Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist

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Hollywoodfilm ab, bei dem man am Anfang schon weiß, wer wen am Schluss küsst und mit wem ins Bett geht. Die Entscheidung für die eine oder andere Richtung ist von winzigen, nicht kalkulierbaren Änderungen der Zustandsparameter jenes flüchtigen Augenblicks abhängig, den wir so salopp als Jetzt bezeichnen. Nur das Jetzt ist beeinflussbar, formbar, veränderbar. Das Vorher liegt unabänderlich hinter uns in der Vergangenheit und das Nachher im Nebel der Zukunft, in den wir mit den kleinen Taschenlampen unseres Verstandes selbstbewusst hineintapsen, obwohl in ihm jeder vorstellbare Abgrund lauert“.
    Hannes Molander antwortete nachdenklich:
    „Jetzt kommt es aber noch dicker. Unser Zeitbegriff steht komplett auf dem Kopf und mit ihm unser ganzes hübsches Gedankenhäuschen, in dem wir uns so gemütlich eingerichtet hatten“.
    Steve nickte. „Wir können überhaupt keine Vorhersage machen, was das Schwarze Loch betrifft. Es befindet sich genau genommen nicht in unserem Universum.
    Komm, wir können im Gehen weiterreden. Ich werde versuchen eine Audienz beim Stab von Obama zu bekommen, und Du musst mir wieder als Mediator zur Seite stehen“.
    Hannes hielt ihn am Ärmel zurück. „Weißt Du eigentlich, dass die Sintflutgeschichte die älteste Geschichte der Menschheit überhaupt ist? Sie lässt sich über den Gilgamesch Epos bis wenigstens ins vierundzwanzigste Jahrhundert vor Christi Geburt zurückdatieren und kommt damit ziemlich gut in die Nähe des ersten Tages des Äonenkalenders. Das solltest du im Auge behalten, wenn Du dem Präsidenten erklärst, dass nur dann nichts Schlimmes passiert, wenn wir die Hände in den Schoß legen“.
    Steve nickte und erwiderte ernst: „Du hast recht. Ich hoffe einfach, dass diese Sintflut ausbleibt oder falls ich mich irre wenigstens genug übrig lässt, damit die Überlebenden von vorne anfangen können“.

46.

    Vollkommene Finsternis umgab ihn. Er stand auf und nahm einen modrigen Geruch wahr, wie ihn alte Kellergewölbe verströmten. Nach wenigen Schritten stieß er sich den Kopf heftig an der niedrigen Decke. Der Schmerz machte ihn schlagartig nüchtern. Sein Kopf pochte im Rhythmus seines rasenden Herzens. Was hatten sie ihm in den Arm gespritzt?
    Die Communitas Saturni hatte so gar nichts vom Gentlemenclub der Rosenbruderschaft. Verglichen mit denen waren sie ein Haufen Wilder. Christopher hielt sich den Kopf und konzentrierte sich auf die Aufgabe, irgendwie aus diesem Kellerloch heraus zu kommen.
    Er wollte sich nicht noch eine Beule holen und beschloss, den Raum auf allen Vieren zu erforschen. Das Pochen in seinen Schläfen hatte nachgelassen, und die Stille war so vollkommen, dass man die sprichwörtliche Nadel hätte fallen hören.
    Da war ein ruhiges Atmen wie von einem Schlafenden. Er kroch in Richtung des Geräusches und stieß gegen einen warmen, schlaffen Körper. Er tastete über ein Gesicht, das er als Herberts identifizierte. Er schüttelte ihn und gab ihm ein paar Ohrfeigen, ohne Erfolg.
    Christopher tastete sich tiefer und stellte erfreut fest, dass Herbert eine seiner berüchtigten Hosen trug.
    Es war die Wunderhose mit den vielen Taschen. Er tastete weiter und fand einen harten Gegenstand auf Höhe des Oberschenkels. Eine winzige Taschenlampe und ein Klappmesser. Er fummelte beides heraus, steckte das Messer in seine Gesäßtasche und knipste die Lampe an. Die Dioden tauchten das feuchte Gewölbe in ein bläuliches Dämmerlicht. Ein Metallgitter, das bis zur tonnenförmigen Decke reichte, versperrte die Vorder- und Rückseite ihres Gefängnisses, und dahinter verlor sich der Raum in der Dunkelheit. Es zog jämmerlich, so als ob irgendwo in der Ferne eine Öffnung ins Freie führte.
    Christopher schöpfte Hoffnung. Sollte er laut um Hilfe rufen? Nein, es wäre ein unschätzbarer Vorteil, wenn ihre Bewacher annähmen, sie schliefen noch.
    Er stolperte über etwas am Boden, sodass er fast stürzte. Er richtete den kleinen Lichtkegel nach unten. Mit einem Mal begriff er, wo er war. Er war mit dem Fuß an einer Eisenbahnschiene hängen geblieben.
    Ein Tunnel! Der nächste schreckliche Gedanke jagte ihm durch den Kopf.
    Welche Chance hätten sie, wenn ein Zug käme? Sein Herz raste. Nein, die massiven Gitter wären auch für einen Zug ein Hindernis.
    Er beruhigte sich und dann ahnte er, in welchem Tunnel sie gefangen waren. Es war der stillgelegte Eisenbahntunnel der Schwarzwaldbahn zwischen Hirsau und Calw. Er war mit den Kindern und mit Taschenlampen