie auf einmal nach oben. Der strahlende Himmel verfärbte sich dunkelgrau, schwere Regenwolken hingen am Firmament. Aber sie erhaschte noch einen Blick auf etwas Blaues, das schon in der nächsten Sekunde wieder verschwunden war. Illium. Hatte er etwa Dienst als Leibwächter? Mit einem Achselzucken tat sie die Frage ab. Sie befand sich nun in einer Gegend, die zum größten Teil aus Wohnhäusern bestand, auch wenn sie dort halb versteckt einen Lebensmittelladen erkennen konnte.
Hier waren nicht mehr so viele Leute auf der Straße wie in der Gegend, aus der sie gerade gekommen war, in der sich ein Laden an
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