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Gildenhaus Thendara - 7

Gildenhaus Thendara - 7

Titel: Gildenhaus Thendara - 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hinauszukommen, und jetzt meint man, dich so einfach wieder hineinstecken zu können? Jaelle, als Sprachenexpertin verdienst du ein Privatbüro - du mußt für deine
Rechte kämpfen, besonders als Frau, sonst trampelt man über dich hinweg!”
Vor Erleichterung holte Jaelle tief Atem. Ihre Abscheu vor dem überfüllten Büro mit den dicht bei dicht stehenden, Klaustrophobie erzeugenden Schreibtischen war also nicht einfach ein Zeichen persönlichen Versagens, wie Peter zu meinen schien. Magda hatte den Raum auch gehaßt. „Du bist eine Fachkraft, keine Angestellte für Routine-Arbeiten”, prägte Magda ihr ein. „Verlange, was dir zusteht. Man erwartet es von dir und wird dich dafür respektieren” Sie knautschte ihr Kissen in eine bequemere Position. „Etwas, das mir hier wirklich fehlt, ist eine Uhr mit Leuchtzifferblatt. Ich weiß nie, wie spät es ist!”
Und das gehörte zu den Dingen, die Jaelle hier am meisten zu schätzen wußte: Frei zu sein von den beständigen Hinweisen auf die Uhrzeit. Das mußte einer von den stärksten kulturellen Unterschieden sein. Sie sagte jedoch nur: „Ich glaube nicht, daß so etwas mir jemals fehlen wird”, und legte sich zurück. Magda begrub ihr Gesicht im Kissen, und Jaelle kuschelte sich in die Wärme ihres Körpers.
Nach einer Weile begannen sie von neuem zu träumen. Sie waren in einer Art Turm, ganz hoch oben, und standen sich in einem Kreis gegenüber. Irgendwie konnte Magda gleichzeitig mit ihren eigenen und mit Jaelles Augen sehen. Sie hielten mit ihren Händen einen in allen Farben glitzernden Bogen hoch, der wie eine geodätische Kuppel war… Das Wort geodätisch war in Jaelles Kopf gelangt. Es war ihr fremd, aber sie war nicht besonders neugierig darauf, was es bedeutete, noch wollte sie wissen, welche merkwürdige Erfahrung Magda seine Bedeutung enthüllt hatte. Die Kuppel war transparent, aber sehr stark. Sie schützte die, die unter ihr arbeiteten - es war sehr wichtige Arbeit, die sie beide jedoch nicht ganz sehen konnten. Marisela schien daran teilzunehmen, und dann war da noch ein sympathisch wirkender Mann in den Vierzigern, der das Grün und Gold der Ridenow-Domäne trug. Er blickte zu Jaelle hoch, und plötzlich trafen sich ihre Augen. Eine ganze Minute lang sahen sie sich an, so daß Jaelle wußte, wenn sie diesem Mann irgendwann im wirklichen Leben begegnete, würde sie ihn sofort wiedererkennen. Er sagte leise: Bist du hier außerhalb deiner Zeit, oder hast du dich in einem Traum hierher verirrt, chiya? und sie hatte keine Antwort für ihn. Es war eine Amazone anwesend mit einem runden Gesicht und einer
Stubsnase - Jaelle hatte sie irgendwo schon einmal gesehen, konnte sich aber nicht an ihren Namen erinnern. Etwas wuchs unter ihren Händen, und Magda war sehr stolz auf das, was sie taten. Irgendwer sagte innerhalb ihrer Hörweite: Jeder von uns hier hat aus mindestens einem Leben hinauswachsen müssen, und Magda hörte jemanden ein Bruchstück aus einem Gedicht zitieren - sie wußte, daß es sehr alt war:
Wer mehr Leben lebt als eins, muß mehr als einmal sterben…
Gereizt fragte sie: „Ist es nicht schlimm genug, wenn man einmal sterben muß?”
„Oh, es ist gar nichts dabei”, antwortete Marisela. „Ich bin schon ein paarhundertmal gestorben. Man gewöhnt sich daran”
Magda sprach mit einem großen, hellhaarigen Mann, dessen Gesicht Jaelle nicht sehen konnte. Er erinnerte sie ein bißchen an Alessandro Li, aber er war es nicht, und er hob Magda hoch und trug sie durch ein plötzlich auf der ganzen Strecke hochloderndes Feuer… Jaelle fühlte, daß das Feuer Magdas Füße versengte, und wollte zu ihr laufen, aber die Kuppel rutschte ihr durch die Finger. Und dann lag sie in Peters Armen und er drückte sie nieder, nur war es nicht Peter, es war ihr Cousin Kyril Ardais, und sie hörte sich selbst mißmutig sagen, sie hätte seine Finger zählen sollen, bevor sie mit ihm ins Bett ging. Doch dann war es auch nicht Kyril, sondern einer der Räuber, die sie angegriffen hatten, und Magda lag in Peters Armen… Nein, es war keine Vergewaltigung, Magda war freiwillig zu ihm gekommen, erst jetzt, wo sie ihn verlassen hatte, erkannte sie: Er hatte sie die ganze Zeit unterdrückt, weil er wußte, daß sie ihm in ihrer gemeinsamen Arbeit überlegen war. Und jetzt bekam Jaelle ein Kind von ihm, aber sie waren allein auf einem steilen Berghang, schlugen Stufen in das Eis, stiegen hinab, und Magda hielt Ausschau nach Lady Rohana, denn Jaelle war von

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