Gilde der Jäger 01 - Engelskuss
Elena mit kalter und gefährlicher Wut. Einen sterbenden Vampir zu füttern, stellte kein Problem für sie dar, schließlich war sie kein Unmensch, kein sadistisches Ekel wie Uram. Aber ganz sicher würde sie sich von einem Geist, der schon längst von Uram gebrochen war, nicht zu Tode quälen lassen. Sie benutzte die momentane Ablenkung des Erzengels, um nach dem Messer in ihrem Stiefel zu greifen. Schon bei der kleinsten Bewegung ihres Knöchels fuhr sie vor Schmerz zusammen, aber das war es nicht, was ihr Einhalt gebot.
Der Geruch von Wind, Regen und Meer. Wo genau befindest du dich in dem Raum?
Gegenüber der Fensterseite, Uram kauert vor mir. Links neben dem Fenster gibt es noch einen verhungerten Vampir. Er heißt Robert.
Sein Leben ist einerlei. Er quält gerne Kinder.
Plötzlich war die Wand einfach weg, als hätte ein heftiger Windstoß sie einfach mit sich genommen. Rings um das Loch herum brannte ein Ring aus knisterndem blauem Feuer, und Uram schrie triumphierend auf. Der Erzengel erhob sich und starrte sie an. »Sie haben Ihren Zweck erfüllt, haben ihn hierhergelockt, obwohl er verletzt ist– eine solch leichte Beute!« In seiner Hand sah sie das rote Feuer.
Wenn er sie damit berührte, würde sie augenblicklich sterben.
Also warf sie ihm ein affektiertes Lächeln zu. »Wenn Sie so zuversichtlich sind, dann erledigen Sie mich doch hinterher. Es sei denn, es gibt Sie dann nicht mehr.«
Er trat nach ihrem zerschmetterten Knöchel, und der Schmerz explodierte in ihr, bis ihr Bewusstsein aufgab.
Während der Blutengel in seinem Wahn noch ein zweites Mal nach Elena trat, traf ihn Raphaels Energieblitz mitten in den Rücken. Der Wurf hatte den gewünschten Effekt. Mit einem Wutschrei fuhr Uram herum, schleuderte den roten Strahl des Himmlischen Feuers nach Raphael und zertrümmerte mit einem zweiten die Decke, um sich in die Lüfte zu erheben.
Raphael wusste, dass Elena unter den Trümmern begraben war, spürte noch ihren Geist, auch wenn dieser in tiefe Nacht getaucht war. Lebe, befahl er ihr wieder, während er emporstieg, um ein Übel zu bekämpfen, das nicht länger existieren durfte. Feuerkugeln schlugen in die benachbarten Häuser ein, Menschen liefen schreiend heraus, während Brocken von Mauerwerk auf die Erde regneten. Mit quietschenden Bremsen hielt ein Wagen, dann noch einer und noch einer, die Fahrer blickten in den Himmel.
Raphael flog unter einem Feuerstrahl durch, parierte den Angriff und stellte voll Genugtuung fest, dass er Uram angesengt hatte. Mit blutigem Gesicht schlug Uram mit einem Feuersturm zurück, der sich von der gestohlenen Lebensenergie fremden Blutes speiste und von dem Gift, das durch jede einzelne seiner Zellen pulsierte, noch weiter angefacht wurde. Für einen Blutengel wie ihn gab es jetzt kein Zurück mehr.
»Wenn du zu Asche geworden bist«, höhnte Uram, während er mit lodernden Flammen in den Händen auf Raphael zuflog, »gehört die Stadt mir!«
Zwar wich Raphael der Attacke aus, aber noch bevor er die quälenden Schmerzen des Himmlischen Feuers an seinem Flügel spürte, wusste er, dass er ein wenig zu langsam gewesen war.
38
Wie ein Pfeil schoss er nach oben in die Wolken, höher noch, als Engel eigentlich fliegen sollten, bis ihn die Atemnot packte und das Feuer mangels Sauerstoff erstickte. Dann ließ er sich hinabstürzen und nutzte die Wucht, um Uram mit seinem Himmlischen Feuer zu bombardieren. Der Blutengel wich allen Blitzen aus, nur einer traf ihn am Oberschenkel.
Raphael spürte, dass er seine Flügel über die Maßen beanspruchte, denn die alten wie auch die neuen Verletzungen begannen wieder zu schmerzen. Noch war er kampffähig. Aber nicht mehr lange. Uram hatte ihn mit genügend Himmlischem Feuer bombardiert, sodass kleine Brandherde geblieben waren. Das Feuer würde sich langsam, aber sicher durch den Körper fressen. Ihm blieben kaum mehr zehn Minuten, bis er so geschwächt sein würde, dass er nicht mehr fliegen konnte. Dann spürte er auf einmal, dass eine Sehne riss, und es fiel ihm wieder ein.
Er war jetzt ein klein wenig sterblich.
Dann sollte es eben so sein. Hellsichtig begriff er auf einmal, dass er lieber wie ein Mensch starb, als ein Ungeheuer zu werden. Elena! Lebe! Immer wieder schickte er ihr diesen Befehl, selbst als seine eigenen Kräfte zu schwinden begannen und immer mehr von Urams Blitzen seinen Leib und seine Flügel versengten. Du musst leben. Sie musste einfach überleben. Ihre Lebensgeister waren viel zu rege, um
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