Girl Parts – Auf Liebe programmiert
schlafen. Es standen nur ein paar Modelle zur Auswahl. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums, neben einem Jungen mit Ohren so groß wie Autotüren, saß eine weitere Lily. Es gab zwei identische Brünette mit schokoladenfarbener Haut. Zwei mit nachtschwarzem Haar und milchweißer Haut.
Rose kam ihr Albtraum wieder in den Sinn – die endlosen Reihen von Körpern. Sie hatte im Traum die Gesichter nicht gesehen, jetzt konnte sie es. Reihen von Blondinen, Reihen von Brünetten, Reihen von Mädchen mit Haaren wie ein Ölteppich. Und sie wusste auch ihre Namen. Lily. Andere Namen tauchten vor ihr auf wie zu Boden schwebende Blütenblätter. Violetta. Daisy. Sakoras kleine Blumen. Hintereinander aufgereiht.
Aber es gab sonst keine Rose.
»Bin ich … bin ich auch so?«, flüsterte sie Charlie ins Ohr.
»Nein«, flüsterte Charlie zurück. »Kein bisschen.«
Am entgegengesetzten Ende des Raums öffnete sich quietschend eine schwere Metalltür. Ein klein gewachsenes junges Mädchen mit kurzen schwarzen Haaren tauchte auf. Sie trug Latzhosen, ein Batik-T-Shirt und offene Sneakers. Grinsend streifte sie ein Paar Schweißerhandschuhe ab. Das, dachte Charlie, musste May Poling sein. Die auf Gefährtinnen spezialisierte Schwarzmarkt-Technikerin.
»Fein, fein, Leute, wer ist als Nächstes dran?«
Derek hob die Hand.
Mays wasserblaue Augen wanderten durch den Raum und blieben an Charlie und Rose hängen. Ihr Grinsen Marke ›verrückte Wissenschaftlerin‹ verschwand.
»Holla, Moment mal.« Mit drei Schritten war sie bei ihnen. »Wer ist denn dieses Traumbild ?«
»Äh …«, sagte Charlie.
»May Poling.« Sie schüttelte Rose die Hand. »Ich bin Sternzeichen Fisch und sehr geschickt mit den Händen. Und du bist« – sie betrachtete Rose von oben bis unten – »ein absolutes Prachtstück .«
Roses Wangen nahmen die Farbe ihrer Haare an. »Oh … vielen Dank.«
»Komm, du zuerst«, sagte sie und zog Rose hoch. »Du kannst deinen Jungen mitnehmen«, sagte sie und machte eine vage Handbewegung in Charlies Richtung.
»Aber …«, wandte Derek ein. »Aber wir warten schon seit einer Stunde hier.«
»Ts, ts, Mister Fini. Alles zu seiner Zeit.«
Im angrenzenden Raum standen Arbeitstische aufgereiht. Regale mit Metallteilen bedeckten die Wände. Erinnerte das Wartezimmer an eine Arztpraxis, so war das Labor eine Autowerkstatt. Drahtrollen hingen von der Decke, klobige Geräte piepsten und summten und ließen winzige Lichter aufblinken. Ein paar von ihnen trugen noch verblasste rosafarbene Kirschblüten, auch wenn der Schriftzug weggekratzt oder, wie in einem Fall, mit einer roten Zielscheibenmitte übermalt worden war.
»Ihr werdet das Durcheinander entschuldigen«, sagte May. Sie bemerkte, wie Charlie ihre Gerätschaften anstarrte. »Ja, okay, ich hab ein paar Souvenirs mitgenommen, als ich bei Sakora aufgehört habe. Nennt es weltanschauliche Differenzen. Lösungen fürs Leben« , sagte sie in abfälligem Ton. »Als ob das Leben ein Problem wäre! Bitte, setzt euch. Reden wir ein bisschen.«
Sie setzten sich auf ein durchhängendes senffarbenes Sofa. May ließ sich in einen Krankenrollstuhl fallen, kippte ihn nach hinten und legte ihre Sneakers auf einer Bank ab.
»Also, als Erstes müsst ihr wissen, dass ich an die freie Entscheidung glaube«, sagte May. »Ich finde, ein Mädchen sollte selbst entscheiden, welche Art von Berührungen in Ordnung sind und welche nicht. Was ich hier tue, tue ich also für die Gefährtin, nicht für den Kerl.«
Charlie räusperte sich. »Wir sind nicht deswegen gekommen.«
May sah Charlie an, dann Rose. »Wer ist dein Partner?«
»Charlie Nuvola«, sagte Charlie. »Und ich bin nicht ihr Partner.«
May zog eine Augenbraue hoch.
»Und sie ist nicht meine Partnerin«, fügte er rasch hinzu. »Wir sind lediglich befreundet.«
»Und ist das euer Problem?«
Rose räusperte sich ebenfalls. »Ich habe meinen Partner verloren.«
Mays Miene wurde ernst. »Wie?«
»Er will mich nicht mehr haben.«
May kratzte sich an der Nase. »Warum nicht?«
Charlie rutschte auf seinem Platz herum.
»Weil er keinen Sex mit mir haben konnte«, sagte Rose.
May dachte darüber nach. »Erzähl weiter.«
»Ich möchte wissen, ob du ihn herausholen kannst«, sagte Rose. Sie tippte sich an die Schläfe. »Hier heraus.«
»Aha.«
»Schon mal so was gemacht?«, erkundigte sich Charlie.
Ihre nachdenklich-kritische Miene verwandelte sich in ein Grinsen. »Nein. Aber ich kann’s kaum erwarten,
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