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Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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entschlossen hätte, ihn zu beseitigen, würde er seine Zeit nicht mit kindischen Spielchen vergeuden. »Elias liegt nichts an Eroberungen.«
    Die Enttäuschung stand Elena ins Gesicht geschrieben, sie steckten in einer Sackgasse. »Kann ich irgendetwas tun?«
    »Je stärker du wirst, desto schwerer wird es, dich zu verletzen.«
    Mit wachsender Spannung beobachtete sie ihn, als habe er gerade etwas gesagt, was ihm selbst nicht bewusst war. »Du nimmst es persönlich, genauso wie Illium und die anderen auch.«
    »Ich werde nicht zulassen, dass man mit meinen Leuten wie mit Schachfiguren verfährt, die man nach Belieben vom Brett werfen kann.« Und kaltblütig würde er auch das Leben eines jeden auslöschen, der es auf Elena abgesehen hatte.
    »Unter Jägern ist es genauso. Greift man einen von uns an, bekommt man es mit allen zu tun.« Ein kurzes Nicken. »Ich habe das Gefühl, dass du einen Verdacht hast.«
    »Nazarach ist schon über sieben Jahrzehnte alt, und wie viele andere hat auch er seine Freude am Schmerz entdeckt.« Auch Nazarach war Raphael zur Treue verpflichtet. Wenn er zum Verräter geworden war, würde er ihn so bestrafen, dass seine Schmerzensschreie in der ganzen Welt zu hören sein würden.
    Elena ließ ihre Finger spielerisch über den Griff ihres Messers gleiten, Raphael hatte nicht einmal bemerkt, dass sie es gezückt hatte. »Genau dann weiß man, dass man eine Grenze überschritten hat.« Gequält sah sie ihn an. »Wenn es anfängt, Spaß zu machen.«
    »Du wirst diese Grenze niemals überschreiten«, sagte er und zog sie vom Sofa hoch. Bei sich selbst war er sich da nicht so sicher, doch für Elena würde er die Hand ins Feuer legen.
    »Woher willst du das wissen?« Ihr Gesicht war zu einer Maske erstarrt, hinter der sich tausend Albträume verbargen. »Ich war froh, als Uram gestorben ist. Ich war so verdammt glücklich, dass dieses Ungeheuer endlich tot war.«
    »Hast du dich auch an seinen Schmerzen ergötzt?«, murmelte er ihr ins Ohr. »Hast du gelächelt, als sein Blut floss, sein Leib in Flammen stand? Hast du gelacht, als ich ihn in Stücke gerissen habe?«
    Er spürte, wie sie diese Gedanken verwarf, noch bevor sie den Kopf schütteln und ihre Arme um ihn schlingen konnte. »Machst du dir jemals Gedanken darum?«
    »Ja. Grausamkeit scheint ein Zeichen von Alter und Macht zu sein.« Dabei dachte er an Lijuan, die Tote erweckte und mit ihnen spielte wie ein Kind mit seinen Puppen. »In meinem Herzen klafft ein schwarzer Abgrund, der mich zu verschlingen droht.«
    »Ich werde dich davor bewahren.« Ein leidenschaftliches Versprechen.
    Er drückte sie fest an sich, seine Unsterbliche mit dem Herzen einer Sterblichen.
    Elena spürte Raphaels Umarmung selbst dann noch, als sie eine Stunde später ein Klassenzimmer betrat. Zehn glänzende Augenpaare starrten sie stumm vor Staunen an, als sie in ihrer Runde Platz nahm. Elena blickte sich interessiert um. So nah war sie den Jüngsten der Unsterblichen noch nie gekommen – sie wirkten wesentlich zerbrechlicher, als sie vermutet hatte. Ihre Flügel waren so zart, dass Elena sie mit bloßen Händen hätte zerreißen können.
    Endlich getraute sich ein Mädchen mit weizenblonden Zöpfen und Flügeln, die an Herbst und Sonnenuntergang erinnerten, zu sprechen: »Bist du ein Kind?«
    Elena biss sich auf die Lippe und rutschte auf ihrem großen, weichen Kissen, das hier anscheinend als Stuhl diente, hin und her – zum Glück hatte sie eines in ihrer Größe gefunden. »Nein«, sagte sie, nie hätte sie nach dem Gespräch mit Raphael geglaubt, dass ihr auf einmal so leicht ums Herz werden würde. »Aber ich bin noch nicht sehr lange ein Engel.« Als Dmitri ihr gesagt hatte, sie würde Stunden bekommen, um sie so schnell wie möglich mit der Kultur der Engel vertraut zu machen – sie vor ihrer eigenen Unwissenheit zu schützen –, hatte sie etwas anderes erwartet.
    Hinter vorgehaltener Hand wurde getuschelt, bis schließlich ein Mädchen mit Mandelaugen sagte: »Du bist eine Sterbliche gewesen?«
    »Ja.« Elena lehnte sich vor und stützte die Ellenbogen auf die Knie.
    »Das darfst du hier nicht machen«, flüsterte ihr ein dunkelhaariger Lockenkopf eindringlich von links zu. »Wenn Jessamy das sieht, bekommst du Ärger.«
    »Danke.« Elena richtete sich wieder auf, und der Junge, der so um die vier Jahre alt sein musste, nickte anerkennend mit dem Kopf. »Und warum darf ich das nicht machen?«
    »Weil es schlecht für die Haltung

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