GK0148 - Der Voodoo-Mörder
Kommilitonen im Auge behalten und der Direktion laufend Berichte erstatten. Das System ist sogar sehr gut ausgeklügelt, direkt vom Secret Service übernommen. Sie sehen also, Higgins, wir wissen so einiges. Und deshalb bin ich ja auch zu Ihnen gekommen.«
Higgins war blaß geworden. Abwehrend winkte er mit beiden Händen. »Um Himmels willen, Oberinspektor, reden Sie nicht soviel. Diese Sache gibt es gar nicht offiziell. Wenn das nach außen dringt…«
»Wird es nicht, Higgins,«
»Also gut, weil Sie es sind, Sinclair.«
John lächelte. »Ich wußte, daß ich mich auf Sie verlassen kann. Die Namen kennen Sie ja selbst.«
»Natürlich.« Higgins stemmte sich aus dem Stuhl. »Ich muß Ihnen aber noch einmal sagen, wie sehr mir das gegen den Strich geht.«
»Und mir erst«, erwiderte John grinsend. Doch im nächsten Augenblick wurde er ernst. »Schließlich geht es um die Klärung von zehn rätselhaften Todesfällen, und da muß man eben zu etwas unkonventionellen Mitteln greifen.«
Higgins trat kopfschüttelnd an einen Schrank und schloß ihn auf. Er holte einen unscheinbaren grauen Schnellhefter hervor und drückte ihn John in die Hand. »Ich habe schon alles vorbereitet, Oberinspektor«, meinte er mit einem säuerlichen Lächeln.
»Wir verstehen uns immer besser, Higgins.« John schlug den Schnellhefter auf. Die Namen der Toten waren alphabetisch geordnet. Die erste Seite beschäftigte sich mit den persönlichen Daten der Mädchen, wie Geburtstag, – ort und so weiter.
John las die Vermerke in aller Ruhe. Ein paarmal machte er sich Notizen und klappte den Hefter schließlich zu.
Higgins riß ihn John förmlich aus der Hand und schloß ihn wieder weg.
»Nun, Oberinspektor, schlauer geworden?«
»Ja.«
»Ach.« Higgins lieg sich überrascht in seinen Stuhl fallen. »Was ist Ihnen denn aufgefallen?«
»Daß die Schreibmaschine hakt, mit der die Berichte getippt worden sind.«
»Ha, ha. Sie sind ja heute besonders lustig.«
»Wer ist eigentlich Victor Jory?« fragte John und wechselte urplötzlich das Thema.
»Jory? Wie kommen Sie denn auf den?«
»Er ist hier in der Akte mehrmals vermerkt worden. Jedes der Mädchen scheint ihn gekannt zu haben.«
»Das hat nichts zu sagen.« Higgins winkte ab. »Jory kennt jeder. Er ist hier unser Bücherwurm. Ein bißchen versponnen, der Knabe. Ist Stellvertreter des Universitätsbibliothekars und lebt nur für seine dicken Schwarten.«
»Hat er vielleicht irgendwelche besonderen Interessen?« wollte John wissen.
»Kaum. Wenn man einmal davon absieht, daß er einige Jahre auf Haiti gelebt hat. Davon schwärmt er heute noch.«
»War er beruflich dort?«
»Keine Ahnung.«
»Hm.« John sah nachdenklich auf seine Fingernägel. »Kann ich diesen Victor Jory mal sprechen?«
Higgins antwortete mit einer Gegenfrage: »Welches Datum haben wir denn heute?«
»Den siebten April.«
»Ja, das geht, dann ist Jory wieder aus seinem Urlaub zurück.«
»Um so besser.« John stand auf. »Bringen Sie mich zu ihm, Mr. Higgins?«
Higgins blickte auf seine Uhr. »Das geht schlecht. Ich muß gleich zu unserem Personalchef. Aber ich erkläre Ihnen den Weg. Die Bibliothek liegt«, die beiden Männer traten ans Fenster, »in dem schräg gegenüberliegenden Gebäude. Dort fragen Sie einfach nach ihm. Jory ist da. Er arbeitet immer bis siebzehn Uhr.«
»Danke, Higgins. Sie haben mir sehr geholfen.« John reichte dem Mann die Hand.
Higgins grinste säuerlich. »Und vergessen Sie, was ich Ihnen gezeigt habe.«
»Keine Sorge.«
John verließ das Verwaltungsgebäude wieder und ging über einen mit Platten belegten Weg, der eine Rasenfläche teilte, auf das betreffende Gebäude zu.
Eine Steintreppe führte zu der gläsernen Eingangstür. Sie war ziemlich neu und paßte überhaupt nicht zu dem alten, ehrwürdigen Bau. Auf einer Tafel konnte John erkennen, wo Jory arbeitete. Über eine gebohnerte Treppe stieg John in den ersten Stock, ging ein paar Meter einen Gang entlang und hielt direkt auf eine Tür zu, auf der das Schild ›Bitte Ruhe‹ angebracht war.
John hob die Schultern und trat ein, ohne anzuklopfen.
Stille umfing ihn. Das Geräusch, das entstand, als John die Tür zudrückte, kam ihm überlaut vor.
Der Geisterjäger war umgeben von hohen Regalen. Dazwischen Gänge und Lesetische, an denen einige Studenten saßen und Bücher durchschmökerten. Ein junger Mann lief John in die Quere. Er fuhr eine Leiter auf Gummirädern vor sich her.
Anscheinend brauchte er ein Buch
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