Girl
denkt immer noch viel an mich. Ob ich Weihnachten nicht nach Spanien kommen könne? Wenn ich nicht wegkönne, überlege er, nach London zu kommen und sich hier Arbeit zu suchen.
Er hat auch ein Bild von sich beigelegt. Er sitzt hinter seinem Zeichentisch, beugt sich vor und lächelt in die Kamera.
»Mm …«, sagte Lorraine, mit einem großen Bissen Toast im Mund, »der Junge ist ja so was zum Anbeißen.«
Ich lachte nur und wechselte das Thema. Es ist schön, dass Antonio noch Interesse zeigt, aber ich weiß nicht, ob ich das will. Ja, er war bezaubernd. Und er war auch sehr nett zu mir. Aber ich habe ihn als schönen Ferien-Traum abgeheftet, der in dem Augenblick vorüber war, als der Flieger in Gatwick aufsetzte. Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Traum noch einmal Realität werden lassen möchte.
Gleichwohl sollte ich mir darüber jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Ich muss Mimi zufriedenstellen (sie gibt weiterhin andeutungsweise zu verstehen, dass sie sich nach einer neuen Sekretärin umsehen und mich zur leitenden Angestellten machen will), und ich muss mich auf den Gerichtsprozess vorbereiten. Sobald das vorüber ist, kann ich mir weitere Gedanken über Antonio machen. Und dann sollte ich mir auch über James Mandelson klarwerden. Ich weiß auch nicht: Für ein Mädchen, das noch Jungfrau ist, ist mein Liebesleben schon ganz schön kompliziert geworden.
5. September
Der Prozessbeginn ist auf Anfang Oktober festgelegt. Da der potentielle Schadenswert 50000 Pfund übersteigt (meinen Anwälten nach geht es mindestens um die zehnfache Summe), findet der Prozess vor dem High Court statt. Alle Hauptzeugen müssen vor Prozesseröffnung ein formales Statement abgeben, in dem sie ihre Sicht der Dinge darlegen, und ich habe meins heute Nachmittag mit Marcus Pinkneys Unterstützung diktiert.
Im Großen und Ganzen ging alles recht flott. Ich brauchte nur auszuführen, wie ich mich ins St. Swithin’s zwecks einer Dentaloperation hatte einweisen lassen und mit einer Geschlechtsumwandlung wieder zu mir gekommen war. Wie es dazu gekommen war, durfte ich nicht sagen, weil ich zum Zeitpunkt der Verwechslung bewusstlos gewesen war und also die Geschichte mit den betrunkenen Pflegern, was meinen Kenntnisstand anging, als bloße Vermutung zu betrachten war. Aber über sämtliche Folgewirkungen durfte ich sprechen, wie ich meinen Job verloren hatte, über den Suizidversuch und so weiter.
Von der anderen Seite gibt’s die Neuigkeit, dass sie als Anwältin Helen McGoldrick engagiert haben. Dem Vernehmen nach einem ganz heißen Eisen.
»Eine Australierin, wissen Sie«, sagte Marcus Pinkney naserümpfend, als ob sie mir dadurch bereits verdächtig sein müsste. »Eine Art Radikalfeministin. Vertritt ausschließlich politisch linksstehende Fälle, misshandelte Frauen, Dinge in der Richtung. Allerdings, ich muss zugeben … sie macht ihre Sache verdammt gut.«
Sie scheint überhaupt der einzige Grund zu sein, dass Sie in einer aussichtslosen Sache vor Gericht ziehen.
»Vielleicht ist sie ja die gefürchtete Geheimwaffe«, sagte er, während wir meine Beweismittel durchgingen. »Nun denn, wir sind auch noch für die eine oder andere Bombe gut, was Roddy?«
›Roddy‹, wie Marcus Pinkney ihn nennt, ist ein kleines dürres Männchen, dass der Welt besser als Sir Roderick Weiten QC bekannt ist. Von allen Seiten bekomme ich zu hören, dass er zu den zwei oder drei besten Kronanwälten im ganzen Land zählt. Man sagt mir, was Besseres könne mir gar nicht passieren. Wenn die beiden Autos wären, wäre Helen McGoldrick ein getunter Peugeot 205. Und Sir Roderick wäre ein Bentley Continental. In drei Wochen wissen wir, wer das Rennen macht.
25. September
Mimi Hart bat mich heute zu sich ins Büro und erklärte, sie würde sich nach einer neuen Assistentin umsehen. Sie sagte, man könne nicht wissen, wie lange ich durch den Prozess ausfallen würde, und unabhängig von Sieg oder Niederlage würde ich mich nach Prozessende kaum danach fühlen, gleich wieder an die Arbeit zu gehen. In der Zwischenzeit könne sie nicht auf verlässliche Hilfe verzichten.
Das war ein ziemlicher Schlag in die Magengrube, aber Mimi wollte sich den besten Teil der Nachricht bis zuletzt aufsparen. »Seien Sie bitte so gut, und rufen Sie bei einer Reihe von Vermittlungsagenturen für Top-Sekretärinnen an, erklären Sie, wonach ich suche, und lassen Sie sich die geeignetsten Mädchen vorbeischicken. Sie können die Vor-Interviews führen. Das beste
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