Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)
mildes Lächeln. »Habe ich irgendwelche Forderungen gestellt? Hm?« Sie strich mit den Fingern über seine Wange. »Ich habe so viel Liebe in mir, Jason. So viel. Und nie durfte ich jemanden damit überschütten – niemand hat sie je gewollt. Lass mich die Flügel meines Herzens gemeinsam mit dir entfalten.«
Er merkte, dass sich seine Finger fester um ihr Handgelenk schlossen, und zwang sich, seinen Griff zu lockern. »Wird es dir genügen zu lieben, ohne geliebt zu werden?«, fragte er, obwohl er wusste, dass es eine grausame Frage war. »Zu geben, ohne je zu bekommen?«
Obwohl es eigentlich unmöglich war, wurde ihr Lächeln noch strahlender. »Du hast keine Ahnung, was du mir gibst.«
Jason ließ ihr Handgelenk nicht los. Das konnte nur in Tränen enden – eine andere Möglichkeit gab es nicht. Aber als er etwas sagen wollte, drückte sie ihm die Fingerspitzen auf die Lippen. »Sei du nicht hochmütig, dann muss ich nicht spitz darauf reagieren.« Neckende Worte, aber ihre Absicht dahinter war blanker Stahl. »Ich bin eine erwachsene Frau«, sagte sie. »Ich weiß, wer ich bin, und ich treffe meine Entscheidungen ganz bewusst – wenn mir nicht reicht, was du mir geben kannst, werde ich gehen. Ich werde dir nicht die Schuld an meiner Entscheidung geben, also lass es auch wirklich meine Entscheidung sein.«
Jason gab ihr Handgelenk frei, um die zarten und empfindlichen Knochen nicht zu verletzen, die unter seinem Zugriff noch zerbrechlicher wirkten. Trotz ihres wortgewandten Versprechens tobten seine Instinkte in ihm und drängten ihn, diese Sache zu beenden und Mahiya vor den Schmerzen zu bewahren, die er verursachen könnte. Aber die stumme Herausforderung, die in ihrem ganzen Körper vibrierte, verriet nur zu deutlich, dass sie sich seinem Beschluss nicht so einfach fügen würde. Nein, diese Prinzessin hatte ihren Glauben an Hoffnung und Liebe durch ein Leben hindurch gerettet, an dem die meisten zerbrochen wären – sie war aus härterem Holz geschnitzt.
Mahiya würde darum kämpfen, bei ihm zu bleiben.
Eine fremdartige, heftige Emotion drang ihm bis ins Mark – und er wusste, dass er keine vernünftige Wahl treffen würde. Nicht bei Mahiya. »Eines habe ich dir nicht erzählt«, sagte er, und wünschte sich dabei, sein Inneres wäre nicht in der Dunkelheit verkümmert, damit er ihr das geben könnte, was ein Mann einer Frau geben sollte. »Venom hat in einem der anderen Tunnel frische Spuren gefunden.«
Auf Mahiyas Gesicht zeigte sich kein Triumph über seine unausgesprochene Entscheidung, sondern nur eine stille Freude, die ihn ängstigte. Es war eine Angst, die so tief saß, dass seit einem ganzen Weltalter nichts mehr zu dieser Ebene vorgedrungen war. »Und so alt, wie die Tunnel sind«, sagte sie, »muss es einige vergessene Eingänge geben, die nicht bewacht werden.«
Jason dachte an Venoms Worte zurück.
»Selbst ich kenne sämtliche Ein- und Ausgänge des Labyrinths nur deshalb, weil ich damals, nach meiner Wandlung der … der Andersartigkeit in mir näher war. Ich kann mir nicht vorstellen, wie irgendjemand sonst von den ältesten Abschnitten der Tunnel wissen könnte – aber genau dort habe ich die Fußabdrücke gefunden.«
»Zwillingsschwestern, von denen eine eine Vorliebe für Schlangen hat«, murmelte er, »würden sich diese Tunnel als Spielplatz aussuchen.« Neha mochte die Komplexität der unterirdischen Anlage vielleicht vergessen haben, doch Nivriti hatte jede Menge Zeit und den drängenden Wunsch nach Vergeltung gehabt, um ihre Erinnerung zu schärfen. Und dennoch … »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Nivriti sie für einen Angriff im großen Stil nutzt. Es würde zu lange dauern, ihre Leute einzeln dorthin zu bringen, und wenn sie unterwegs entdeckt würden, wären sie leichte Beute.« Ein Brand in den Tunneln wäre verheerend.
Mahiya schlang die Arme um ihren Körper. »Ich will, dass meine Mutter lebt. Aber wenn Neha stirbt, wird das gesamte Territorium im Chaos versinken, dann stehen Millionen von Leben auf dem Spiel.«
Jason schüttelte den Kopf. »Nur ein Kadermitglied kann Neha töten. Wäre Nivriti inzwischen eine von ihnen geworden, hätte die ganze Welt es bezeugt.« Jeder Aufstieg in den Kader löste weltweite, unübersehbare Phänomene aus. Es war, als wären die Erzengel untrennbar mit der Erde selbst verwoben.
Am Tag von Raphaels Übergang hatte das Meer ein wildes, unglaubliches Blau angenommen, und ebenso jeder Fluss und jeder See auf der ganzen
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