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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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dass Slater gar nicht tot war, dass der Kader ihn aus irgendwelchen perversen Gründen gerettet hatte. Doch sofort setzte ihr Verstand wieder ein: Sie hatte nicht nur das Video von seiner Autopsie gesehen, sie war sogar ins Labor geschlichen und hatte sich das Fläschchen mit Slaters Blut geschnappt. Mit allen Sinnen hatte sie darauf reagiert.
    Vampir, hatte das Blut geflüstert, Vampir. Und nachdem sie die Flasche entkorkt hatte, hatte es sogar mit Slaters unverwechselbar hypnotisierenden Stimme einige Worte geraunt.
    Komm, kleine Jägerin. Koste.
    Sie biss sich auf die Unterlippe, bis Blut kam, und verdrängte die Erinnerung an ihn. Zumindest bis zum nächsten Albtraum. »Sagst du mir, wie es wirklich war?«, fragte sie Sara.
    »Als Slater sich beworben hat, war er noch total normal«, sagte Sara. »Du weißt doch selbst, wie gründlich die Engel den engeren Kreis der Kandidaten prüfen. Kernspintomografie, Psychoanalyse, die haben ihn mit ihren Tests fast in seine Einzelteile zerlegt. Der Typ war lupenrein, körperlich und geistig gesund.«
    »Die Gerüchte«, flüsterte Elena mit weit aufgerissenen Augen, »wir haben immer geglaubt, sie seien nichts als Legenden. Doch wenn es stimmt, was du sagst…«
    »… dann hat die Wandlung eine fatale Nebenwirkung. Bei einer winzig, winzig kleinen Minderheit wird das Gehirn unwiederbringlich zerstört. Und was davon dann übrig ist, ist nicht unbedingt menschlich.«
    Eigentlich hätte es komisch klingen müssen, auf einen Vampir das Wort menschlich anzuwenden, doch Elena wusste genau, was ihre Freundin meinte. Als Ganzes betrachtet, schloss die Menschheit auch Vampire mit ein. Von ihrer eigenen Familie wusste Elena, dass Vampire sich mit Menschen vereinigen und sogar fortpflanzen konnten. Wenngleich eine Empfängnis schwierig war, war sie doch nicht unmöglich, und die Kinder– allesamt sterblich– waren, abgesehen von gelegentlichen Fällen von Anämie oder ähnlichen Erkrankungen, ganz normal. Erste Grundregel in der Biologie: Was sich paaren kann, gehört vermutlich zur gleichen Spezies.
    Allerdings traf diese Regel nicht auf Raphaels Art zu. Engel zogen scharenweise Groupies an– zumeist Vampire, und hin und wieder wurde der Mischung auch ein besonders schöner Mensch beigegeben. Doch abgesehen von Erzählungen über Orgien hatte Elena noch nie davon gehört, dass aus der Verbindung zwischen Engel und Mensch oder selbst Engel und Vampir ein Kind hervorgegangen wäre. Vielleicht zeugten Engel einfach keine Nachkommen. Vielleicht waren die Vampire ihre Kinder.
    Blut statt Milch, Unsterblichkeit statt Liebe.
    Ein Hohn auf die Kindheit. Doch was wusste Elena schon von Kindheit? »Sara, ich brauche uneingeschränkten Zugang zu allen Computern und Dateien der Gilde.«
    »Nur die Direktorin hat ihn.« In Saras Stimme schwang der berühmte Haziz’sche Stahl mit. »Wenn du mir versprichst, über den Posten einer stellvertretenden Direktorin nachzudenken, gestatte ich dir den Zugang.«
    »Dann müsste ich lügen«, sagte Elena. »Hinter einem Schreibtisch würde ich verrückt werden.«
    »Das habe ich auch einmal gedacht, und jetzt bin ich glücklich wie eine Auster.«
    »Was haben denn Austern damit zu tun?«, murmelte Elena.
    »Keine Ahnung. Sag einfach, du überlegst es dir.«
    »Zwischen uns beiden besteht ein entscheidender Unterschied.« Elena legte alles in ihre Stimme. »Such dir lieber einen Stellvertreter unter den anderen verheirateten Jägern. Vergeude den Job nicht an mich.«
    Ein tiefer Seufzer. »Nur weil du Single bist, heißt das noch lange nicht, dass ich dich immer in der Schusslinie wissen möchte. Du bist meine beste Freundin, und wenn wir auch nicht verwandt miteinander sind, bist du für mich doch wie eine Schwester.«
    Elena traten Tränen in die Augen. »Geht mir genauso.« Nachdem ihre eigene Familie nichts mehr mit ihr hatte zu tun haben wollen, war es Sara gewesen, die sie wieder aufgebaut hatte. Ihre Freundschaft war so gut wie unzerbrechlich. »Du weißt genauso gut wie ich, dass ich nicht für ein Leben in Geborgenheit geschaffen bin. Ich bin zu dem geboren, was ich bin.« Eine Jägerin. Eine Spurenleserin. Eine Einzelgängerin.
    »Wieso streite ich überhaupt mit dir?« Elena konnte förmlich sehen, wie Sara den Kopf schüttelte. »Ich gebe jetzt deinen Zugang frei.«
    Genau das schätzte Elena so an der Gilde. Es gab keinen umständlichen Papierkram: Die Jäger wählten ihre Direktorin und vertrauten sich dann ihren Entscheidungen an. Keine

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