GK0153 - Die Rache der roten Hexe
hineinzustoßen, hatte er Zeit gewonnen. Er konnte unter Umständen zurücklaufen und die anderen warnen, denn die Tür zum Verlies stand offen.
Johns Fäuste trafen die Brust des weiblichen Dämons. Der Geisterjäger hatte alle Kraft in den Schlag gelegt, doch die Hexe stand wie ein Denkmal.
Sie wankte nicht, sondern schlug gnadenlos zurück.
Ihre schuppige Hand klatschte in Johns Gesicht. Der Oberinspektor noch im Sprung – konnte nicht mehr ausweichen. Die dolchartigen Nägel rissen seine Haut auf. Blut strömte aus den zahlreichen kleinen Wunden.
John taumelte zurück. Der Schmerz schien sein Gesicht zerreißen zu wollen. Von der linken Seite her sah er einen Schatten auf sich zukommen.
Madame Millau griff in den Kampf ein.
Sie packte John Sinclair und schleuderte ihn gegen die dicke Steinwand.
Der Geisterjäger knallte mit dem Kopf gegen einen Quader. Sterne funkten vor seinen Augen auf. Schwindel erfaßte ihn, und langsam rutschte er an der Wand entlang zu Boden.
Wie aus weiter Ferne hörte er die Stimme der Hexe. Wirf ihn durch das Tor, Maddalena. Ich komme später.
Dann wußte John sekundenlang nichts mehr.
Er kam erst wieder richtig zur Besinnung, als kräftige Hände unter seine Achseln griffen und ihn hochzogen.
Die Alte war dabei, den Befehl der Hexe zu befolgen.
John wurde über den Boden geschleift. Noch immer schien ihm der Schädel zerspringen zu wollen. Vergeblich versuchte er sich mit den Füßen abzustützen.
Er kam gegen die Kräfte der Alten nicht an.
Und immer näher rückte der Spiegel. John sah die mattschimmernde Fläche, die ihn an eine große Quecksilberlache erinnerte.
Nur noch Sekunden, dann würde er in den Spiegel eintauchen und für immer im Reich des Grauens verschollen sein.
Über sich hörte er das wahnsinnige Kichern der Alten. In ihr steckte eine satanische Vorfreude.
John versuchte sich herumzuwerfen, sammelte noch einmal alle Kräfte. Es gelang. Er rutschte aus dem Griff, fiel zu Boden, und ehe sich Madame Millau auf die neue Situation einstellen konnte, riß er ihr das linke Standbein weg.
Die Alte geriet ins Taumeln, ruderte haltsuchend mit den Armen und streifte mit der Schulter den Rahmen des Spiegels.
Der Spiegel wankte, drohte umzukippen.
John Sinclair sah in Bruchteilen von Sekunden seine einzigartige Chance.
Die linke der beiden Kerzen stand in seiner Reichweite. Er packte sie und hielt die brennende Flamme gegen den Rahmen des Spiegels.
Das trockene Holz brannte wie Zunder. Gierig fraß sich die Flamme an dem Rahmen hoch.
Madame Millau heulte wie ein Tier, als sie sah, daß das Tor zur Dämonenwelt in hellen Flammen stand. Beißender gelblicher Rauch quoll durch das Verlies, legte sich schwer auf John Sinclairs Lunge und machte eine Sicht unmöglich Keuchend und hustend stand der Geisterjäger auf.
Die Flammen hatten jetzt den gesamten Rahmen erfaßt. Mit dem Holz verbrannten gleichzeitig die eingeschnitzten magischen Zeichen und Sprüche.
Krachend brach der Spiegel zusammen.
Das Schreien der Alten war in ein qualvolles Jammern übergegangen. Ihr und Lucille Latours Rückweg war versperrt, denn die Fläche des Spiegels hatte sich aufgelöst, so als hätte es sie nie gegeben. Es war nahezu stockfinster. Zwar brannte noch die andere Kerze, doch durch den dicken Qualm war ihr Licht kaum mehr zu erkennen.
John Sinclair taumelte auf den Ausgang zu. Er mußte hier raus, wollte er nicht elendig ersticken. Madame Millau hatte den gleichen Gedanken gehabt. Sie und der Geisterjäger trafen fast zusammen. Und doch war die Alte zwei Schritte schneller. Ehe John sie packen konnte, huschte sie an ihm vorbei, hinein in den Gang.
John würgte, bekam kaum noch Luft und taumelte hinterher.
In dicken Schwaden durchzog der Qualm den Gang. Aber noch war hier die Luft etwas besser als im Verlies.
Etwa fünf Schritte vor John Sinclair entfernt lief die Alte. Sie hatte ihre Lampe angeknipst. Der dünne Strahl wies ihr den Weg.
Madame Millau schien ungeheure Kraftreserven zu besitzen, denn von Sekunde zu Sekunde wurde ihr Vorsprung größer. John konnte sich leicht ausrechnen, daß es für ihn unmöglich war, die Alte noch vor dem Ende des Ganges einzuholen.
Wenn es ihr gelang, die Hexe zu warnen, war alles umsonst gewesen…
***
Schritt für Schritt tastete sich Jane Collins durch die Finsternis. Sie hatte Angst, doch die Sorge um John Sinclair war größer. Überall vermeinte sie Stimmen zu hören und hatte manchmal das Gefühl, schleichende Schritte würden
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