Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)
Geburtsstätte, aber dieser ähnlich genug, dass ihm das Herz schwer wurde. »Das verstehe ich.«
»Raphael dachte, du würdest dich über ein bekanntes Gesicht freuen, über jemanden, dem du vertrauen kannst und der dir den Rücken freihält.«
»Ich bin froh, dass du hier bist«, sagte er und musste dabei an jene Frau denken, die inmitten von Hunderten von Leuten in einer Festung lebte und dennoch immer allein gewesen war und niemanden hatte, der zu ihr gehörte.
Sogar er besaß Erinnerungen an die Liebe, die ihn am Leben erhielten. Mahiya hatte gar nichts. Und doch trug sie noch immer die Hoffnung in ihrem Herzen und die Gabe der Zärtlichkeit in ihrer Seele. Stark. Sie war so stark, stärker als er, denn während er einen Teil von sich hatte abschalten müssen, um zu überleben, hatte sie es geschafft, unversehrt zu bleiben.
»Also«, sagte Venom, »erzähl mir, was passiert ist – ohne deinen Schwur zu brechen, das erwartet Raphael übrigens auch nicht.«
Etwas anderes hatte Jason nicht erwartet. »Hier stimmt etwas nicht.« Er berichtete Venom von den drei Mordfällen und den Einzelheiten, die nicht recht zusammenpassten. »Du kennst einige Personen an diesem Hof immer noch sehr gut.« Der Vampir war mit einigen Freunden in Kontakt geblieben, mit manchen aus echter Zuneigung, mit anderen, weil sie nützlich waren – trotz seiner charmanten Art konnte Venom kalt und pragmatisch sein. »Finde die Verbindung heraus, wenn du kannst.«
Die Morde trugen eine zu ähnliche emotionale Handschrift, um das Werk verschiedener Individuen sein zu können, aber Neha hatte keinen Grund, kein offensichtliches Motiv, ihre Hofdame auf so brutale Art zu ermorden. Und abgesehen von allem anderen konnte Jason sich einfach nicht vorstellen, wie sie ihre Totenwache bei Eris unterbrach, um eine solche Tat zu begehen, zumal das die letzten Stunden gewesen waren, die sie mit ihm verbringen konnte.
Venom nickte nachdenklich und schob sich die verspiegelte Sonnenbrille wieder vor die Augen. »Ich werde tun, was ich kann, aber ich muss in spätestens drei Tagen aufbrechen. Länger wird Neha mich hier nicht dulden.«
»Du kannst ihre Stimmung besser einschätzen als ich – geh, wenn du musst.« Nach Venoms Nicken stellte er dem Vampir eine Frage, die nichts mit seiner Aufgabe in der Festung zu tun hatte. »Wie geht es Sorrow?« Das Mädchen hatte einen Angriff von einem verrückten Erzengel überlebt, war dabei jedoch mit einem Toxin infiziert worden, das sie von einer Sterblichen in irgendetwas anderes verwandelt hatte. In ein Wesen mit unberechenbaren Fähigkeiten.
Venom mahlte mit dem Kiefer, Sehnen traten unter der Haut an seinem Hals hervor. »Janvier hat fürs Erste ihr Vampirtraining übernommen.« Er sprach von dem Vampir, der bei zahlreichen Einsätzen direkt unter Dmitri gearbeitet hatte und dessen Loyalität zum Turm außer Frage stand – obwohl es bisher nützlicher gewesen war, ihn als scheinbar freien Agenten draußen in der Welt einzusetzen.
»Du weißt, wie gut Janvier ist«, fuhr Venom fort, »aber ich werde regelmäßig zurückkehren, um die Hochgeschwindigkeitsübungen mit ihr zu absolvieren.«
Venom konnte sich mit der Schnelligkeit einer Schlange bewegen, und Sorrow besaß diese Fähigkeit ebenfalls, auch wenn sie bei ihr einen anderen Ursprung hatte. »Kann sie ihre Gabe auf Kommando abrufen?«
»Nein. Und wenn sie das nicht lernt, wird sie sterben.« Erbarmungslos. »Aber Honor hat recht – sie muss erst die Grundlagen lernen, bevor ich sie wieder provoziere, sonst wird sie dumme Fehler machen, die Schnelligkeit allein nicht ausgleichen kann.«
»Wer übernimmt ihr körperliches Training, wenn Honor nicht in der Stadt ist?«
»Ashwini.« Venoms Miene taute auf, ein winziges Zucken umspielte seine Lippen. »Weißt du, was sie bei ihrer letzten Begegnung mit Janvier angestellt hat?«
»Es hatte mit Honig zu tun.« Jason hatte die Streitereien zwischen der Jägerin und dem Vampir seit ihrem ersten Zusammentreffen beobachtet und diese Beziehung nie ganz verstanden. Eben noch waren sie Gegner, fest entschlossen sich gegenseitig fertigzumachen, und im nächsten Augenblick waren sie Verbündete. Ausgerechnet diesen Vampir hatte Ashwini mitgenommen, als sie in Nazarachs gefährlichem Territorium arbeiten musste, und es war auch Janviers Saphiranhänger, den sie um den Hals trug. Und doch hatten die beiden, soweit er wusste, nie das Bett miteinander geteilt.
»Warum schlafen sie nicht einfach
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