Gildenhaus Thendara
zuzüngelte…
Was war übrigens in dem Zeug, das Marisela mir eingegeben hat? Ich bin betrunken, betäubt, ich werde verrückt… War das der Grund, warum sie bei Peter versagt hatte, war es das, was Camilla neulich abends in ihr gelesen hatte, war es das, was sie sich wirklich wünschte, wenn ihre Verteidigungen gelähmt waren? Hatte Peter recht gehabt, als er sie beschuldigte, sie sei selbst in Jaelle verliebt und eifersüchtig auf ihn? Magda war zu erschöpft, um sich zu ängstigen. Sie ließ sich dahintreiben, dachte an den Augenblick auf Ardais, als sie sich innerhalb der Matrix befunden hatte. Das Bett schwebte. Es war wie weit draußen im Weltraum, Lichtwirbel jagten sich hinter ihren Lidern im Kreis, schneller und schneller. Für einen Augenblick war sie wieder auf Ardais. Lady Rohana sah beunruhigt zu ihr auf und sagte: Wenn du Probleme mit deinem Laran bekommst, versprich mir, daß du es mir sofort sagst. Wie konnte sie das, fragte sich Magda, wenn Rohana dort war und sie hier! Ihr war, als rufe Keitha sie von sehr weit weg, doch sie dachte, Keitha ist meine Freundin, ich möchte sie nicht in Verlegenheit bringen oder ihr Angst machen, so wie ich an jenem Abend Angst vor Camilla hatte. Deshalb versteckte sie sich und antwortete nicht. Und dann war da ein anderes Gesicht in der Dunkelheit, das Gesicht einer schönen Frau, blaß, umgeben von einer Wolke rötlich-goldenen Haars, und alles hatte einen bläulichen Schein, als sehe sie es durch die Flammen eines blauen Feuers. Und zum Schluß erschien noch ein Gesicht, rund, ausgeglichen, prak
tisch, das Gesicht einer Frau unter kurzgeschnittenem ergrauendem Haar, einer Amazone. Sie sagte ruhig: Wir müssen etwas für sie tun, sie gehört zu uns, und sie weiß es noch nicht.
Eine Terranan?
Sie ist weder die erste noch die letzte, die ein Erbteil auf einer unbekannten Welt beansprucht.
Und dann verschwand die Welt und kehrte nicht mehr zurück. Zweiter Teil
Zweiter Teil
Entzweiung
1. Kapitel
Es schneite. Die Welt außerhalb des hohen HQ-Turms, vor den Fenstern von Cholayna Ares’ Büro war in wirbelndem Weiß untergegangen. Jaelle sah hinaus und wünschte sich, draußen im Sturm, nicht hier drinnen in dem gelben Licht zu sein, wohin keine Spur des natürlichen Wetters jemals eindrang.
Peter bemerkte ihren sehnsüchtigen Blick und drückte ihre Hand. Seit dem Abend von Alessandro Lis Empfang hatte er sich gegen sie sanft, zart, abbittend benommen. Sie brachte es nicht fertig, zornig zu bleiben, und er hatte in den letzten Wochen versucht, wieder der Mann zu sein, in den sie sich auf Sain Scarp verliebt und an den sie sich auf Ardais geklammert hatte. Trotz seiner terranischen Erziehung hatte er sich bewußt Mühe gegeben, ihr ihre Unabhängigkeit zu lassen, sie niemals als selbstverständlich hinzunehmen. Jaelle hatte von neuem zu hoffen begonnen. Vielleicht, vielleicht konnten sie, auch wenn ihnen verlorengegangen war, was sie anfangs zusammengeführt hatte, in eine Gemeinschaft hineinwachsen, die stärker und besser war. Ich hätte wissen müssen, daß diese erste sexuelle Glut nicht für immer sein würde. Aber jetzt, wo mich die verspätete erste Liebe nicht mehr gefangenhält, mögen Piedro und ich die Chance haben, uns etwas Reiferes, Echteres auf zubauen. Es ist nicht allein seine Schuld. Ich bin selbstsüchtig und kindisch gewesen.
Peter meinte freundlich: „Ich würde auch gern dort draußen durch den Schnee wandern”, und sie fragte sich - so genau waren sie aufeinander eingestimmt - ob auch er rudimentäres Laran besitze wie viele, vielleicht die meisten Terraner. Im Prozeß ihres Zusammenwachsens mochte es sich entwickeln, und dann würde ihnen die Art von gegenseitigem Verständnis zuteil werden, nach der sie sich sehnte.
Cholayna lächelte ihnen zu und sagte mit einer Spur von Ironie: „Wenn ihr beiden Liebesvögel einen Augenblick Zeit für mich habt .. ” Peter ließ Jaelles Hand los, und die Röte der Verlegenheit kroch
in sein Gesicht. „Oh, entschuldigt euch nicht”, fuhr Cholayna fort. „Ich wollte, ich könnte euch ein Jahr Urlaub und die Möglichkeit verschaffen, fortzureisen und richtige Flitterwochen zu verleben, aber die Umstände erlauben es einfach nicht. Magda hat inzwischen reichlich Zeit gehabt, festzustellen, ob im Thendara-Gildenhaus Frauen sind, die sich als medizinisch-technische Assistentinnen oder für andere Arbeiten hier bei uns eignen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß sie zu einer Besprechung
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