Girl
das?«
»Ich weiß auch nicht, wieso. Ich denke, weil ich Angst habe. Ich mag dich wirklich, sehr sogar. Und wenn ich mich dir ganz öffnen soll, so weiß ich nicht, ob ich damit umgehen kann. Morgen fliege ich nach Flause, und wir sehen uns vermutlich nie wieder. Ich bin verstört.«
»Das ist ein Grund«, sagte er. »Aber ich denke nicht, dass es der wahre Grund ist. Sag mir die Wahrheit.«
Und das tat ich. Die ganze Geschichte. Von dem Moment, da ich ins Krankenhaus ging, bis hin zu dem schrecklichen Zwischenfall mit Jonathan. Als ich endlich mit allem fertig war, hatten wir jeder drei weitere Kaffee und zusammen eine zweite Flasche Wein getrunken.
Antonio hörte aufmerksam zu, fragte gelegentlich nach der Bedeutung eines Wortes oder nach Orten, die in meiner Erzählung auftauchten, aber immer mit einem Ausdruck völliger Konzentration. Ganz zuletzt saß ich da und wartete verzweifelt auf ein Zeichen der Zustimmung, während er, zum ersten Mal seit ich mit meiner Geschichte begonnen hatte, sich in seinem Stuhl zurücklehnte und zu den Sternen hinaufsah.
Dann rückte er nach vorn. »Warum erzählst du mir das alles erst jetzt? Warum bist du nicht von Anfang an ehrlich zu mir gewesen?«
Das war zu viel für mich. Ich wollte aufstehen und gehen, aber als ich mich erhob, spürte ich Antonios Griff an meinem Handgelenk. Ich versuchte, mich loszureißen, aber er ließ nicht locker.
»Ich denke, du hast mich falsch verstanden«, sagte er. »Ich bin nicht wütend auf dich, ein wenig verletzt vielleicht, aber nicht wütend. Setz dich, na los, trink noch ein Glas Wein.«
Ich ließ mich wieder in den Stuhl sinken, immer noch angespannt und voller Misstrauen. Antonio blickte aufs Wasser hinaus. Er zeigte mit der Hand auf einen alten Fischer, der unten an der Mole saß. »Siehst du den Weißbart, el hombre viejo?« sagte er.
»Ja.«
»Sein Rücken ist gebeugt, nicht? Seine Haut ist – como se dice – runzelig. Er ist nichts mehr von dem, was er als junger Mann war, als er noch groß und kräftig war und das Meer mit seinem Schiff bezwingen konnte. Aber sollte seine Frau ihn deswegen weniger lieben? Sollten seine Kinder ihn nicht länger als ihren Vater achten?
Wir verändern uns alle, Jacqueline. Eines Tages werde auch ich so alt und gebeugt wie jener Mann dort sein. Aber ich bin dann immer noch ich, und die Menschen, die mich jetzt lieben, werden mich auch dann lieben. Du hast dich gewandelt, und du wirst dich weiter wandeln. Und jeder, der das nicht akzeptiert, akzeptiert nicht deine Person.«
Meine Ängste waren verflogen und hatten einer grenzenlosen Freude Platz gemacht. »Du meinst… es stört dich nicht?«
»Natürlich nicht. Warum sollte es? Als ich dich das erste Mal sah, wusste ich, dass ich dich haben wollte. Und mit jedem Moment, der seither vergangen ist, bin ich mir sicherer geworden, dass mein Instinkt richtig war. Wenn er mich getäuscht hat, dann nur in dem Punkt, dass du noch viel bezaubernder bist, als ich geahnt habe. Warum sollte ich etwas darauf geben, was andere denken?«
»Ich danke dir«, sagte ich und gab ihm einen Kuss.
Später, als es fast schon hell wurde, brachte er mich zu seinem Boot, und wir fuhren zu einer kleinen verlassenen Bucht hinaus. Er breitete sein Badetuch auf dem Strand aus und legte mich darauf. Während seine Zunge meinen Mund erforschte und sein Körper sich an mich schmiegte, verfluchte ich meinen Satz, nicht mit ihm schlafen zu wollen, und ich sehnte mich danach, dass er sich über all mein Reden einfach hinwegsetzen und mich ganz in Besitz nehmen würde.
Aber natürlich tat er das nicht. Und ich konnte mich nicht beklagen. Endlich hatte ich einen Mann gefunden, zu dem ich vollkommen offen sein konnte, einen Mann, dem ich vertrauen konnte und der zu seinem Wort stand. Es gab bloß einen winzigen Haken. Sechs Stunden, nachdem er mich an unserem Bungalow abgesetzt hatte, stieg ich in einen Flieger nach Gatwick.
Ich habe meinen Mann gefunden … und ich habe ihn gehen lassen.
7. September
Melanie rief mich im Büro an und hatte erstaunliche Neuigkeiten. »O Baby, du glaubst es nicht, was der kleinen schwarzen Mel soeben passiert ist«, sagte sie mit breiter Stimme.
Bevor ich auch nur einen Ton sagen konnte, platzte sie heraus: »Ich werd’ ein Star, ein Superstar, ein Megastar!«
»Du machst Witze! Wie das?«
»Eastenders!«
rief sie. »Ich führe meinen kleinen Knackarsch am Albert Square vor!«
Nachdem unser Kreischen verebbt und wir uns soweit wieder
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