GK095 - Fahrstuhl in die Hölle
röhrte entsetzlich auf. Ich packte Dodo und lief an ihm vorbei. Er konnte uns nicht mehr daran hindern.
Sein Gebrüll hallte mir noch in den Ohren, als wir ins Tageslicht hinaustraten.
Es stimmte.
Ich schaute mich um. Menschen waren im Augenblick keine zu sehen. Aber ich sah eine staubige Dorfstraße. Ausgewaschen vom Regen. Mit Pfützen übersät. Uralte Häuser säumten die Straße. Wenn es bislang noch Zweifel gegeben hätte, in welchem Jahrhundert ich mich befand… Jetzt waren diese Zweifel restlos zerstreut.
Wir liefen an einer Lehmmauer vorüber.
Ein Pferd wieherte.
Ich reagierte sofort und sagte Dodo, es wäre von großem Vorteil, wenn wir die Flucht zu Pferd fortsetzen könnten.
Das Tier war vor einem Haus angebunden.
Ich griff nach dem Strick. Dann schwang ich mich auf den ungesattelten Rücken. Dodo streckte mir beide Hände entgegen.
Ich riß sie hoch und drückte die Schenkel wild zusammen. Der Fuchs begann zu laufen.
Ich hämmerte ihm meine Fersen in die Seiten. Das Tier lief schneller.
Wir galoppierten aus dem mittelalterlichen Dorf. Nun begegneten wir einigen Leuten.
Sie trotteten hinter Ochsenkarren einher, hatten kein Interesse an uns. Einige blieben stehen, sahen uns nach. Wohl deshalb, weil wir zu zweit auf einem Pferd saßen.
Sobald wir die letzten Häuser des kleinen Dorfs hinter uns gelassen hatten, machte sich in meiner Brust ein Gefühl des Triumphes breit.
Wir hatten es geschafft.
Es war uns gelungen, aus dem Verlies auszubrechen. Was jetzt kam, konnte kaum noch schlimm sein.
Saftige Wiesen erstreckten sich zu beiden Seiten der Straße.
Büsche rauschten im sanften Wind.
Dahinter stand ein kleines Wäldchen. Und weiche Hügel erhoben sich anschließend.
»Wohin?«, fragte ich Dodo.
Sie zeigte mir einen Pfad, auf den ich das Pferd lenkte.
Nun schaute ich mich kurz um.
Wir wurden nicht verfolgt. War unsere Flucht etwa noch gar nicht bemerkt worden?
Das wäre so herrlich gewesen, daß ich es nicht zu hoffen wagte.
Dodo Ferguson schrie mir ins Ohr, sie wisse eine große Höhle, in der man sich für längere Zeit verstecken könne.
Da könnten wir erst mal abwarten, neue Kräfte sammeln.
Ich ließ mir von ihr den Weg zu dieser Höhle zeigen.
Sie lag am Fuße eines Natursteinbruchs. Es war seltsam kühl in dieser Mulde, in die kein Sonnenstrahl fiel.
Ich fröstelte, obwohl ich vom scharfen Ritt erhitzt war.
Die Gegend war hier kahl. Das Gras wuchs spärlich. Nackter Fels umgab uns. Die Büsche waren dürr und zumeist laublos. Auf diesem Boden konnte nichts gedeihen.
Wir glitten vom Pferd.
Das Tier wieherte verstört, bäumte sich auf, zerrte an dem Strick, an dem ich es hielt, als ich es auf den großen schwarzen Höhleneingang zuführte.
»Was hat das Biest denn?«, fragte ich wütend.
»Scheint Angst vor Höhlen zu haben!«, gab Dodo zurück.
Schon wieder stieg der Fuchs hoch. Ich hatte Mühe, den Strick zu halten. Ich nahm eine Gerte und schlug das Tier, um es mir gefügig zu machen. Aber das machte den Gaul nur noch verrückter. Und plötzlich riß er sich los.
Riß sich los, warf sich herum und galoppierte in wahnsinniger Hast davon.
»Blödes Vieh!«, schrie ich dem Pferd nach.
»Laß nur, Tony«, sagte Dodo Ferguson tröstend. »Wir brauchen es nicht mehr. In der Höhle wäre es uns ohnedies hinderlich gewesen. Komm jetzt. Ich zeige dir unser Versteck.«
»Woher kennst du es?«, wollte ich wissen.
»Ich war als Kind oft da.«
»Sind wir hier vor diesem Braddock sicher?«
»Vollkommen sicher. Seine Leute haben keine Ahnung, daß wir hier sind. Und selbst wenn sie es wüßten, da hinein kämen sie nicht. Es gibt zu viele Gänge, zu viele Möglichkeiten, sich zu verbergen. Da drinnen fänden sie uns nie. Niemals. Komm jetzt und überzeuge dich selbst davon.«
Sie nahm mich bei der Hand.
Die Höhle war mir irgendwie unheimlich.
Aber ich wollte nicht mehr zurück in dieses schreckliche Verlies.
Deshalb folgte ich Dodo, ohne mich darum zu kümmern, daß mir mein sechster Sinn pausenlos Gefahr signalisierte.
***
Als der Folterknecht zu sich kam, schaute er sich entsetzt um. Er sah den anderen. Ein Loch im Bauch. Und tot.
Der muskulöse Kerl zuckte bestürzt zurück. Seine Augen weiteten sich angstvoll.
Sie hatten sich überrumpeln lassen. Er mußte das sofort Nicholas Braddock mitteilen.
Wie würde Braddock daraufhin reagieren? Würde er ihn vierteilen lassen? Oder aufs Rad flechten? Oder würde er ihn einfach verbannen?
Es kam darauf an, wie gut
Weitere Kostenlose Bücher