Girl
ein Transsexueller je wie eine wirkliche Frau fühlt, wie immer das gehen mag. Was von seinen Gefühlen geht allein auf die physischen und chemischen Veränderungen zurück, die sein Körper durchlaufen hat, und wieviel basiert einfach nur auf seinem Gefühl, dass eine Frau so und so zu denken bzw. sich zu verhalten habe? Ich weiß es schlichtweg nicht. Und ich denke, keiner kann das wissen.«
»Also zumindest kann ich von mir sagen, dass ich in die Kategorie der typischen, stinknormalen Männer gehört habe«, sagte ich.
»Ja, zweifellos«, sagte Dr. Fielden. »Und gerade das macht Sie – wenn ich so sagen darf – zu einem faszinierenden Fall. Ihnen wurde das Frausein sozusagen aufgezwungen. Und deshalb wird es sehr interessant sein zu beobachten, wie Sie damit umgehen.«
»So kann man es auch sehen«, sagte ich. »Aber es gibt doch bestimmt ein paar Dinge, die Sie mir mit auf den Weg geben können. Ich verstehe, dass dieses ganze Psycho-Zeug fürchterlich kompliziert ist. Aber was ist mit den rein körperlichen Veränderungen?«
Dr. Fielden nickte. »Ja, die lassen sich schon eher voraussagen. Als erstes werden Sie an sich feststellen, dass Ihre Haut sanfter und Ihre Gesichts- und Körperbehaarung feiner werden wird. Sie befinden sich jetzt seif, na, sagen wir, gut sechs Wochen in medikamentöser Behandlung, also müssten schon die ersten Anzeichen sichtbar sein.«
»Schon ein bisschen … und was kommt dann?«
»Fett«, sagte Dr. Fielden. »Sie waren ein durchtrainierter, sportlicher junger Mann, also wird der Fettgehalt Ihres Körpers kaum mehr als fünfzehn oder sechzehn Prozent betragen haben.«
»Vierzehn-Komma-Zwei«, sagte ich stolz. »Ich habe ihn jeden Monat im Fitnessstudio messen lassen.«
»Sie werden nicht viele Frauen mit so einem Wert finden, weil der gesunde weibliche Körper zwischen zwanzig und dreißig Prozent seines Gewichts an Fett enthält. Je länger Sie aber weibliche Hormone bekommen – und in Ihrem Fall wird das für den Rest Ihres Lebens sein desto mehr wird Ihr Körper Fettreserven nach weiblichem anstatt nach männlichem Vorbild anlegen. Das bedeutet, weniger in der Mitte, aber mehr auf den Oberarmen, den Hüften, dem Po und den Oberschenkeln. Ihr Becken wird natürlich seine alte Form behalten, Sie werden es also nie auf die klassische englische Birnenform bringen…«
»Da bin ich ja beruhigt.«
Sie lächelte. »Jetzt können Sie noch darüber lachen. Aber glauben Sie mir, es wird gar nicht lange dauern, und Sie werden beim Anprobieren einer Hose als erstes einen Blick in den Spiegel werfen, um zu sehen, wie dick Ihr Hintern darin aussieht.«
Es war schon seltsam. In den vergangenen Tagen hatte ich miterlebt, wie mein Gesicht auf dem Computerbildschirm umgemodelt worden war. Ein Mann hatte zärtlich meine Titten berührt. Ich hatte stundenlange Gespräche darüber geführt, was zu tun war, um mich in eine perfekte Frau zu verwandeln, so perfekt jedenfalls, wie das in meinem Fall möglich war. Aber erst Jenny Fieldens scherzhafte Bemerkung über meinen Hintern brachte mir mit einem Mal zu Bewusstsein, wie grundlegend der Wandel, der mir bevorstand, sein würde, wie hinter mir eine Tür zuschlagen würde, die sich nie wieder öffnen ließ.
Ich lächelte höflich, aber innerlich stellte ich mir vor, wie ich mich in ein oder zwei Jahren – nach den jetzigen Informationen vielleicht sogar noch eher – zum Ausgehen fertigmachen und daheim vor dem Spiegel prüfend mein Hinterteil betrachten würde. Und ich hörte mich selbst sagen, vielleicht sogar zu einem Mann: »Und du findest wirklich nicht, dass ich zu dick bin?« Wie Frauen ebenso fragen.
Und wenn der Kerl auch nur halbwegs meinem eigenen früheren Typ entsprach, würde er sich nicht einmal zum Hinsehen bequemen. Wozu auch? Eine Frau konnte einen Breitarsch von der Größe Australiens haben, und sie würde es nicht hinnehmen, wenn man sagte: »Wo du schon fragst, Liebste, du siehst aus wie ein Nashorn in Unterhose.« Also würde er nur kurz auf die Uhr schauen und sagen: »Nein, nein, du siehst fantastisch aus.« Und die ganze Zeit über würde ihn nur die eine Sorge quälen, auf der Party könnten die Drinks ausgegangen sein, bevor ich mit dem Schminken fertig war.
Die Art, sich selbstkritisch im Spiegel zu betrachten, ist Männern natürlich völlig fremd. Ich meine, klar doch probiert man im Geschäft eine Hose an, bevor man sie kauft. Und wenn sie passt, na prima. Und damit hat sich die Sache. Aber Frauen… Von
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