GK047 - Die Höllenbrut
allen Richtungen fauchte eine mächtige Feuerwolke davon. Ein brüllender Donner rollte gleichzeitig auf Tony zu. Er spürte einen gewaltigen Druck in den Ohren.
Dann fiel der mächtige Galgenbaum.
Er fiel endlos langsam.
Wie ein tödlich getroffener Saurier kippte er zur Seite. Zögernd brach er nieder, als wollte er sich noch ein letztes Mal gegen den unvermeidbaren Tod auflehnen. Krachend brachen und splitterten die Äste. Staub wirbelte hoch. Der Wind fuhr mitten in diese Staubwolke hinein und zerriss sie.
Der Galgenbaum war gefällt.
Tony kam zögernd hoch. Misstrauisch schaute er zu dem mächtigen Riesen hin.
Er traute dem Frieden nicht recht. War das wirklich alles? Waren die Hexen damit vernichtet? War es so einfach gewesen, sie zu vernichten?
Tony konnte es fast nicht glauben. Wenn es wirklich so einfach gewesen wäre, dann hätte sich in diesen dreihundert Jahren doch zumindest ein Mann finden müssen, der den Mut dazu aufgebracht hätte.
Die schwarzen Gewitterwolken flogen in stürmischer Eile heran. Plötzlich war es Tony Ballard egal, ob ihn der Regen erwischte und bis auf die Haut durchnässte. Alles war ihm egal. Er konnte jetzt nicht einfach ins Dorf gehen, ohne sich aus der Nähe angesehen zu haben, was er mit der Sprengung angerichtet hatte.
Mit langsamen Schritten ging er auf den geborstenen Galgenbaum zu.
Der Himmel verdunkelte sich. Es war nicht die Dämmerung allein. Es waren aber auch nicht nur die schwarzen Gewitterwolken.
Es war noch etwas. Etwas Unheimliches, das Tony weder ahnte noch fühlte.
Hämmernden Herzens ging er auf den Galgenbaum zu. Die Explosion war zwar gewaltig gewesen, aber sie hatte den Baum nicht zu entwurzeln vermochte.
Auch das sollte noch kommen. Morgen schon wollte Tony wieder mit Dynamit anrücken. Er wollte den ganzen Wurzelstock aus der Erde sprengen. Nichts, aber auch wirklich gar nichts sollte von dem unheimlichen Galgenbaum zurückbleiben. Er sollte in diesem Jahrhundert ausgelöscht werden, damit die Menschen im nächsten Jahrhundert von den Hexen nichts mehr zu befürchten hatten.
Ein Ächzen kam aus dem Galgenbaum.
Als wäre er ein Lebewesen. Es knackte im Geäst. Tony schaute auf sein Werk hinab.
Er fühlte sich befreit, erlöst, glaubte, wieder hoffen zu dürfen. Und er hoffte, die Hexen besiegt zu haben.
Doch das war nicht der Fall.
Die Welt versank plötzlich in einer noch nie dagewesenen Schwärze.
Der eiskalte Sturm wurde zum Orkan.
Er schien unsichtbare Hände zu haben.
Damit erfasste er Tony und schleuderte ihn kraftvoll zu Boden. Ächzend versuchte Ballard sich aufzurichten, doch der Orkan ließ es nicht zu. Heulend und brüllend fegte er über ihn hinweg, drückte ihn nieder und nahm ihm den Atem.
Als das Heulen und Brüllen am schlimmsten war, öffnete der Himmel seine Schleusen. Doch nicht Wasser stürzte sich auf Tony Ballard, sondern faustgroße Hagelschloßen, die ihn zu erschlagen drohten. Schwer prasselten die Eiskörner auf ihn herab, schlugen auf seinen Schädel, auf seinen Körper, schlugen wie Fäuste an kräftigen unsichtbaren Armen gnadenlos auf ihn ein.
Entsetzt hielt Tony die Arme über den schmerzenden, blutenden Kopf. Aufgeregt kroch er unter den Stamm des Galgenbaumes. Doch die Hagelschloßen trafen ihn auch dann noch. Als wenn es Steine wären, die irgendjemand nach ihm schleuderte.
Einer der Nachfahren des Henkers war von den Hexen gesteinigt worden. Mit glühenden Steinen, hatte Professor Davies gesagt. Sollte Tony Ballard nun ein ähnliches Schicksal beschieden sein?
Blitze zerfetzten mit grellem Schein die Schwärze des Abends. Mächtige Donner grollten ohrenbetäubend laut. Es hörte zu hageln auf. Zerschunden und zerschlagen kroch Tony unter dem Baum hervor. Überall da, wo ihn der schwere Hagel behämmert hatte, hatte er nun furchtbare Schmerzen. Am ganzen Körper. Halb taub vom Krachen des Donners, halb blind von Angst und Pein, wankte er vom Galgenbaum weg und dem Dorf entgegen.
Es begann zu regnen.
Eine wahre Sintflut ging auf das Dorf nieder. Tiefe Bäche schossen gurgelnd durch die Straßen, stürzten in die Keller der Häuser und ertränkten die Haustiere in den niedrig gelegenen Stallungen.
Tony fühlte sich wie mit Eimern übergossen. Er war klatschnass bis auf die Haut. Die Schmerzen ließen es nicht zu, dass er schneller ging. Er wankte halb ohnmächtig auf die ersten Häuser des Dorfes zu, doch er erreichte sie nicht.
Irgendwann nach dem vierten oder fünften Schritt glitt er auf dem
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