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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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holen.
    „Ich komme zu Euch, wo seid ihr?“, fragte sie überglücklich. „Wir sind noch in Tübingen, im Haus der Fraternitas Rosae , und machen uns auf den Weg nach Calw. Komm bitte ins Präsidium. Die Saturnbrüder wissen noch nicht, dass wir Klara haben. Es wäre gut, wenn das auch so bliebe, damit wir Christopher nicht in Gefahr bringen“.
    Sie verabredeten sich für eine Stunde später und Sven legte auf. Was hatte Klara mit der Krankenhausgeschichte gemeint? Hoffentlich ging es ihr gut. Carolin war ein bisschen beunruhigt, doch Klara hatte sich gesund und quirlig angehört wie immer. Sie ging ins Bad und schaute in den Spiegel. Strähnen ihrer ungekämmten Haare hingen ihr ins Gesicht. Sie hatte tiefe Ränder unter den Augen und sah ungepflegt und verbraucht aus.
    Jetzt würde alles wieder gut werden. Wenn der morgige Tag überstanden wäre, konnten sie zurückkehren in ihr altes Leben. Sie hoffte es und irgendwie stand es für sie außer Frage. Ihre weibliche Intuition, die sie nie im Stich gelassen hatte, sagte es ihr.
    Ihre Beziehung zu Christopher war durch eine schwere Prüfung, nicht aber verloren gegangen. Sie hoffte, dass auch ihr Mann diese Chance erkannte. Sie könnten sich näher kommen als sie es je gewesen waren, denn ihr wurde in diesem Moment bewusst, dass man sich der Liebe eines Menschen nur sicher sein konnte, wenn sie Krisen überstand. Erst dann wurde ein Lippenbekenntnis zu einem Bekenntnis. Carolin schüttelte die Lethargie ab. Sie zog ihre Kleider aus und warf sie in den Wäschekorb. Dann stellte sie sich lange unter die heiße Dusche und schrubbte ihre Haut, bis sie ganz rot war. Sie wollte die vergangenen Tage abwaschen. Dann trocknete sie sich ab und stellte sich nackt vor den großen Spiegel in ihrem Zimmer. Ihre langen Haare, die nur wenige graue Strähnen durchzogen, hingen ihr nass auf die Schultern und wirkten dadurch dunkler und jugendlicher. Sie hatte abgenommen, was ihr, wie sie fand, gut stand. Selbstbewusst zog sie sich eine enge Jeans an, die ihre weiblichen Hüften betonte, und eine frische Bluse. Sie nahm sich ein paar Minuten Zeit für ein Make-up, und als sie nochmals in den Spiegel schaute, kurz bevor sie das Haus verließ, lächelte sie zufrieden der Frau zu, die sie aus dem Spiegel heraus ansah.
    Sie war bereit für den letzten Akt des Dramas. Als sie in der Einfahrt des Hauses stand, hielt sie noch einmal inne. Einer spontanen Eingebung folgend wollte sie Christopher anrufen, um ihm zu sagen, dass Klara in Sicherheit war. Sie wählte die ihr vertraute Nummer zu Hause an über das Handy, das ihr Sven gegeben hatte. Es klingelte, aber niemand hob ab. Sie legte auf, denn ihr fiel ein, dass Sven erzählt hatte, ihr Haus werde abgehört.
    Sven würde Christopher zum richtigen Zeitpunkt einweihen. Sie durfte jetzt keinen Fehler machen, dennoch hätte sie so gerne Christophers Stimme gehört. Sie straffte ihren Körper, setzte sich in den Wagen und steuerte ihn wenige Augenblicke später entschlossen rückwärts aus der Einfahrt.

44.
     
    Er legte sich angezogen auf das Bett. Im Haus war es sehr still. Ohne das Lärmen der Kinder und die mahnende Stimme Carolins, die versuchte Klaras Bewegungsdrang zu bändigen, wenn sie wie üblich lautstark die Treppen hinauf und hinunter raste, hatte das Haus jeden Charme für ihn verloren.
    Er fiel in einen unruhigen Schlaf. Der Alptraum von den Leuten in silbernen Schutzanzügen plagte ihn wieder, doch nun wurde das Bild konkreter. Sie standen auf einem kahlen Berg und schauten ängstlich aber auch fasziniert in eine Abendsonne, die sich verändert hatte. Sie wirkte seltsam rot und deformiert an einer Seite und plötzlich wusste er, was er da sah.
    Das Schwarze Loch war nun so nahe, dass es eine deutliche Ablenkung und Rotverschiebung des Sonnenlichts bewirkte. Die silbernen Gestalten waren Menschen, die sich vor der Strahlung schützen wollten. Die ungeheure Gravitation würde Turbulenzen auf der Sonnenoberfläche auslösen und damit Protuberanzen und Sonnenwind enorm verstärken. Jedes Lebewesen im Freien musste eine gefährliche Dosis abbekommen.
    Er hatte ein wenig geschlafen, fühlte sich aber nicht erholt. Als er den Kühlschrank öffnete, wurde ihm schmerzlich bewusst, dass Carolin nicht mehr hier wohnte. Im Gemüsefach lag eine verschimmelte Paprika und die Milch war sauer. Christopher hatte geduscht und frische Kleider angezogen. Seine Stimmung hellte sich nach einem Stück Käse, zwei Scheiben Toastbrot, die er im

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