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Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Gillian Shields - Der Zauber der Steine

Titel: Gillian Shields - Der Zauber der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Band 3
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rausschmeißen. Dann kann ich wieder zurück nach L. A. Mein Gott, ich habe keine Ahnung, wie du das hier nur aushältst. Das wirkt alles so tot«, meinte sie, während ihr Blick die alten Stiche und Gemälde an den Wänden streifte. Auf unserem Weg durch die Schule zeigte ich ihr noch die prachtvolle Bibliothek und die Klassenräume mit den hohen Decken. »Okay, das ist ja alles ganz schick«, gab Velvet zu, »aber das heißt nicht, dass ich bleiben werde. Ich bin ja schon viel rumgekommen, aber diese Schule hier ist mit Abstand die seltsamste. Keine Jungs, keine männlichen Lehrer, kein Fernsehen, kaum Kontakt mit der Außenwelt und noch dazu am Ende der Welt, mitten in der Pampa. Meine Eltern müssen nicht ganz zurechnungsfähig gewesen sein, als sie dieses Höllenloch für mich ausgesucht haben.«
    »Vielleicht wollten sie dir nur helfen.«
    » Auf diese Art von Hilfe kann ich verzichten.« Einen Moment lang zitterten ihre Lippen, und sie wirkte seltsam hilflos, aber dann fing sie sich wieder und sagte: »Okay, was hast du sonst noch zu bieten? Kalte Duschen? Verliese?«
    »Komm mit nach draußen, dann wirst du schon sehen.« Ich schlug den Weg zu den Parkanlagen ein. Die meisten Mädchen waren in den Schlafsälen und packten ihre Koffer aus, aber einige wollten den wundervollen Aprilnachmittag genießen. Alles sah frisch und grün aus. Sie hatten es sich in kleinen Gruppen unter den Bäumen bequem gemacht oder tollten über die Rasenfläche, die vom Hauptgebäude bis zum See reichte. Auf der glatten Wasseroberfläche spiegelten sich die verfallenen Gemäuer der alten Klosterkapelle. Jenseits des von Wald gesäumten Sees erstreckten sich die wilden Moors bis zum Horizont. Der Anblick war atemberaubend. Selbst Velvet konnte davon nicht unberührt bleiben.
    »Das ist echt cool«, sagte sie und ging auf die Kapelle zu. »Sieht aus wie das Schloss von Dornröschen oder so. Was geht hier so ab?«
    »Nicht viel. Aber wir haben jedes Jahr eine Prozession zur Erinnerung an Lady Agnes’ Todestag.«
    »Dann ist diese Lady Agnes hier eine große Nummer? Coole Sache. Ich stehe auf Gespenster.«
    »Sie ist kein Gespenst«, antwortete ich knapp, aber Velvet hörte mir gar nicht zu. Die Neugier hatte sie gepackt, und sie war inzwischen ins Innere der Kapelle geschlendert. Die Wände standen nur noch zum Teil, und die Überreste des großen Ostfensters zeichneten sich wie ein zerfetztes Spinnennetz gegen den Himmel ab. Wie steinerne Zeugen erhoben sich zerborstene Pfeiler, dort, wo einst eine Reihe von Rundbögen die Seitenschiffe der Kapelle markiert hatten. Heute wuchs Gras zwischen den verwitterten Steinen, und das Dach war längst eingestürzt. Velvet stand auf dem grünen Hügel, wo sich einst der Altar befunden hatte, und reckte ihre Arme dramatisch gen Himmel. »Hier geht richtig was ab! Ein Voodooritual oder irgendwas mit schwarzer Magie. Mein Vater steht auf so was.«
    Ich erinnerte mich dunkel an einen Skandal im Zusammenhang mit Rick Romaine vor einigen Jahren, der mit seinen sogenannten »okkultistischen Performances« zu tun gehabt hatte. Einige Eltern hatten damals ein Verbot gefordert und wollten Warnhinweise auf seine CD s drucken lassen. Velvet warf den Kopf zurück und begann sich hin- und herzuwiegen, dabei zuckte sie rhythmisch mit dem Oberkörper, sie wirkte wie in Trance. Dann begann sie mit klagender dunkler Stimme zu singen, als ob sie unsichtbare Mächte anrufen wollte.
    »Hör auf!«
    Sie brach abrupt ab und starrte mich an. »Hey, das war doch nur Spaß. Was ist los, Sarah, hast du etwa Angst vor dunklen Mächten? Ich nicht. Ich habe vor nichts und niemandem Angst. Ehrlich gesagt finde ich diesen heidnischen Kram echt klasse. Ich sehe mich schon als Priesterin! Und du?«
    Ich versuchte ihre Show zu ignorieren. »Ich sehe nur, dass du einen Tadel bekommst, wenn du nicht deine Schuluniform trägst, bevor es zum Abendessen läutet. Komm, wir gehen in den Schlafsaal.«
    »Aber ich habe doch noch gar nichts gesehen«, maulte sie. »Was für cooles Zeug gibt’s denn noch? Miss Scratton meinte doch, du solltest mir alles zeigen.«
    »Ich fürchte, die Ruinen sind das Highlight des Rundgangs. Es gibt noch ein Freischwimmbad hinter den Bäumen dort, das wir im Sommer nutzen können«, erklärte ich und deutete in die Richtung.
    »Klingt gar nicht übel.«
    »Ich an deiner Stelle würde nicht allzu viel erwarten, das Wasser ist normalerweise ziemlich kalt. Und die Sportanlagen sind hier den Weg runter, an der

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