Gildenhaus Thendara
getan - hatte der Mann sich wirklich ergeben, bevor er von ihr getroffen wurde? In den Bergen habe ich mich mit Schande bedeckt, weil ich Angst hatte zu kämpfen, und wenn ich kämpfe, mache ich dem Gildenhaus Schande…Das hinuntergewürgte Schluchzen drohte sie zu ersticken. Aber wenn sie jetzt anfing zu weinen, würde sie einen hysterische Weinkrampf bekommen und nie wieder aufhören können…
„Breda…”, sagte eine leise, bekümmerte Stimme, und Keithas blasses, tränenfleckiges Gesicht tauchte vor ihr auf. „Oh, wie grausam sie ist! Du hast für uns gekämpft, du bist auch verwundet - und die Wunde dieses Soldaten gilt ihr mehr als die deine! Und du hast dein Blut für uns vergossen! Komm, laß mich wenigstens nach deinem Bein sehen…” Sie stiegen die Treppe hinauf, und Magda mußte sich schwer auf Keitha stützen. Keitha fuhr entrüstet fort: „Ich habe alles gesehen - wie kann Camilla so ungerecht sein? Der Mann hatte sich also ergeben - na und? Ich wollte, du hättest sie alle getötet…”
Magdas Bein schmerzte jetzt so sehr, daß ihr schwindelte. Blut tropfte auf den Fußboden. Keitha zog sie in das Badezimmer auf ihrem Stockwerk, druckte sie auf einen hölzernen Badeschemel und zog ihr vorsichtig die aufgeschlitzte Hose aus. Der Schnitt war tief, und von seinem Grund stieg immer noch langsam Blut auf. Magda fürchtete sich plötzlich zu fallen und klammerte sich an den Schemel, während Keitha die Wunde mit eisigem Wasser auswusch. Mutter Lauria trat ein.
Sie sah die beiden Frauen kalt an. „Wie schwer bist du verwundet, Margali?”
Magda biß die Zähne zusammen. „Ich weiß nicht genug über Wunden, um sagen zu können, wie schlimm es ist. Es tut weh”
Lauria trat näher und sah sich den Schnitt mit eigenen Augen an. „Es ist eine saubere Wunde. Sie wird heilen, aber sehr schmerzen. Hast du sie von einem Mann empfangen, der, nachdem er sich ergeben hatte, um sein Leben kämpfte?”
Magda erklärte deutlich: „Nein. Es war der erste Mann, der, den ich getötet habe, und ich kämpfte selbst um mein Leben, denn wie ich vermute, hätte es ihm nichts ausgemacht, mich umzubringen”
„Nun, das ist wenigstens etwas”, meinte Mutter Lauria.
„Wie kannst du sie so tadeln!” rief Keitha. „Sie hat uns verteidigt, sie ist verwundet und blutet, und doch hast du es zugelassen, daß Camilla sie beschimpfte, und du kommst auch noch her und beschimpfst sie von neuem, bevor ihre Wunde verbunden ist…”
Die Gildenmutter zeigte ihr ein strenges Gesicht. „Wer einen Mann, der sich ergeben hatte, tötet, begeht einen Mord”, sagte sie. „Hätte Camilla Margalis Schwert nicht heruntergeschlagen, hätte sie ihn getötet und eine Blutfehde über uns gebracht. Wir haben noch Glück gehabt, daß er nur ein gemieteter Söldner war. Wäre er einer von MacShanns geschworenen Männern gewesen, hätten sie ihn rächen müssen. Thendara-Haus hätte eine Herausforderung nach der anderen bekommen, und das hätte uns vernichten können! Glücklicherweise wird er durch die Wunde nicht verkrüppelt, und Camilla ist selbst Söldnerin gewesen und kennt ihren Ehrenkodex. Sie verbindet ihn soeben im Fremdenzimmer, und sie hofft, er wird als Wiedergutmachung für die Wunde, die ihm auf so schändliche Weise zugefügt wurde, eine Geldsumme annehmen”
Magda senkte den Kopf. Ja, sie hatte Schuld auf sich geladen. Sie hatte die Kontrolle verloren. Hatte nicht Cholayna Ares sie auf der
Akademie gewarnt: Verliere nie die Kontrolle, laß dich nie hinreißen, töte nur, wenn du zu töten beabsichtigst!? Um ihre Angst zu unterdrücken, hatte sie sich an ihre Wut geklammert, und das hatte Schande über sie gebracht. Zitternd saß sie da. Sie konnte Mutter Laurias Zorn wie ein rotes Glühen um sie sehen. Und dann fragte sie sich, ob sie den Verstand verliere. Lauria wandte sich verächtlich an Keitha.
„Und du, du hast nicht einmal gefragt, ob er, der dein Mann war, am Leben oder tot ist? Sollen wir deines Grolls wegen zu Mördern werden?” Keitha brauste auf: „Es interessiert mich überhaupt nicht, ob er am Leben oder tot ist! Soll ich Gutes für Böses zurückgeben wie eine cristofero! Ich habe ihm für immer entsagt!”
„Das stimmt nicht”, entgegnete Mutter Lauria. „Hättest du ihm in Wahrheit entsagt, dann würdest du dich nicht fürchten, zu erfahren, ob er noch lebt, und könntest, wie Camilla, die Wunden eines gefallenen Feindes ohne Haß pflegen”
„Camilla hat nicht von seinen Händen leiden müssen.. “,
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