Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)
Leben hassen. Eher würde ich Neha lieben.« Mit süßen, heißen Lippen küsste sie sein Kinn, dann sagte sie: »Also gut, Jason. Du hast in Kriegsdingen mehr Erfahrung – ich schließe mich in diesem Punkt deiner Führung an.«
Jason hatte allein zu Neha gehen wollen, aber Mahiya verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf. »Ich kenne eine Seite von ihr, die du nicht kennst, nicht kennen kannst – ganz besonders wenn es um diese eine Sache geht, bei der Neha einfach nicht mehr rational denkt.«
»Ich will dich in Sicherheit wissen.« Nie zuvor hatte er für jemanden so empfunden wie jetzt für Mahiya. »Ein einziger Wutausbruch von Neha, und dein Leben ist ausgelöscht.« Und es war für ihn unvorstellbar, in dem Wissen auf dieser Erde zu wandeln, dass er die eigenartige, gefährliche Hoffnung in ihren leuchtenden Wildkatzenaugen niemals wiedersehen würde.
»Ich nehme deine Hilfe an, weil du stärker bist«, sagte sie, und jedes einzelne Wort war voller Gefühl. »Aber ich werde mich nicht hinter deinen Flügeln verstecken. Das ist meine Schlacht, und ich werde nicht den Feigling spielen, oh nein, Jason.«
Bevor zwischen ihm und Mahiya dieses unerklärliche Gleichgewicht geherrscht hatte, bevor sie ihren Anspruch auf ihn deutlich hatte erkennen lassen, hätte er sie in einer solchen Situation außer Gefecht gesetzt und die Aufgabe erledigt, noch ehe sie gewusst hätte, wie ihr geschah. Ihr späterer Zorn wäre kaum von Bedeutung gewesen. Doch jetzt wusste er, wer Mahiya war, und wusste auch, was er ihr dadurch wegnehmen würde. Wenn er ihr diese Chance verwehrte, würde er sie um etwas bringen, das ihr niemand je wieder zurückgeben konnte.
Und so landete sie später, als die untergehende Sonne am Horizont hing, neben ihm in den Gärten über dem See. In der Zwischenzeit hatte Jason den möglichen Aufenthaltsort von Nivritis Armee eingegrenzt, und Mahiya hatte ihm dabei assistiert, indem sie durch subtile Befragungen der älteren Diener so viele Informationen wie möglich zusammentrug.
Neha stand allein am Rande der Festung, wo die Mauern steil zum Wasser hin abfielen, ihr Blick ruhte auf der Stadt jenseits des Sees.
»Wie ich höre, bewegen sich Raphaels Leute jetzt nach Herzenslust in meinem Territorium«, lautete ihre Eröffnung. Ein eisiger Hauch umhüllte ihre Stimme.
»Aodhan hatte Informationen, die mir bei meiner Aufgabe geholfen haben.«
Neha drehte sich um; die Falten des salbeigrünen Saris, den sie heute trug, bauschten sich um ihre Knöchel. Ihre Flügel bildeten perfekte Bögen hinter ihrem Rücken. »Muss ich dich um diese Information anbetteln?«
»So etwas würde ich nie erwarten.« Er spürte Mahiyas entschlossene Gegenwart und wusste: Ganz egal, was er anordnete, sie würde nicht weglaufen, wenn die Situation lebensbedrohlich wurde. »Allerdings haben sich die Umstände geändert.«
Neha rieb die Haut der dünnen, goldfarbenen Schlange, die sich wie ein lebendes Armband um ihren Oberarm wand. »Verstehe.« Ein gefährliches Funkeln in ihren Augen. »Du hast den Blutschwur gebrochen.«
Das hätte er ohne Skrupel getan, hätte er dadurch Mahiyas Leben retten können, aber wie die Dinge lagen, war das nicht mehr nötig. »Ich schütze mit meinem Handeln die Interessen der Familie.« Neha, Nivriti und Mahiya waren die letzten direkten Nachkommen einer uralten Blutlinie. Da Neha und Nivriti mit Gewissheit in den Krieg ziehen würden, war Mahiya für diese Familie die einzige Hoffnung auf eine Zukunft.
»Du musst auf etwas sehr Wertvolles aus sein, wenn du es wagst, ein Spiel mit mir zu spielen.«
»Nicht wertvoll … aber faszinierend.« Er wusste, dass Mahiya seine Worte mithörte, und doch nahm er kein Blatt vor den Mund, weil er ihrer Intelligenz voll und ganz vertraute. »Meine Neugier ist noch nicht befriedigt.«
Nehas Blick wanderte von ihm zu Mahiya, ihr Lächeln war so kalt wie das Blut jener Kreatur, die sich um ihren Arm schlang. »Du brauchst nicht mit mir um sie zu handeln, Jason. Du bist herzlich eingeladen, so lange an diesem Hof zu bleiben, wie es dir beliebt.«
»Ich gehöre zu Raphaels Sieben«, erinnerte er sie. »Ich werde bald zurückkehren müssen, und ich bitte dich, mir Mahiya zu überlassen.«
Nehas Augen waren plötzlich Eisstücke. »Warum sollte ich dir mein Lieblingsspielzeug geben?« Sie machte eine knappe Bewegung aus dem Handgelenk, und Mahiya wurde in die Luft gerissen. Dabei wurde ihr Hals so verdreht, dass sie nur schwer Luft bekommen
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