GK0176 - Der Alptraum-Friedhof
lachte. »Ich habe geschlafen wie ein Bär.«
»Dann will ich Ihnen die Einzelheiten mitteilen.« Harry König berichtete, was er in der letzten Nacht erlebt hatte. Dann meinte er:
»Und heute morgen, als Lisa ihren Dienst antreten sollte, ist sie nicht gekommen. Zuerst habe ich angenommen, sie hätte sich verschlafen, obwohl das bisher noch nicht passiert ist. Ich habe eine halbe Stunde gewartet und bin dann hinauf zu ihrem Zimmer gegangen. Es war leer, das Bett war nicht benutzt worden. Von Lisa keine Spur. Ich habe das Haus durchsucht und sie nicht gefunden. Sie ist und bleibt verschwunden.«
»Haben Sie denn in ihrem Schrank nachgesehen? Ich meine, hat sie Sachen mitgenommen?«
»Nein. Sämtliche Kleidungsstücke sind noch vorhanden. Das ist es ja, was mich so sorgenvoll stimmt.«
»Hm.« Kommissar Mallmann strich sich über sein Kinn. »Das ist allerdings seltsam. Diesen angeblich Toten, den sie gesehen hat, haben Sie den…?«
»Verzeihen Sie, daß ich Sie unterbreche, Herr Mallmann. Aber der alte Leitner ist tot. Gesehen habe ich ihn nicht. Aber Lisa hat steif und fest behauptet, daß er ihr erschienen ist. Natürlich ist das Unsinn, aber wer weiß, was in dem Kopf der Frau vorgegangen ist. Ich kann mir gut vorstellen, daß sie in heilloser Panik das Haus verlassen hat.« Harry König schüttelte den Kopf. »So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich gebe zu, die Leute hier sind noch ziemlich abergläubisch. Aber wenn jemand tot ist, dann ist er tot. Oder sind Sie da anderer Meinung, Herr Mallmann?«
Kommissar Mallmann blickte den Hotelbesitzer ernst an. Dann meinte er: »Vor einigen Monaten hätte ich auch noch über solche Sachen gelacht. Aber dann bekam ich einen Fall in London, der mich eines Besseren belehrt hat.«
Königs Gesicht hatte einen ungläubigen Ausdruck angenommen. »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
»Gut, dann will ich Klartext mit Ihnen reden, Herr König. Ich habe selbst erlebt, daß Tote wieder zum Leben erweckt worden sind. Und zwar durch Voodoo-Zauber.«
»Das gibt es doch nicht!«
»Moment.« Kommissar Mallmann hob die rechte Hand. »Sie kennen mich einigermaßen, Herr König, und ich darf voraussetzen, daß Sie mich nicht für einen Spinner halten. Es gibt in London einen Kollegen von mir – er heißt John Sinclair – der sich auf solche Fälle spezialisiert hat. Mit ihm habe ich gearbeitet und Abenteuer erlebt, die Ihnen die Haare zu Berge stehen lassen. Ich will mich jetzt nicht näher in Einzelheiten verlieren, aber es gibt Dinge, die wir mit unserem Verstand nicht oder kaum begreifen können. Damit will ich nicht gesagt haben, daß das hier bei Ihnen auch der Fall ist, aber es besteht durchaus die Möglichkeit, daß andere, uns noch unbekannte Mächte in ein Spiel eingegriffen haben, das wir noch gar nicht kennen.«
Harry König vergrub den Kopf in beide Hände. Mit leerem Blick starrte er auf die Tischplatte. »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr, Herr Mallmann.«
Der Kommissar lachte. »Nun werfen Sie nicht gleich die Flinte ins Korn, mein Lieber. Wir werden die Sache gemeinsam schon schaukeln. Vorerst aber noch einige Fragen. Haben Sie schon die Polizei von Lisas Verschwinden verständigt?«
»Nein.«
»Gut, damit werden wir dann auch noch einige Zeit warten. Es besteht ja durchaus noch die Möglichkeit, daß Lisa zurückkommt.«
»Wer weiß.« Harry König klopfte sich eine Zigarette aus dem Päckchen und bot Kommissar Mallmann auch ein Stäbchen an, der jedoch dankend ablehnte.
Will Mallmann war Nichtraucher. Das heißt, er hatte es sich vor fünf Jahren abgewöhnt.
Während Harry König sorgenvoll den blauen Rauchringen nachsah, trank Will Mallmann seinen letzten Schluck Kaffee.
Dann tupfte er sich die Lippen ab und stand auf.
Der Hotelbesitzer blickte den Kommissar überrascht an. »Was haben Sie vor?«
»Ich möchte mir den Toten gern einmal ansehen.«
»Den alten Leitner?«
»Ja.«
»Das wird kaum gehen.«
»Wieso nicht?«
»Weil heute morgen die Beerdigung ist.«
»Das ist ja großartig. Dann wird der Sarg sowieso noch einmal geöffnet.«
»Das schon. Aber – ich meine, Sie sind fremd hier, und die Angehörigen würden zumindest überrascht sein. Der alte Leitner war ziemlich bekannt. Fast sämtliche Einwohner des Ortes werden zur Beerdigung kommen, und wenn wir die Feier stören…«
»Keine Angst, Herr König. Ich werde schon das nötige Maß an Pietät walten lassen und die Trauerfeier nicht stören. Wann beginnt die Beerdigung?«
»Um
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