Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
Vom Netzwerk:
eingeschlagen. Sie musste ganz oben auf dem achtstöckigen Haus gestanden haben, als sie auf Uram geschossen hatte. Von dem Dach war nicht mehr viel zu sehen, aber er spürte Elena noch, fühlte ihr immer schwächer werdendes Lebenslicht. Elena, antworte mir.
    Still und friedlich, ein sanftes Murmeln. Dann: Versprichst du mir, ein klein wenig ein Mensch zu bleiben, Raphael?
    Eine beinahe unhörbare Bitte. Aber er verstand sie. Er folgte der Gedankenspur und entdeckte ihren geschundenen Körper an einem Leuchtreklameschild, das gefährlich lose über dem Abgrund hing. Ihr Rückgrat war zertrümmert, ihre Beine unnatürlich verrenkt. Doch als sie ihn erblickte, lächelte sie. Und in der Hand hielt sie immer noch die Waffe, die mehr Menschenleben gerettet hatte, als die Welt je erfahren würde.
    Aus Angst, er könnte sie über das Schild stoßen, wagte er nicht, sie zu berühren. »Du wirst nicht sterben.«
    Langsam zwinkerte sie ihm zu. »Besserwisser.« Blubbernd vor Blut erklang ihre Stimme. Das Sprechen klappt nicht mehr so.
    Ich verstehe dich trotzdem.
    Dann verrate mir endlich das Geheimnis, ja? Wie werden Vampire erschaffen?
    Selbst aus dem vergehenden Flüstern konnte er den neckenden Unterton heraushören. Wir bilden ein Gift, deshalb muss unser Blut regelmäßig gereinigt werden. Je älter wir werden, desto größer die Abstände.
    Uram hat zu lange gewartet.
    Ja. Wir bauen eine Immunität auf, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Danach dringt das Gift in unsere Zellen ein, die dann mutieren. Diese immerwährende Immunität bedeutete jedoch, dass ein Engel auch immer einen bestimmten Anteil im Blut hatte. Genug. Es würde gerade reichen.
    Der einzige Weg, sein Blut zu reinigen, ist die Weitergabe an einen Menschen. Die himmlische Geschichtsschreibung berichtet von einer Zeit, in der man aus Verzweiflung um so viel vergeudetes menschliches Leben versucht hat, sein Blut durch die Weitergabe an Tiere zu reinigen. Doch das hatte ein solches Blutbad zur Folge, das selbst Lijuan nie darüber sprach. Von diesem Blutaustausch bekommen wir etwas zurück, etwas, das den Giftpegel für eine Weile konstant hält, aber selbst nach so vielen Jahrtausenden wissen wir nicht, was es genau ist.
    Aber… Ein Zögern, als würde sie ihre ganzen Kräfte zusammennehmen, um ihre Neugier zu befriedigen. Die Tests? Verträglichkeit?
    Jede Frage würde er ihr beantworten, jedes Geheimnis preisgeben, wenn sie dafür nur am Leben bliebe. Nur einige kommen mit der Fähigkeit auf die Welt, das Gift zu überleben und es als Mittel zu nutzen, um sich in Vampire zu verwandeln. Die anderen sterben. Und trotz der Grausamkeit und des fehlenden Mitgefühls, das ihr Alter mit sich brachte, wollte kein Unsterblicher so viel Blutschuld auf sich laden. Ewiges Leben zu versprechen und dann nur den Tod zu bringen war ein Schritt zu nah am Abgrund. Vor den Tests hat es von zehn vielleicht einer geschafft.
    Ah… Nun war ihr Flüstern kaum noch mehr als ein Windhauch.
    Seine Eckzähne wurden länger, und ein seltsamer, wundervoll goldener Geschmack breitete sich in seinem Mund aus, während eine Träne sein Gesicht hinunterrann. Er war ein Erzengel. Schon seit über tausend Jahren hatte er nicht mehr geweint. Jetzt weißt du also Bescheid– deshalb werden so viele Schwachköpfe verwandelt.
    Ein leises Lachen in seinem Kopf. Eine Sterbende darf sich ruhig idiotisch benehmen. Ich bin verrückt nach dir, Erzengel. Manchmal flößt du mir zwar eine Heidenangst ein, aber trotzdem will ich mit dir in den Himmel tanzen.
    Als ihre Stimme verebbte, setzte sein Herz einen Schlag lang aus, und er beugte sich über sie. Er war überwältigt von ihrer Schönheit und Lebenskraft. »Ich lasse dich nicht sterben. Ich habe dein Blut untersuchen lassen. Du bist geeignet.«
    Ihre Augenlider flackerten, vergeblich versuchte sie, die Augen zu öffnen. Doch ihre innere Stimme, geschwächt zwar, aber unerbittlich, sprach zu ihm. Ich will keine Vampirin werden. Die Blutsaugerei liegt mir nicht.
    »Du musst leben.« Und dann küsste er sie, gab ihr das berauschende Gift zu trinken. Du musst leben.
    In diesem Moment gab die Reklametafel nach, löste sich aus der Verankerung und schlug mit ohrenbetäubendem Krach auf der Erde auf. Elena fiel nicht allein, Raphael hielt sie in seinen Armen, und ihre Lippen lagen aufeinander. Zusammen gingen sie zu Boden, seine Flügel waren so gut wie zerstört, seine Seele sterblich.
    Und während das Himmlische Feuer seine Knochen zerstörte

Weitere Kostenlose Bücher