GK0134 - Die Drachenburg
griffen nach ihr, umtanzten ihren Körper, hüllten sie ein.
Es wurde kälter!
Sandra begann zu frieren. Es war eine seltsame Kälte, nicht aus der Natur geboren, sondern aus einer…
Sandras Gedanken stockten.
Die Treppe war zu Ende.
Vor ihr lag undurchdringlich wie dicke Watte die Nebelwand. Sandra meinte Stimmen zu hören, Raunen und Wispern. Die Stimmen schienen von überall herzukommen, hatten sie regelrecht eingekreist.
Zögernd ging Sandra weiter.
Und plötzlich stand sie vor einer Mauer. Sie streckte die Arme vor. Ihre Hände tasteten über rissiges Gestein.
Sandras Herz machte einen Freudensprung. Sie war am Ziel ihrer Wünsche angelangt. All die Mühe, all die Forschungen hatten sich ausgezahlt.
Vor ihr lag – die Drachenburg!
***
Im ersten Augenblick stand Sandra Lee unbeweglich. Unzählige Gedanken strömten auf sie ein, doch sie alle wurden von einem Gefühl übertroffen: von der Freude, endlich am Ziel zu sein.
Wie hatte sie sich abgemüht, welche Strapazen lagen hinter ihr! Belächelt worden war sie, sogar als Spinnerin verschrien. Selbst die engsten Freunde hatten sie mit bezeichnenden Blicken angesehen und hinter ihrem Rücken getuschelt. Doch sie hatte es allen gezeigt, hatte die sagenumwobene Burg gefunden.
Sandras Hände lagen auf dem rauhen Gestein. Es strömte eine Kälte aus, die sie schon einmal gespürt hatte und die nicht von dieser Welt sein konnte.
Der dichte Nebel ließ kaum die Hände vor Augen sehen. Sandra tastete sich an der Wand entlang, und stand plötzlich vor einem hohen Holzportal.
Sie hatte den Eingang gefunden!
Sandras Hände drückten gegen die Torflügel. Es war nur ein Versuch, und das Mädchen war überrascht, als das schwere Tor lautlos nach innen schwang.
Zögernd überschritt Sandra die Schwelle.
Von einem Augenblick zum anderen war der Nebel verschwunden. Ein Burghof breitete sich vor den Augen der Studentin aus. Er war nur klein, und mitten auf dem Hof stand ein alter Brunnen.
Mit einem Knall schlug das Tor hinter Sandra wieder zu.
Sandra Lee fuhr erschreckt herum, tastete nach der wuchtigen gußeisernen Klinke und rüttelte daran.
Das Tor blieb geschlossen.
Sandra war gefangen!
Nur zögernd begann sie sich mit der neuen Situation abzufinden und unterdrückte das aufkeimende Gefühl der Panik. Aber sie hatte ja vorher gewußt, auf was sie sich einlassen würde.
Sandra drehte sich wieder um, zog die Kapuze vom Kopf und wischte sich über die schweißnasse Stirn. Plötzlich war sie gar nicht mehr so davon überzeugt, richtig gehandelt zu haben. Hier wurde sie mit Kräften konfrontiert, denen sie nichts entgegenzusetzen hatte.
Naturabläufe waren auf den Kopf gestellt worden. Während draußen Dunkelheit herrschte, konnte Sandra jede Einzelheit auf dem Schloßhof erkennen. Sie sah die rohen, buckligen Pflastersteine, zwischen denen Gras und Unkraut wucherte. Ein überdachter Wehrgang führte in etwa drei Meter Höhe an den Mauern entlang rund um den Innenhof der Burg. Der Gang war zugemauert worden und nur durch schmale Schießscharten unterbrochen. Eine Holztreppe, die durch einen Hebelmechanismus hochgezogen werden konnte, führte von außen zu ihm hinauf.
Linker Hand, an der Westseite des Burghofes, konnte man über eine Treppe das Eingangsportal erreichen. Die Stufen waren aus Stein und sehr breit und ausladend.
Sandra ging auf die Treppe zu. Ihre Gedanken flossen weiter, und sie kam zu der Überzeugung, daß diese Burg bewohnt sein mußte. Alles machte einen gut erhaltenen Eindruck: Sandra hatte das Gefühl, als würden jeden Augenblick Ritter und Knappen durch das Tor gesprengt kommen und ihre Lanzen und Schwerter zu einem heißen Gefecht schwingen.
Sandra ging die breite Treppe hoch, deren Seiten durch schräglaufende Mauern abgestützt wurden.
Und dann sah Sandra die beiden Ungeheuer! Sie flankierten die Eingangstür und ähnelten Fabelwesen aus einer Märchenwelt.
Die steinernen Figuren hockten auf Sockeln und hatten einen schuppigen gekrümmten Körper, dessen obere Hälften mit einem gezackten Kamm überzogen waren. Flügel saßen rechts und links der Körper. Sie waren übernatürlich groß und mußten eine enorme Spannweite besitzen. Auf den langen dünnen Hälsen saßen zwei geierähnliche Köpfe mit langen spitzen Schnäbeln. Diese Figuren waren eine Kreuzung aus Echse und Drachen und täuschend ähnlich nachgebildet worden.
Doch am meisten flößten Sandra die Augen Angst ein. Sie wirkten auf sie wie übergroße rote
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