Gilde der Jäger 01 - Engelskuss
unterschätzt hatte.
Beim Erwachen merkte sie, dass sie auf etwas Warmem, Weichem, Seidigem geschlafen hatte. Als sie ihre Finger darübergleiten ließ, stellte sie fest, dass sie… »Oh!« Erschrocken fuhr sie in die Höhe. Ein kräftiger männlicher Arm drückte sie liebevoll wieder zurück.
»Deine Flügel«, flüsterte sie und streichelte eine seiner prächtigen Schwingen.
»Die können das verkraften.« Ein träger, typisch männlicher Kommentar voll von… Gott weiß was.
Gerade wollte sie sich ihm zuwenden, da fiel ihr Blick auf ihren Körper. »Oh nein, du hast doch nicht!« Von Kopf bis Fuß glitzerte sie, in jeder Pore Engelsstaub, auf ihren Wimpern, in ihrem Mund. Seine spezielle Mischung.
Zärtlich ließ er seine Hand über ihre Hüfte gleiten, ihren Bauch, ihre Brust. »Das war… keine Absicht.«
Hörte sie aus seiner Stimme etwa Verlegenheit heraus? Mit gerunzelter Stirn leckte sie sich das glitzernde Zeug von den Lippen. Ein warmes und kribbeliges Gefühl überkam sie– dabei brannte ihr gesamter Körper sowieso schon. »Ist das wie… nun ja… danebengeschossen?«
Er drückte sie. »Willst du dich etwa beschweren?«
Unwillkürlich musste sie lächeln, denn sie hatte mit ihrer Vermutung richtiggelegen– der Erzengel hatte die Beherrschung über sich verloren. »Nein, zum Teufel.« Sie drehte sich aus seiner Umarmung, um ihn anschauen zu können. Ihr Lächeln erstarb. »Du siehst irgendwie… verändert aus.« Doch sie kannte den Grund dafür nicht. Aber…
Ein Schatten huschte über sein Gesicht. »Du hast mich ein Stück weit zu einem Menschen gemacht.«
Erinnerungen stiegen in ihr auf. Raphael, als er nach dem Schuss blutend dalag. »Was bedeutet das?«
»Ich kann es dir nicht sagen.« Sein Kuss war feurig, und ehe sie sichs versah, war er schon in sie eingedrungen, ihre Vereinigung war schnell und heftig, unglaublich schön.
Sehr viel später, während sie einem neuen, viel versprechenden Tag entgegenblickten, versuchte sie sich den Engelsstaub abzuwaschen, jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Nach wie vor lag ein Schimmer auf ihrer Haut, aber seine Herkunft war nicht mehr ganz so offensichtlich. Und zum Glück leuchtete dieses Zeug tatsächlich nicht in der Dunkelheit. »Wenn irgendjemand das hier probiert«, sagte sie zu Raphael, der ihr entspannt vom Kamin her beim Anziehen zusah, »stürzt er sich dann vor Geilheit auf mich?«
»Ja«, sagte er mit strahlenden Augen. »Also lass lieber keinen in deine Nähe kommen.«
Sie erstarrte bei der unterschwelligen Drohung, die sein Befehl enthielt. »Bring meinetwegen bloß niemanden um, Raphael.«
»Du hast dich entschieden.«
Mit einem Erzengel zu schlafen.
»Ich glaube, das sexuelle Hochgefühl lässt langsam nach«, murmelte sie, zog ein frisches Paar khakifarbener Cargohosen und ein schwarzes T-Shirt an. Darüber streifte sie auch noch einen schwarzen Pullover. Es war noch früh am Morgen, alles war dunkel, und der Regen hatte die Temperatur gesenkt. »Ich meine es ernst, Raphael. Wenn du meinetwegen Unschuldige tötest, dann jage ich dich.« Sie gab sich keine Mühe, ihre Waffen zu verbergen– einschließlich der besonderen Pistole–, ganz offen zog sie sie aus ihrer Reisetasche und bewaffnete sich damit.
Sein Gesicht blieb ausdruckslos, während er dasaß und sie einfach nur anstarrte, seine Flügel wurden von den Flammen im Kamin beleuchtet. Bis auf ein Paar schwarzer Hosen war sein prächtiger Körper nackt. »Sind die Flitterwochen schon vorbei?«
Sie ging auf ihn zu und schaute ihm ins Gesicht, ein Gesicht, das sie von nun an für alle Ewigkeit in ihren Träumen sehen würde. »Nein.« Sie legte die Hände auf seine muskulösen Schultern und wartete, bis er den Kopf hob, damit sie ihn küssen konnte. »Ich gebe dir einen Tipp– wenn du in mir dein Spielzeug sehen willst, bitte schön. Erwarte nur nicht, dass ich mich wie eins verhalte.«
Eine feste Hand in ihrem Nacken, eine warnende Geste. »Versuch nicht, mich zu beeinflussen, kleine Jägerin. Ich bin nicht…«
Der Rest seiner Worte ging in einem scheppernden weißen Getöse unter.
Komm, kleine Jägerin. Koste.
»Elena.« Dieses eine schneidende Wort holte sie zurück in die Gegenwart.
»Prima.« Sie räusperte sich. »Gut, dass wir das geklärt haben. Es hat aufgehört zu regnen…«
»Was hast du gesehen?«
Kopfschüttelnd blickte sie ihn an. »Ich bin noch nicht so weit, es dir zu erzählen.« Vielleicht würde sie es auch nie sein.
Gewaltsam wollte er ihr
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