GK047 - Die Höllenbrut
jedoch eine verblüffende, erschreckende Verwandlung ein. Das graue Fell sträubte sich. Es wurde seltsam hart, zerbrach, zerfiel, fiel vom Körper der Ratte ab, Carter Rayser traute seinen angstgeweiteten Augen nicht. Binnen kurzem hatte sich diese bissige Ratte in ein bleiches Skelett verwandelt. Doch die Verwandlung war damit noch nicht abgeschlossen.
Immer noch steckte der schlanke Harpunenpfeil zwischen den Knochen des Tierskeletts. Dieses bleiche Skelett verformte sich mit einem Mal vor den Augen des entsetzten Bürgermeisters. Die Knochen richteten sich auf, bildeten sich um.
Der Kopf des Nagetieres bildete sich zurück, wurde länglich, nahm immer mehr die Form eines Menschenschädels an.
Plötzlich lag vor dem verdatterten Mann ein menschliches Skelett – in Größe der Ratte. Doch das blieb nicht so.
Das Skelett wuchs. Es bildete sich im Bruchteil einer Sekunde zu einem normal großen Skelett. Zwischen den Rippen hing der Harpunenpfeil. Die Knochenhand bewegte sich. Ächzend wankte Carter Rayser davor zurück. Verdattert und bestürzt, nach Luft ringend, starrte er auf das menschliche Gerippe, das sich nun zu bewegen begonnen hatte. Die Knochenhand packte den Harpunenpfeil, zog ihn aus der Brust und schleuderte ihn beiseite.
Dann sprang das Skelett auf.
Carter Rayser ließ vor Schreck die Harpune fallen. Mit einem heiseren Schrei taumelte er vor dem schrecklichen Monster zurück.
Entsetzt starrte er den grinsenden Totenschädel an. Die furchtbare Erscheinung klapperte hart mit den Zähnen. Es waren junge, kräftige Zähne. Gesund.
Kein Zahn fehlte.
Es klapperte und knarrte, als sich das Monster auf den schlotternden Dicken zu bewegte. Mit weit aufgerissenen Augen, mit offenem Mund, schweißüberströmt und entsetzt nach Luft japsend, stand Rayser an der Wand.
Langsam näherte sich ihm das Gerippe.
Er presste sich verzweifelt gegen die kalte Wand, während er am ganzen Körper zitterte. Wie war das möglich?
Das Skelett streckte den bleichen Arm nach ihm aus.
»Nein!«, stöhnte er und schüttelte verzweifelt den Kopf. »Nein!«
Er wollte schreien, doch die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Er bekam kaum noch Luft. Sein Herz hämmerte wild.
»Geh weg!«, ächzte Carter Rayser, Todesängste ausstehend. »Geh doch weg!«
Noch einen klappernden Schritt kam das Monster näher.
Die Knochenhand fuhr dem Bürgermeister an den Hals. Seine Augen drohten nun aus dem Kopf zu quellen. Eiskalt war die Hand des Skeletts. Seine Finger krallten sich in Raysers Hals. Unbarmherzig drückten sie seine Kehle zu.
Röchelnd schlug er um sich. Verzweifelt warf er sich hin und her. Doch das Gerippe ließ nicht mehr von ihm ab.
Nun drückte es mit beiden Knochenhänden gnadenlos zu. Rayser brach zusammen. Das Monster kniete sich auf seine Brust und würgte ihn so lange, bis er sich nicht mehr rührte.
***
»Wo Carter nur so lange bleibt?«, sagte Dawn Rayser kopfschüttelnd. »Bei Vincent Walsh ist er sicher nicht mehr.«
Sie redete oft mit sich selbst. Sie war oft allein. Da gewöhnt man sich so etwas leicht an. Was man im Fernsehen spielte, verfolgte sie mit wenig Interesse. Es war ein japanischer Streifen, der über den Schirm flimmerte.
»Ob ich bei Walsh anrufen soll?«, fragte sich die Frau. Nach zwanzig Jahren Martyrium in der Ehe, die alles andere als gut waren, machte sie sich immer noch Sorgen um ihren Mann. »Wird wohl auf der Heimfahrt jemanden getroffen haben, mit dem er etwas Wichtiges zu besprechen hat. Er hat ja immer etwas Wichtiges mit den Leuten zu besprechen.«
Kopfschüttelnd ging sie in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen.
Da hörte sie draußen die Tür klappern.
»Carter?«
Sie bekam keine Antwort.
»Carter, bist du es?«
Auch diesmal bekam sie keine Antwort. Sie hielt das Limonadenglas unter den Wasserhahn und ließ es vollaufen.
Danach rührte sie mit einem Mixlöffel kurz um und trank mit schnellen Zügen.
Als sie die Hälfte getrunken hatte, setzte sie das Glas ab.
»Carter?«
Sie verstand nicht, warum ihr Mann keine Antwort gab, wenn sie ihn rief.
Vermutlich war ihm wieder eine Laus über die Leber gelaufen, und sie musste es nun ausbaden.
Manchmal kam Dawn Rayser sich wie ein Blitzableiter vor.
Heute schien sie diese Funktion mal wieder erfüllen zu müssen.
Seufzend fügte sie sich in ihr Schicksal.
Mit dem noch halb vollen Limonadenglas kehrte sie ins Wohnzimmer zurück.
Da sprang sie ein furchtbarer Schrecken an. Sie sah sich einem bleichen Skelett
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