GK0160 - Die Totenkopf-Gang
Gesicht, überspülten den Kopf. John mußte – ob er wollte oder nicht – Themsewasser schlucken.
Das Tuten einer Schiffssirene ließ ihn aufblicken!
John wandte den Kopf nach links.
Ein Schleppkahn pflügte auf ihn zu. Am Bug des Kahns stand ein Mann, schrie etwas, was John nicht verstehen konnte und winkte mit beiden Händen.
Dem Geister-Jäger fuhr der Schreck bis ins letzte Glied. Der Kahn würde genau seinen Weg kreuzen. Es war so gut wie unwahrscheinlich, daß John noch ausweichen konnte.
Riesengroß wuchs der Bug des Schiffes vor ihm hoch. Wieder dröhnte die Sirene.
Vielleicht zwanzig Yards noch war die gischtende Bugwelle von John entfernt. Er sah sogar das blanke Entsetzen in den Augen des Schiffers.
Da setzte der Geister-Jäger alles auf eine Karte. Er hatte ungefähr die Flußmitte erreicht und wußte, daß die Wassertiefe hier ihren höchsten Stand hatte.
Der Oberinspektor machte eine Rolle vorwärts und tauchte.
Senkrecht fast stieß er nach unten, dem schlammigen Grund zu. Dann hatte er es geschafft. Seine Hände wühlten im Schlamm. Dreck wölkte hoch, hüllte John Sinclair ein wie ein Vorhang.
Über ihm glitt der schwere Schlepper hinweg. John fühlte den ziehenden Sog der Schiffsschraube, paddelte verzweifelt mit Armen und Beinen, um der Gefahr zu entgehen.
Er schaffte es.
Das Blut hämmerte in seinen Schläfen. John hatte schon zu lange die Luft anhalten müssen. Jede Phase in seinem Körper schrie nach dem belebenden Sauerstoff.
John Sinclair mußte auftauchen!
Er zog die Beine an, streckte und stieß sich ab, der Oberfläche entgegen.
Johns Kopf schnellte aus dem Wasser. Weit riß der Oberinspektor den Mund auf, schnappte gierig nach Luft. Das schmutzige Wasser rann ihm aus den Haaren, lief an seinem Gesicht entlang.
Der Schlepper hatte John bereits passiert. Die starke Schiffsschraube wühlte das Wasser auf. John lief nachträglich noch eine Gänsehaut über den Rücken, wenn er daran dachte, wie knapp er dem Tod gerade noch entronnen war. Der Schiffer war an das Heck des Kahns gelaufen, starrte auf das Wasser, sah John, drohte mit der Faust und schüttelte wütend den Kopf. Er schrie einige Worte, von denen John nur »Idiot« verstand. John konnte den Mann begreifen. Er hätte an dessen Stelle auch nicht anders gehandelt.
Aber wo war das Skelett?
John blickte sich um. Riesig kam ihm die Wasserfläche der Themse vor. Die Sonnenstrahlen, die sich auf den Wellen brachen und spiegelten, blendeten ihn.
John mußte die Augen zusammenkneifen, aber das Skelett konnte er nicht entdecken. Der Zwischenfall mit dem Schiff hatte dem Knochenmann die Chance gegeben, sich abzusetzen.
Der Oberinspektor dachte mit Schrecken daran, was geschehen würde, wenn das Skelett plötzlich unter den Menschen auftauchte. Das Grauen war kaum abzusehen.
John sah ein schnittiges, rotlackiertes Segelboot vom anderen Ufer her auf die Flußmitte zusteuern. Er erkannte einen Mann und ein junges Mädchen auf dem Boot. Der grüne knappe Bikini des Mädchens stach von den strahlendweißen Segeln ab, die im lauen Sommerwind knatterten. Das Mädchen setzte sich jetzt auf eine Bank und ließ ihre langen dunklen Haare wie eine Fahne flattern.
John hatte dem Boot nur einen kurzen Blick geschenkt und war dann weitergeschwommen, wieder dem Ufer zu, von dem er auch gekommen war. Er legte sich auf den Rücken, um sich beim Schwimmen etwas auszuruhen.
Wieder geriet das Boot in sein Blickfeld. Es wurde jetzt quer zum Wind gesteuert und neigte sich stark nach Backbord. Die Steuerbordseite hob sich aus dem Wasser, das Mädchen in dem grünen Bikini lehnte sich weit mit dem Rücken über Bord.
Und da sah John die Knochenhand.
Sie war plötzlich aus dem Wasser getaucht, faßte nach der jungen Frau.
Johns Warnschrei flatterte über das Wasser, wurde aber vom Wind verschluckt.
Im gleichen Augenblick neigte sich das Boot nach Steuerbord. Die bleiche Hand rutschte ab, noch bevor sie das Mädchen fassen konnte.
Der ganze Vorgang hatte nur ein paar Sekunden gedauert, doch John war klargeworden, daß er jetzt eingreifen mußte. Er vollführte eine Rolle vorwärts, kam auf den Bauch und kraulte mit gewaltigen Stößen auf das Segelboot zu.
Hoffentlich kam er noch rechtzeitig. Er hatte schließlich die Grausamkeit der mordenden Skelette am eigenen Leibe zu spüren bekommen.
John schwamm wie eine Maschine. Ab und zu hob er den Kopf, um einen Blick auf das Boot werfen zu können. Noch war nichts geschehen, wahrscheinlich
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