GK0148 - Der Voodoo-Mörder
hörte ich?«
Jory hatte sich wieder hingesetzt. »Ich wüßte nicht, was Sie das angeht.«
»Es war eine Frage. Ich meine, Sie brauchen Sie mir nicht zu beantworten.«
»Ja, ich war in Urlaub.« Jory betonte jedes einzelne Wort. »Das darf ich doch noch – oder?«
»Wo sind Sie denn hingefahren?«
»Ich war auf dem Kontinent.«
»Auch in Deutschland?«
»Ja.«
»Fahren Sie zufällig einen blauen BMW?«
»Wie kommen Sie denn darauf?«
»Es war so eine Vermutung.« Das stimmte nicht, denn John wußte aus den Unterlagen von Interpol, daß eine gewisse Karin Klinger, die Freundin der ermordeten Marion Baumann, von einem BMW gesprochen hatte, dessen Fahrer Marion mitgenommen hatte. Genaueres war noch nicht bekannt. Die deutschen Behörden ermittelten noch.
Jory blickte John Sinclair an. »Damit Sie beruhigt sind, Oberinspektor, ich fahre keinen BMW, sondern einen beigen Austin. Reicht Ihnen das?«
»Ja, Mr. Jory. Das wäre eigentlich alles, was ich von Ihnen wissen wollte.« John deutete auf den Ring. »Haben Sie dieses Prachtstück aus Haiti mitgebracht?«
Victor Jory räusperte sich. »Sie sind sehr gut informiert, Oberinspektor.«
»Das ist so meine Art, bevor ich mit jemandem rede.« John Sinclair erhob sich. »Das wäre für heute alles, Mr. Jory. Ich bin sicher, daß wir uns nicht das letzte Mal gesehen haben. Sie müssen mir unbedingt noch von Ihrer Reise nach Haiti erzählen. Auf Wiedersehen.«
John deutete eine leichte Verbeugung an und schloß sorgfältig die Tür hinter sich.
Er hinterließ einen verdutzten, aber auch nachdenklichen Victor Jory.
***
Jory benötigte zehn Minuten, um sich von dem Schock des plötzlichen Besuches zu erholen. Steif wie ein Brett saß er auf seinem Stuhl und trommelte mit den Fingerkuppen auf der Schreibtischplatte herum. Jeden Besuch wies er mit schroffen Worten ab.
Victor Jory wollte allein sein. Er mußte nachdenken.
In einer Hinsicht war der Besuch des Schnüfflers von Vorteil gewesen. Victor Jory war jetzt wenigstens gewarnt. Man war ihm also auf den Fersen. Und er schätzte Sinclair als einen Mann ein, der nicht so leicht aufgab.
Aber eine erkannte Gefahr ist nur noch eine halbe Gefahr. Und deshalb mußte John Sinclair verschwinden. Das so schnell wie möglich. Jory wollte ihn nicht selbst umbringen – nein, dazu war er nicht der Typ, aber er kannte einige Leute, die dies ohne weiteres übernehmen würden. Schließlich hatte Jory einige gute Beziehungen. Sinclair stellte schon kein Problem mehr dar.
Blieb Punkt zwei.
Er hatte vorgehabt, seine teuflischen Trümpfe erst später auszuspielen, doch durch den Besuch dieses Oberinspektors mußte er umdenken. Und dafür mußten auch seine Auftraggeber Verständnis haben.
Victor Jory sah auf seine Uhr. Er beschloß, jetzt schon Feierabend zu machen. Schließlich ging die andere Angelegenheit vor.
Jory sagte seiner Vertretung Bescheid – einer älteren Frau, die die Bibliothek überwachte –, nahm seinen leichten Staubmantel und verließ das Gebäude.
Er stieg in seinen Austin und fuhr einige Straßen weiter bis zur nächsten Telefonzelle.
Von dort rief er eine bestimmte Nummer an. Sie stand in keinem Telefonbuch und gehörte zu einer ausländischen Botschaft.
Dort schaltete man schnell, gab Jory für sein Vorhaben freie Bahn, und schon zwei Stunden später waren die Killer für John Sinclair unterwegs…
***
Victor Jory hatte noch eingekauft und war dann wieder zu seiner Wohnung gefahren. Er führte ein nach außen hin normales bürgerliches Leben, und niemand ahnte, daß sich hinter dieser Maske die Fratze eines Satans verbarg.
Jory war der nette Herr von nebenan, der nie auffiel und von Hausbesitzern als idealer Mieter angesehen wurde.
Mit der Einkaufstüte im Arm ging er langsam die Stufen zur ersten Etage hoch.
Auf dem Treppenabsatz begegnete ihm eine Hausbewohnerin.
Sie wohnte ein Stockwerk über Jory, war Witwe, hatte die Vierzig knapp überschritten und machte dem Bibliothekar schöne Augen.
»Guten Tag, Mr. Jory«, flötete die Dame, als Victor grüßend nickte. »Haben wir heute nicht wieder einen wunderschönen Frühlingstag?«
»In der Tat, Madam«, erwiderte Jory und lächelte die vollbusige Blondine an. Die Haarfarbe war nicht echt. Dunkle Streifen schimmerten bereits in der blonden Pracht. »Aber jetzt lassen Sie mich bitte durch, ich habe noch zu arbeiten.«
Die Blonde nickte verständnisvoll. »Ja, das verstehe ich. Mein seliger Mann hatte auch immer…«
Jory hörte gar nicht
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