GK0117 - Wenn der Werwolf heult
den Holzfäller weiterhin zurück.
Schließlich wurde Ben Strom die Sache zu bunt. Vielleicht ahnte er auch die Gefahr. Auf jeden Fall riß er die Hand mit der Pistole um eine Winzigkeit hoch und drückte ab.
Im selben Augenblick fegte ein brettharter Handkantenschlag seinen Waffenarm nach unten. Dicht vor Cazalis’ Schreibtisch fuhr die Kugel in den Boden.
Kräftige Fäuste packten zu, wanden Ben Strom die Pistole aus den Fingern.
Ein weiterer Schlag dröhnte in seinen ungeschützten Nacken.
Ben Strom fiel nach vorn und knallte aufs Gesicht. Den Schmerzensschrei verschluckte der Teppichboden.
»Aufhören«, sagte Ramon Cazalis, als einer der Wärter erneut ausholte.
Schnaufend traten die Wärter zurück. Ihre Gesichter waren gerötet. Schweiß bedeckte ihre Stirnen.
Cazalis schob einen Fuß unter Stroms Körper und drehte den Holzfäller auf den Rücken. Einer der Wärter reichte dem Arzt Stroms Waffe. Cazalis steckte sie in seine Kitteltasche, die durch das Gewicht nach unten gezogen wurde.
»Sollen wir ihn umlegen?« fragte der Wärter, der Cazalis am nächsten stand. Er war ein breitschultriger, muskelbepackter Typ mit öligen schwarzen Haaren. Sein Kumpan war etwas größer, dafür aber auch schmächtiger. Aber beide waren sie gemeine, hinterhältige Schläger.
Cazalis dachte einen Moment nach. Dann schüttelte er den Kopf. In seinen Augen leuchtete es auf wie bei einem, dem gerade eine blendende Idee eingefallen ist. Und das war bei Cazalis tatsächlich der Fall.
»Wir werden ihn nicht töten«, sagte er. »Wenigstens nicht auf die übliche Weise. Wenn uns die Versuchskaninchen schon freiwillig zulaufen, brauchen wir uns gar nicht erst groß anzustrengen. Er kommt in unsere Spezialabteilung.« Ben Strom lag noch immer am Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Er hatte zwar die Worte gehört, doch ihren Sinn nicht genau verstanden. Er wunderte sich nur, daß er noch am Leben war.
Cazalis machte eine knappe Bewegung mit der rechten Hand. »Fesselt ihn!«
Die Wärter bückten sich. Einer zog aus einer Metallöse am Gürtel ein Paar Handschellen. Hart riß er Stroms Hände in die richtige Stellung. Einen Atemzug später schnappten die Stahlspangen zu.
Ben Strom war gefangen.
Die Wärter zogen Strom brutal auf die Füße. Der Holzfäller wand sich in ihrem Griff.
»Stell dich nicht so an«, fauchte Cazalis. »Vorhin, als du mich umbringen wolltest, hast du dich noch ganz anders benommen. Ein Typ wie du sollte mehr vertragen können. Kommt mit!« Cazalis ging vor bis zur Tür und öffnete sie. »Ab in die Spezialabteilung.«
Die beiden Wärter schleiften den Holzfäller über den Gang auf eine Fahrstuhltür zu. Der Lift mußte erst noch geholt werden. Ben Strom bekam alles nur halb mit. Dann glitten die Türen auseinander.
Strom, die beiden Wärter und Dr. Cazalis gingen in die schmale Kabine. Cazalis drückte auf den untersten Knopf, neben dem das Wort ›Notsignal‹ stand. Der Lift sank nach unten. Nach Sekunden hatten die Männer die Spezialabteilung erreicht. Diese Abteilung lag noch unter dem Trakt der Irren, und die meisten wußten nicht mal von ihrer Existenz. Eine große Eisentür mit einem Sicherheitsschloß verwehrte den Zutritt.
»Ihr könnte jetzt gehen«, sagte Cazalis zu den beiden Wärtern.
Selbst sie durften nicht wissen, was sich hier unten verbarg. Das ging nur Cazalis etwas an.
Die Wärter trollten sich.
Cazalis wartete noch, bis der Lift endgültig verschwunden war, und holte dann einen kompliziert angefertigten Schlüssel aus der Hosentasche. Diesen steckte er in das dazu passende Schloß in der Tür.
Ben Strom lehnte an der Wand. Der Holzfäller hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Noch immer ging sein Atem stoßweise und keuchend. Er hielt die gefesselten Hände gegen seinen Leib gepreßt.
»Was – was haben Sie mit mir vor?« ächzte er.
Cazalis lachte. »Das wirst du gleich sehen, mein Junge. Aber eines sagte ich dir jetzt schon. Man bedroht keinen Ramon Cazalis mit einer Waffe. Ich werde da sehr ärgerlich. Die Strafen sind meistens tödlich. Und auch bei dir mache ich da keine Ausnahme.«
Ben Strom würgte. Er hatte nun begriffen, daß er jetzt sterben sollte.
Sterben! Wie ein Brandmal setzte sich das Wort in seinem Gehirn fest.
Nein! schrie es in ihm. Um alles in der Welt! Nicht sterben!
Nicht sterben!
Cazalis war noch mit dem Schloß beschäftigt und achtete nicht auf den Gefangenen.
Trotz der Schmerzen, die in seinem Körper wüteten, stieß sich
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