GK064 - Vögel des Todes
zwölf Jahre alten Whisky kurz genippt hatte, »was haben wir für Schmerzen, Mr. Peckinpah?«
Er war viel zu sehr erschüttert, um erst lange um den heißen Brei herumzureden.
»Rosalind ist verschwunden, Inspektor Ballard!«, sagte er verzweifelt, während er mich flehend anstarrte.
Er hatte mich in meinem Büro angerufen und mich gebeten, sofort zu ihm zu kommen. Obwohl er nicht gesagt hatte, worum es ging, hatten mich seine Worte unruhig gemacht. Deshalb hatte ich keine Sekunde gezögert, ihn aufzusuchen.
Was er soeben gesagt hatte, traf mich mit der Härte eines Keulenschlags.
Ich bat ihn, mir mehr zu erzählen, und er kam dieser Bitte mit zuckenden Lidern nach, während sich seine Stirn mit dicken Schweißperlen bedeckte. So erfuhr ich von dieser merkwürdigen, geheimnisvollen Geschichte, die sich um Castell Montgri rankte. Ich trank jedes Wort förmlich in mich hinein. Ehe ich geistig damit fertig geworden war, hatte mich schon das Jagdfieber gepackt.
Ich dachte keine Sekunde mehr an den kleinen Dieb, den ich seit Tagen zu fangen versuchte. Ich verschwendete keinen einzigen Gedanken mehr an den unbekannten Exhibitionisten, der seit geraumer Zeit unser Dorf unsicher machte, ohne dass wir ihn fassen konnten.
Ich musste an ein Ereignis denken, das sich im Jahre 1674 zugetragen hatte.
Einer meiner Ahnen, ebenfalls ein Anthony Ballard, hatte hier im Dorf das Amt des Henkers ausgeübt. Eines Tages war es seine Aufgabe gewesen, sieben Hexen aufzuknüpfen, und er hatte es getan. [1] Von diesem Tag an hatten diese Bestien unser Dorf alle hundert Jahre heimgesucht, um sich zu rächen. Es hieß, dass die Hexen nur dann zu vernichten seien, wenn sich ein mutiger Mann fände, der ihren Lebensstein finden und seine kalte Glut mit seinem Blut löschen würde. Ich hatte dieses Wagnis auf mich genommen. Es hätte mich beinahe das Leben gekostet.
Ein Stück dieses geheimnisvollen Steins hatte ich in einen Ring fassen lassen, den ich seither ständig trage.
Durch Zufall kam ich dahinter, dass in diesem Stein magische Kräfte wohnen, die mich beschützen und mir die Möglichkeit geben, selbst die schrecklichsten Dämonen zu vernichten.
Erst vor wenigen Wochen war es mir geglückt, unser Dorf von Vampiren zu befreien, und ich fühlte in diesem Moment den Drang, nach Spanien zu fliegen, um Rosalind Peckinpah zu suchen und das Geheimnis von Castell Montgri zu lüften.
Tucker Peckinpah brauchte mich gar nicht dazu zu drängen.
Ich wusste auch schon, was ich tun würde, wenn ich mich von dem Millionär verabschiedet hatte. Ich würde Urlaub beantragen und ihn auf jeden Fall kriegen. Morgen schon konnte ich in Torroella sein.
Mr. Peckinpah stellte mir einen Scheck über zweitausend Pfund aus.
Ich wollte so viel Geld nicht annehmen, aber er bestand darauf. Da ihn seine Geschäfte immer noch nicht fortließen, da er sich für das bevorstehende Abenteuer zu alt fühlte und da er die Angelegenheit bei mir in besten Händen wusste, verblieben wir bei der Abmachung, dass ich ihm täglich per Telefon Bericht erstattete.
Nun war keine Zeit mehr zu verlieren.
Ich bekam meinen Urlaub.
Ich hätte die Welt aus den Angeln gehoben, wenn ich ihn nicht bekommen hätte.
Danach suchte ich die Leihbücherei auf, in der Vicky arbeitete, um sie von meinem Vorhaben zu unterrichten.
Sie bat mich, mitkommen zu dürfen.
»Und was wird aus der Bücherei?«, fragte ich.
»Ich werde Nelly fragen, ob sie mich vertritt.«
»Die Sache kann unter Umständen sehr gefährlich werden, Vicky!«, gab ich zu bedenken.
»Gefährlicher als unser Abenteuer mit den Vampiren?«, fragte Vicky.
»Vielleicht. Ich weiß es nicht.«
»Ich habe keine Angst, Tony.«
»Okay, frag Nelly.«
Sie fragte Nelly, und Nelly sagte zu, die Bücherei während Vickys Abwesenheit zu führen.
Von zu Hause aus buchte ich zwei Plätze für den Flug London – Barcelona.
Nachdem ich meinen kleinen Handkoffer gepackt hatte, verbrachte ich die Nacht in Vickys Haus, in Vickys Bett, in Vickys Armen.
Nicht ganz ausgeschlafen, erwachten wir.
Nachdem wir ausgiebig gefrühstückt hatten, fuhren wir los.
Auf dem Flug nach Barcelona saß ein Mann vor uns, den ich zu kennen glaubte.
Er wandte sich mehrmals zu mir um, unsere Blicke trafen sich, er lächelte und sprach mich schließlich an.
»Verzeihen Sie, heißen Sie zufällig Anthony Ballard?«
Ich schmunzelte.
»Nur manchmal. Meistens heiße ich Tony Ballard.«
»Dann sind Sie es also doch!«, sagte der Mann erfreut.
»Und
Weitere Kostenlose Bücher