GK0180 - Der schwarze Würger
ins Ohr. Als Antwort zündete sich Reno eine Zigarette an.
Der Lift stoppte, und lautlos glitten die Türen auf.
»Raus mit dir«, sagte Reno und schob Nanette vor sich her. Seine Zimmer befanden sich am Ende des Hotelflurs. Er mußte an Perry Cliftons Suite vorbei.
Er hatte die Tür schon fast passiert, als ihm der Gedanke kam. »Wollen doch mal sehen, was der gute Perry denn so treibt«, sagte er und grinste.
Auch Nanette begann zu kichern. »Du meinst, wir sollten zu…«
»Davon habe ich nichts gesagt.«
Reno klopfte gegen die Tür.
Nichts.
Der Dealer wunderte sich, nahm noch einen Zug aus der Zigarette und schnippte sie dann zielsicher in eine auf dem Flur stehende Blumenvase.
»Du mußt lauter klopfen«, meinte Nanette.
»Weiß ich selbst, zum Teufel. Fall mir nur nicht auf den Wecker!« schnauzte Reno. Jetzt hämmerte er mit der Faust gegen das Holz. Als sich immer noch nichts rührte, war er es leid. »Dem werde ich den Spaß verderben«, sagte er, legte die Hand auf die Klinke und öffnete mit einem Ruck die Tür.
Er wunderte sich nicht einmal darüber, daß die Tür nicht abgeschlossen gewesen war. Auf solche Kleinigkeiten hatte Perry Clifton noch nie geachtet.
Reno betrat die Suite.
Lautlos, da die Teppiche seine Schritte bis zur völligen Geräuschlosigkeit dämpften.
Nanette ging hinter ihm. Ihr Gesichtsaudruck zeigte gespannte Erwartung.
»He, Perry«, rief der Rauschgift-Dealer. »Komm, mach hier keinen Aufstand, sondern zeig dich. Welche Puppe hast du dir denn geschnappt?«
Während der Worte war Jonny Reno weitergegangen. Er hatte auch Licht gemacht und sah durch die halb offenstehende Schlafzimmertür, daß dort auch Licht brannte.
Allerdings war es in dem Zimmer still. Zu still für Renos Geschmack. Mit dem Fuß stieß er die Tür auf.
Und da sah er Clifton liegen.
Er wußte im gleichen Augenblick, daß dem Mann nicht mehr zu helfen war.
»Verdammter Mist«, lautete sein einziger Kommentar. »Jetzt haben wir die Bullen auf dem Hals.«
Nanette hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt und über Renos Schulter gesehen.
Als sie den Toten sah, schrie sie gellend auf, und erst zwei harte Schläge gegen die Wangen ließen sie verstummen.
Reno aber ging zum Telefon und tat das, was er noch nie in seinem Leben gemacht hatte.
Er rief die Polizei an.
***
Regen und trübes Wetter sind für London nicht ungewöhnlich. Besonders im Herbst zeigte sich der Wettergott von seiner schlechten Seite. Der Himmel war mit grauen Wolken überdeckt. Nieselregen fiel langsam, aber stetig herunter. Schon am Tage wurde das Licht eingeschaltet, und die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Sachschäden schnellte wieder in die Höhe.
Aber daß John Sinclairs Stimmung sich dem Wetter anglich, geschah nicht alle Tage. Der Oberinspektor hatte ausgesprochen schlechte Laune.
Doch jede Laune hat seinen Grund.
Bei John Sinclair hieß er Superintendent Powell, der direkte Vorgesetzte des Oberinspektors.
John Sinclair hatte bei Powell für zehn Uhr einen Termin bekommen. Ganz offiziell, wie bei der letzten Beförderung. Aber darum würde es heute bestimmt nicht gehen. Wenn Powell so dienstlich reagierte, lag meistens was im Busch. Dann wurde irgendeine faule Suppe gekocht, die John auslöffeln mußte.
Trotzdem schmeckte John der Morgenkaffee und auch die Zigarette. Nachdem die Tasse leer war, griff John Sinclair zum Telefon und rief seine Vertragswerkstatt an. Er hatte am vorigen Tag seinen Bentley dort zur Inspektion hingebracht. Der Wagen sollte mal wieder richtig durchgecheckt werden.
Der Meister selbst war am Apparat, schwärmte von dem tadellosen Zustand des Autos und versprach, John den Wagen im Laufe des Vormittags vorbeizubringen.
Sinclair war beruhigt. Der silbermetallicfarbene Bentley war sein Hobby. Der Wagen hatte eine Stange Geld gekostet, und auch die Unterhaltskosten waren nicht gerade niedrig. Aber John war Junggeselle und hatte keine Familie zu ernähren.
Sinclair war der jüngste Oberinspektor beim Yard. Langsam hatten sich seine älteren Kollegen damit abgefunden, und das Wort Protektionskind fiel nur noch selten. Dafür hatte John auch schon zu viele Erfolge aufzuweisen. Es gab keinen Fall, den er bisher noch nicht gelöst hatte. Dabei waren es weiß Gott keine normalen Kriminalfälle, mit denen er sich beschäftigen mußte. Nein, John wurde immer dann eingesetzt, wenn übersinnliche Dinge im Spiel waren. Wenn es auf Geister- oder Dämonenjagd ging, was John letzten Endes den Spitznamen
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