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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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Wie sie selbst schon vermuten, geht es um ein zyklisches Ereignis, das sich alle 5126 Jahre wiederholt. Tatsächlich tritt es genau dreimal in diesem Zeitraum ein. Es geschah am ersten Tag, in der Mitte und passiert jetzt am Ende des Mayakalenders. Durch unsere Astronomen sind wir endlich in der Lage, das Phänomen zu benennen. Es handelt sich um ein Schwarzes Loch, das unsere Sonne wie ein Komet in einer nahezu parabolischen Bahn umkreist“.
    Gryphius schaute zu Christopher hinunter.
    „Ich sehe, dass sie es selbst herausgefunden haben“.
    Herr Gryphius nickte anerkennend und nahm den Faden wieder auf.
    „Ein interessanter Effekt, der dann auftritt, wenn dieses massenreiche Ungetüm auf uns zufliegt, ist, dass es eine Art Zeitschleife vor sich herschiebt. Man sagte mir, es sei so wie die Bugwelle, die einem fahrenden Schiff vorauseilt. Nur ist diese Welle nicht Wasser, sondern eine Auffaltung der Zeit. An der Basis des aufgefalteten Zeitvektors kommt es zur Berührung von Vergangenheit und Gegenwart und damit steht unsere Zeitvorstellung komplett auf dem Kopf. Das unsichtbare Ding kollidiert nicht mit uns, sondern rast durch etwas hindurch, das man Wurmloch oder Einstein-Rosen-Brücke nennt“.
    Christopher nickte, um zu zeigen, dass er bis dahin alles verstanden hatte.
    „In diesem Augenblick, der ein paralleles Universum öffnet, gelangen Seelen von Menschen in unsere Wirklichkeit, die aufgrund einer besonderen Begabung durch einen zeitlosen Raum reisen können.
    Schwarze Mikrolöcher fliegen uns andauernd um die Ohren, ohne dass sie messbare Spuren hinterlassen. Das ist das Geheimnis der Zeitreisen. Schamanen, Priester und Druiden können diese Mikrolöcher erkennen und durch sie in die Zukunft sehen. Zauberpilze und andere Drogen helfen ihnen, ihr Unterbewusstsein zu sensibilisieren, doch die Gefahr für das Zeitgefüge ist erheblich. Lediglich große Wurmlöcher einer gigantischen Singularität wie derjenigen, die gerade auf uns zurast, können von ihnen durchquert werden und ermöglichen eine tatsächliche Seelenwanderung.
    In diesen besonderen Seelen, die sich jenseits der Zeit bewegen können, steckt das Wissen der gesamten Menschheit. Sie lösen bewusst oder unbewusst kulturelle Höhepunkte und bahnbrechende Erfindungen aus, die alles auf den Kopf stellen. Selbst wenn sie dieses Wissen in guter Absicht einsetzen, können sie sich nicht dem universellen Gesetz der Ambivalenz aller Dinge entziehen. Nehmen sie den Gebrauch des Feuers. Es sicherte das Überleben der frühen Menschen, weil es nachts die wilden Tiere in Schach hielt. Doch das Feuer ist selbst ein wildes Tier, das Millionen Leben ausgelöscht hat“.
    Christopher wollte einen Einwand erheben, doch Herr Gryphius fuhr ungerührt fort.
    „Ist Zeit nicht etwas ungemein Faszinierendes? Seit der Mensch Uhren baut, assoziiert er sie mit Sandkörnchen, die sich durch ein Glasröhrchen zwängen oder mit dem monotonen Ticken eines feinmechanischen Räderwerkes. Die billigen digitalen Uhren, die die Welt überschwemmt haben, nahmen der Zeit ihren Puls“.
    Herr Gryphius wirkte betrübt und Christopher fiel die teure, mechanische Uhr an seinem Handgelenk auf. Eine Philippe Patek , die wenigstens zehntausend Euro gekostet hatte.
    „Wir empfinden Zeitspannen als Kinder unendlich lange, die uns als Erwachsene sehr kurz vorkommen. Im Tierreich könnte diese innere Uhr vollkommen anders laufen und Einzeller, die potenziell unsterblich sind, mögen überhaupt nicht wissen, wovon wir sprechen“.
    „Schön, aber dieses Zeitempfinden hat mit der objektiv verstreichenden Zeit nichts zu tun. Eine Minute besteht immer aus sechzig Sekunden, deren Dauer wiederum über die Frequenz einer Atomuhr definiert werden kann“, gab Christopher zu bedenken.
    „Meinen Sie wirklich? Das entspricht unserer Alltagserfahrung. Auf Alltagserfahrungen basiert die klassische Physik Newtons, doch wenn wir alle aus subatomaren Teilchen bestehen, aus Quarks, die sich komplett unserem Verstand entziehen, die gleichzeitig an verschiedenen Orten existieren, dann muss doch auch der Makrokosmos vollkommen anders strukturiert sein, als es uns unsere Sinne vorgaukeln. Vielleicht müssen wir unsere Vorstellung von der Alltagswirklichkeit nach Einstein und Heissenberg ebenfalls völlig umkrempeln“.
    Herr Gryphius machte eine Pause. Als Christopher keinen Einwand erhob, fuhr er fort.
    „Sie legen mit einem Schritt eine Strecke zurück, für die eine Amöbe ein Jahr benötigt. Ist nicht auch

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