GK0160 - Die Totenkopf-Gang
hielt ihn zurück.
»Ich bring das Schwein um!« schäumte Lord. »Er hat mich beleidigt. Ich gebe ihm eine Kugel…«
»Halt dein Maul!« zischte der Mandarin. »Du bekommst deinen Willen. Früher, als du denkst.« Dann wandte er sich wieder an Jamie Tyler, den die beiden Knochenmänner nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen hatten.
»Es ist, glaube ich, so üblich, daß man nach dem letzten Wunsch fragt, nicht wahr? Hast du einen?«
»Ja«, spie Jamie Tyler angewidert hervor. »Geht alle zum Teufel!«
»Okay!« Der Mandarin drehte sich um. Er sagte etwas zu den Knochenmännern. Daraufhin ging einer von den beiden zu Ricky Lord und übergab ihm eine Maschinenpistole.
Lord wog die Waffe in der Hand. Sein Blick flackerte.
»Was soll ich damit?«
Der Mandarin lächelte satanisch. »Du wolltest deinen Freund Tyler doch gern umbringen. Bitte, jetzt ist die Gelegenheit da.«
Lord starrte auf die Waffe. Sie schien plötzlich immer schwerer zu werden. Er hatte noch nie einen Menschen getötet. Vom Magen her stieg ein würgendes Gefühl hoch bis in den Hals und schien als Kloß in der Kehle sitzen zu bleiben.
»Na los doch«, sagte der Mandarin. »Wir haben nicht ewig Zeit.«
Ricky Lords Blick zuckte zwischen dem Mandarin und Jamie Tyler hin und her. »Ich – ich soll wirklich?«
»Für Scherze habe ich noch nie etwas übriggehabt. Ich sage auch nie etwas zweimal. Oder willst du an Jamie Tylers Stelle sein?«
Lord schüttelte den Kopf.
Tyler versuchte seine – wie er meinte – letzte Chance auszunutzen.
»Ich mache es!« schrie er. »Gib mir die Kugelspritze. Ich lege ihn um! Sofort!«
Diese Worte beseitigten den letzten Rest an Hemmungen in Ricky Lord. »Du mieses Stück!« keuchte der Glatzköpfige, drehte sich zur Seite und richtete den Lauf der Waffe auf Jamie Tyler.
Der Rauschgiftboß glotzte in die Mündung, die vor seinen Augen verschwamm. Und er sah Ricky Lords Augen, in denen die grausame Entschlossenheit lag.
»Ricky, ich…«
Da drückte Lord ab!
Die Maschinenpistole begann in seinen Fäusten zu zittern, spuckte die tödlichen Geschosse aus.
Jamie Tyler wurde von den Kugeln durchgeschüttelt. Er schrie nicht einmal, als ihn der Tod mit eiserner Faust packte.
Und Lord schoß weiter.
Er hörte erst auf, als keine Kugel mehr im Magazin steckte. Die Waffe fiel ihm aus den Fingern. Lord schien aus einer tiefen Trance zu erwachen. Verständnislos starrte er auf den an der Wand angeketteten Toten. Doch dann trat das Begreifen in seinen Blick. Seine Augen weiteten sich, die Hände ballten sich zu Fäusten.
Der Mandarin lachte.
Es war das Signal für Ricky Lord, aus dem Keller zu stürzen und sich draußen auf dem Gang zu übergeben.
Ihm war auf einmal hundeelend.
Er hörte nicht, daß der Mandarin neben ihn trat und ihn an der Schulter herumzog.
»Stell dich nicht so an, du Memme!« sagte der Unheimliche. »Du gehörst jetzt zu uns. So, und nun komm nach oben. Wir haben noch einiges zu bereden.«
Der Mandarin ging vor. Und Ricky Lord trottete wie ein folgsamer Hund hinter ihm her.
***
Wie ein Pfeil tauchte John Sinclair in das Wasser ein. Er hielt die Arme vorgestreckt, sein Körper bildete eine Gerade.
John hatte den Mund geschlossen, konnte aber trotzdem nicht verhindern, daß ihm ein paar Tropfen von dem schmutzigen Wasser zwischen die Lippen drangen. Mit kräftigen Schwimmbewegungen trieb sich der Geister-Jäger voran und tauchte dann auf.
John schüttelte sich die Haare aus dem Gesicht, trat Wasser und ließ den Blick schweifen.
Vielleicht zwanzig Yards vor ihm schwamm das Skelett. Es hielt genau auf die Flußmitte zu. Die nasse wallende Kutte trieb wie ein aufgeblähter Ball auf dem Wasser. Das Gerippe hatte sich seiner Kleidung entledigt und schwamm nun mit den fließenden Bewegungen eines normalen Menschen weiter.
Es war ein makabrer, unheimlicher Anblick.
Der Knochige durchpflügte das Wasser, und John hatte Mühe, mitzuhalten.
Welches Ziel hatte das Gerippe? Wollte es bis an das andere Ufer schwimmen, um dort im Wirrwarr des Industriehafens verschwinden zu können? Es wies alles darauf hin, daß dies tatsächlich der Fall war.
Noch war der unheimliche Schwimmer von keinem der Bootsfahrer bemerkt worden. Die meisten Wassersportler mußten sich zu sehr auf das Lenken der Boote konzentrieren, um noch nach irgendwelchem Schwimmern Ausschau halten zu können.
John Sinclair gab sein letztes. Er kraulte, als ginge es um den Weltrekord. Querlaufende Wellen klatschten in sein
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