GK0153 - Die Rache der roten Hexe
Sekunden noch gelebt hat…«, flüsterte die Detektivin und schüttelte sich.
John strich über ihr Haar. »Vergiß es. Aber noch haben wir nicht gewonnen. Unser schlimmster Gegner lebt!«
Janes Augen wurden weit. »Die Hexe?«
»Ja.«
»Und wo ist sie?«
»Kannst du dir das nicht denken?«
»Dann hat sie also doch…«
»Ja«, sagte John, »sie hat ihr Wort gebrochen, wenn man überhaupt von Wort sprechen kann. Sie hat es mir selbst ins Gesicht gesagt. Sie will die anderen töten. Jetzt, in dieser Nacht noch. Und ich sollte durch einen magischen Spiegel für immer im Dämonenreich verschwinden. Aber das erzähle ich dir später. Wo hast du eigentlich meinen Koffer gefunden?«
»Er lag im Schrank oben in Fontaines Zimmer.«
»Und ich habe ihn nicht gesehen. Aber jetzt komm, Jane, wir müssen uns beeilen. Die Hexe läuft uns zwar nicht weg, aber wir haben Mitternacht vorbei, und wahrscheinlich hat sie schon mit ihrer grausamen Rache begonnen…«
***
Plötzlich kippte ein Stuhl um. Der Krach, der entstand, als das Möbelstück auf den Boden fiel, wirkte doppelt laut in der angstgeladenen Stille.
Ray Danton blieb stehen. Er hatte schon die Hälfte der Distanz zurückgelegt und wandte nun den Kopf.
Pierre Lassalle war aufgestanden. Er hatte inzwischen noch mehr Alkohol getrunken. Sein Blick war glasig, und Lassalle schwankte wie ein Strohhalm im Wind. Lassalle war völlig betrunken, aber auch mutig und unberechenbar.
Mit einer weit ausholenden Armbewegung wollte er die Hexe auf sich aufmerksam machen. »He, du komisches Monster«, lallte er. »Jetzt laß deine blöden Scherze, sondern sauf lieber mit uns. Wir – wir…« Die Situation hätte komisch gewirkt, wenn nicht die gnadenlose Todesdrohung wie ein unsichtbares Schwert über den Köpfen der Männer gehangen hätte.
Lassalle rülpste und sprach weiter. »Was, du willst nicht? Dann muß ich dich eben holen. Warte nur…«
Lassalle wankte los. »Mein Gott, Lassalle!« flüsterte George Plummer.
»Halt’s Maul!« zischte Gu Domingo. »Soll er doch laufen, der blöde Narr«
Mit unsicheren Schritten umrundete Pierre Lassalle den Tisch. Keiner wagte ihn aufzuhalten.
»Eine schöne Maske hast du gemacht, Puppe«, sagte er. »Vorhin hast du mir besser gefallen. Viel besser.« Lassalle rempelte Ray Danton, glotzte den Schriftsteller an, begann zu kichern, stand dann nur noch zwei Schritte vor der Hexe und holte zu einem Heumacher aus.
»Jetzt werde ich dir mal zeigen, wer Pierre Lassalle ist«, sagte er mit schwerer Zunge. »Paß mal auf, du – du…«
Lucille Latour fing den Arm mit einer spielerisch anmutenden Bewegung ab, und Pierre Lassalle mußte im nächsten Augenblick das Gefühl haben, mit seiner Hand in einen Schraubstock geraten zu sein.
Er brüllte plötzlich wie am Spieß und ging in die Knie. Tränen quollen aus seinen Augen, der Schmerz mußte mörderisch sein.
Da trat die Hexe zu. Ihr schuppiger Fuß traf Lassalle mitten im Gesicht.
Der Betrunkene fiel auf den Rücken, überschlug sich einmal und blieb wimmernd liegen.
Die Hexe lachte nur. »Er kommt als nächster an die Reihe«, sagte sie.
Der ganze Vorgang hatte nicht einmal eine halbe Minute gedauert. Doch Ray Danton hatte die Situation erfaßt und versuchte das Beste daraus zu machen.
Er warf sich auf dem Absatz herum und rannte los.
Mit Riesensätzen hetzte er auf die Treppe zu und hatte die Überraschung dabei auf seiner Seite.
Lucille Latour hatte damit nicht gerechnet. Ehe sie sich an die Verfolgung machen konnte, hatte Ray Danton schon die ersten Stufen erreicht.
Doch dann kam die Hexe. Sie schien förmlich über den Boden zu fliegen, und jeder sah, daß Ray Danton keine Chance mehr besaß, Plummer schrie auf. Dieser Schrei riß Danton herum. Der junge Schriftsteller sah die Hexe auf sich zugehetzt kommen und riß mit einer kaum zu erkennenden Bewegung einen Degen von der Wand. Wenn er schon sterben sollte, dann wollte er sein Leben so teuer wie möglich verkaufen.
Die Hexe flog auf Ray zu. »Stirb, du verdammtes Scheusal!« brüllte Ray Danton, schwang den Degen über seinen Kopf und schlug zu.
Die Klinge krachte gegen den schuppigen Schädel der Hexe, ohne jedoch deren Lauf bremsen zu können.
Zu einem zweiten Schlag kam Ray Danton nicht mehr.
Mit einer sensenden Bewegung schlug ihm Lucille Latour beide Beine weg.
Ray krachte auf den Rücken und prallte dabei mit der Wirbelsäule gegen die Kanten einer Treppenstufe.
Wie eine Lohe zuckte der Schmerz in ihm
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